Politik

30.09.2021

Steigerwald: Soll er Bayerns dritter Nationalpark werden?

Die Grünen im Landtag werben intensiv für einen Nationalpark im Steigerwald - und stoßen damit auf Granit beim Verein "Unser Steigerwald", einer Interessenvertretung von Menschen aus der Region.

JA

Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Grünen im Bayerischen Landtag

Der gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Nutzen überregionaler Naturschutzgebiete spricht klar für einen weiteren Nationalpark. Dies zeigen bereits florierende Nationalparks wie der Bayerische Wald und Berchtesgaden. Die Zeit für den dritten bayerischen Nationalpark ist reif – da die Menschen bereit dafür sind: 75 Prozent der lokalen Bevölkerung haben sich dafür ausgesprochen. Immer mehr Menschen ist bewusst: Für den Schutz und das Erleben seltener Tiere und Pflanzen in wilder Natur sind Nationalparks unersetzlich. Die Bewegung im Steigerwald wird von der gesamten Gesellschaft getragen. Während die Gegenkampagne nur die Teilinteressen Einzelner im Blick hat, gewinnt bei einem Nationalpark die gesamte Region.

Der Blick auf bestehende Nationalparks in Deutschland zeigt: Sie sind auch ein starker Motor für die regionale Entwicklung und die Wertschöpfung vor Ort. Sie fördern den Tourismus und die Gastronomie, den Einzelhandel und die regionale Landwirtschaft. Zudem schaffen sie Arbeitsplätze vor Ort. Der Nationalpark Bayerischer Wald hat beispielsweise ein verbessertes, landkreisübergreifendes ÖPNV-Netz hervorgebracht.

Im nördlichen Steigerwald befindet sich außerdem einer der wertvollsten deutschen Buchenwälder, der aktuell jedoch nur mehr 7 Prozent seiner ursprünglichen Fläche verzeichnet. Umso wichtiger ist es, diese alten Laubwälder zu schützen. Sie sind ideale Wasserspeicher und natürliche Klimaanlagen. Möglichst intakte, natürliche Wälder können deshalb ein wesentlicher Faktor sein, um die Erdüberhitzung etwas abzupuffern. Auch der Wert eines Nationalparks als Forschungsstätte für klimaangepasste Wälder und „Lernlabor“ für Klimaschutz ist unverzichtbar. Deshalb gilt: Es wird Zeit, dass Bayern als größtes Flächenland Deutschlands seiner Verantwortung für Natur- und Umweltschutz gerecht wird und mit einem dritten Nationalpark einen weiteren „Brutkasten“ für mehr Artenvielfalt schafft!


NEIN

Oskar Ebert, stellvertretender Vorstand des Vereins „Unser Steigerwald“

Der Verein Unser Steigerwald mit mehr als 4000 Mitgliedern, darunter 60 Kommunen, Organisationen und Verbände ist die legitime Interessenvertretung der Menschen im Steigerwald und der dort heimischen holzverarbeitenden Betriebe. Eine vor Kurzem veröffentlichte Umfrage bestätigt, dass nur 27 Prozent der Bürgerinnen und Bürger im Steigerwald einen Nationalpark wollen. Ein Wert, der seit Beginn der Diskussion stabil ist. Die Menschen im Steigerwald sehen weder ökologisch noch ökonomisch einen Sinn für einen Nationalpark und lehnen ihn aus folgenden Gründen ab:

Artenschutz: Durch das im Steigerwald praktizierte, europaweit als „Trittstein-Konzept“ bekannte Waldbewirtschaftungskonzept wird mehr Artenschutz erreicht als in einem Nationalpark.

Waldumbau: Klimawandelbedingt werden viele ältere Buchen, vor allem auf den flachgründigen und tonigen Standorten, verloren gehen. Wo die Buche überlebt, verdrängt sie wertvolle Mischbaumarten wie etwa die Eiche. Dieser Artenverarmung muss man durch Waldumbau gegensteuern, was ein Nationalpark verbietet.

Klimaschutz: Nur ein bewirtschafteter Wald stellt den klimafreundlichen Rohstoff Holz zur Verfügung, gewährleistet eine maximale Bindung von CO2 und sichert somit dauerhaft Klimaschutzleistungen.

Wirtschaftliche Stabilität: Die einmalige Struktur der räumlichen Nähe von Rohstoffproduktion und Holzverarbeitung darf nicht einem Nationalpark geopfert werden.

Tourismus: Ein Nationalpark belebt nicht per se den Tourismus, sondern erst Einrichtungen wie Baumwipfelpfade oder Informationszentren. Diese gibt es bereits im Steigerwald und erfreuen sich größter Beliebtheit.

Statt einer verklärten Waldromantik und der überholten Ideologie von „Natur Natur sein lassen“ zu frönen, hat unser Verein das Ziel, den größtmöglichen ökologischen und ökonomischen Gesamtnutzen für die Region zu gewährleisten. Einen großflächig abgestorbenen Wald wie im Nationalpark Bayerischer Wald wollen wir unserer Region nicht zumuten.

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