Politik

Luftgetrocknete Salami: Nicht jeder sollte die essen. Man könnte sich mit Hepatitis E infizieren. (Foto: dpa)

20.05.2016

Unfassbare Sorglosigkeit

Immer mehr Menschen sind mit Hepatitis E infiziert – das Virus kommt auch in Roh- und Leberwurst vor. SPD und Grüne sind alarmiert

Schweinefleisch immer gut durchbraten, nach dem Zubereiten von Fleischpflanzerln Hände waschen: Derlei Ratschläge sind bekannt. Doch dass man auch nach dem Genuss von Rohwurst wie Salami oder Mettwurst krank werden kann, ist weniger verbreitet. Vergangene Woche hat die Verbraucherschutzorganisation foodwatch auf die steigende Zahl von Hepatitis E-Infektionen hingewiesen – das Virus findet sich unter anderem in Schweinen und kann auf Menschen übertragen werden: Im Jahr 2015 infizierten sich laut Robert Koch-Institut (RKI) insgesamt 1267 Menschen mit Hepatitis E – dreimal so viele wie im Jahr 2013. Auf Bayern entfiel zuletzt rund ein Zehntel der Infektionen: Wie das RKI der Staatszeitung mitteilte, kam es im Jahr 2015 bayernweit zu 116 Fällen, zwei Jahre zuvor waren es erst 36. Dass infiziertes Schweinefleisch beziehungsweise Rohwurst das Virus übertragen kann, ist unstrittig: Es gebe „klare Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von mit Hepatitis E belastetem Schweinefleisch beziehungsweise Rohwürsten und Infektionen von Menschen“, bestätigt ein foodwatch-Sprecher der BSZ. Fatal ist: Schweine zeigen bei einer Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus keine Symptome. Gefährlich ist der Hepatitis-E-Erreger indes für Menschen – allerdings nur für Immunschwache, für chronisch Kranke oder Schwangere. Die Deutsche Leberhilfe warnt, dass Hepatitis E bei Leberkranken und Schwangeren in bis zu 20 Prozent der Fälle tödlich enden kann. Trotzdem darf infiziertes Fleisch in den Handel gelangen und zu Rohwurst verarbeitet werden. Routinetests in Mastbetrieben oder Schlachthöfen sind nicht vorgeschrieben. Dafür gebe es „keine konkreten Pläne“, sagte eine Sprecherin von Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) dem Südwestrundfunk. Das Ministerium verweist auf das – ihm unterstellte – Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Das BfR rät zu strenger Hygiene und zum Verzicht von Rohwurst. Allerdings wurde das Virus auch schon in Proben von Leberwurst gefunden – die nicht zu den Rohwürsten zählt.

Die Verbraucherschutzministerin ist nicht sonderlich alarmiert

Die laxen Vorschriften zur Hepatitis-E-Prophylaxe irritieren nicht nur foodwatch. Sondern auch Bayerns SPD und Grüne. Immerhin sind derzeit drei von 100 Schweinen mit dem Virus infiziert und gelangen in den Handel. Das entspricht 1,8 Millionen Schweinen jährlich. Bundesweit werden 17,5 Millionen Schlachtschweine gehalten, in Bayern sind es 2,15 Millionen. Wobei auch Wildschweine das Virus in sich tragen können. Die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Landtagsgrünen, Rosi Steinberger, plädiert dafür, Schweine routinemäßig zu testen: „Wenn sich in einem Fünftel der Proben von Rohwurst und Schweineleber Erreger von Hepatitis E finden lassen, muss der Gesetzgeber darauf reagieren.“ Florian von Brunn (SPD) sagt: „Die Staatsregierung muss jetzt erläutern, wie sie die Verbraucher vor dieser Gefahr schützt.“ Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger sieht das nicht so eng, er empfiehlt gute Küchenhygiene und den Verzicht auf Rohwurst. Und Bayerns Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf (CSU), von Amts wegen eigentlich die Schutzbefohlene der Verbraucher, lässt eine Sprecherin mitteilen: Zu Hepatitis E seien „gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse“ nötig. Routinetests von Schlachtschweinen, ergänzt das dem Ministerium unterstellte Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, seien derzeit „nicht zielführend“. Sonderlich alarmiert klingt das nicht. (Waltraud Taschner)

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