Politik

Hochpreisige Autos sind nach wie vor gefragt. Kein Wunder, denn die entsprechende Klientel ficht die Inflation nicht besonders an. (Foto: dpa/David Zalubowski)

28.10.2022

Unsichere Zukunft

Noch geht es Bayerns Premiumherstellern gut – den Zulieferern nicht

Wegen Putins Krieg gegen die Ukraine und der Energiekrise rutscht die deutsche Wirtschaft wohl in eine Rezession. Das trifft auch einen Kernbereich: die Autoindustrie. Während Ford in seinem Werk in Saarlouis nach 2025 keine Autos mehr produzieren will, sieht es bei den bayerischen Herstellern trotz ungemütlicher Rahmenbedingungen gut aus. Das liegt vor allem an der Positionierung ihrer Marken im Premiumsegment. Während also Durchschnittsverdiener angesichts der Inflation die Groschen zusammenhalten müssen, können sich die Hersteller der Luxuskarossen aus München und Ingolstadt ganz in Ruhe ihrer gut betuchten Klientel widmen – noch.

So erwartet man bei Audi in Ingolstadt für das Gesamtjahr 2022 Auslieferungen von 1,8 bis 1,9 Millionen Fahrzeugen und Umsatzerlöse zwischen 62 und 65 Milliarden Euro. Wie sich das dritte Quartal entwickelt hat, wollte Unternehmenssprecherin Sina Clemendt nicht verraten. Denn die Quartalsergebnisse würden erst am heutigen Freitag veröffentlicht.

Aber Audi-Vorstandschef Markus Duesmann sieht „erste Zeichen“ für einen Rückgang der Bestellungen in Europa. Noch müsse Audi seine Prognosen nicht senken, doch Duesmann bereitet der Ukraine-Krieg Sorgen. Denn dieser führe zu Kaufzurückhaltung bei den Menschen.

Halbleitermangel, Quarantänemaßnahem und hohe Energiepreise belasten

Ähnliche Gedanken dürfte man sich beim Münchner Autobauer BMW machen, wenngleich der Absatz im dritten Quartal bereits fast auf Vorjahresniveau (-0,9 Prozent) liegt. „Das Unternehmen hat im Zeitraum von Januar bis September 1.747.889 Fahrzeuge der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce abgesetzt. Im Monat September konnte die BMW Group mit 210.543 Auslieferungen an Kunden ein Absatzplus von 6,6 Prozent erzielen“, erläutert Unternehmenssprecher Eckhard Wannieck.

Halbleitermangel, Quarantänemaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus und extrem gestiegene Energiepreise belasten aber die Fahrzeugproduktion. Das zeigt sich auch an den Wartezeiten auf Neuwagen. „Unsere Kund*innen in Deutschland erhalten zum Beispiel einen Audi A5 Coupé nach zwei Monaten oder den Audi e-tron GT nach neun Monaten“, erläutert Clemendt. Bei BMW will man vor dem Hintergrund der volatilen Situation derzeit keine verbindlichen Aussagen zu Lieferfristen machen.

Die beiden Premiumhersteller sind aber nur ein Teil des Autolands Bayern. Hinzu kommen viele Zulieferer. Bei diesen sieht die Welt aber nicht so rosig aus. So will zum Beispiel der Regensburger Automobilzulieferer Vitesco in seinem Nürnberger Werk bis zu zwei Drittel der Stellen abbauen. Weil Turbolader oder Hochdruckpumpen für Einspritzsysteme aufgrund der voranschreitenden E-Antriebe in Autos keine langfristigen Wachstumschancen mehr haben, will Vitesco in Nürnberg gut 800 von 1160 Arbeitsplätzen streichen.

Keine Entlassungen

Keine Entlassungen sind dagegen bei Dr. Schneider im oberfränkischen Kronach geplant. Das Unternehmen, das sich auf Produkte für den Fahrzeuginnenraum spezialisiert hat, befindet sich wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie derzeit in der vorläufigen Insolvenz. Lieferengpässe bei bestimmten Komponenten und die daraus resultierenden stark schwankenden Abrufe hätten zu deutlichen Umsatzeinbußen geführt (-13 Prozent von 2019 auf 2021). Zudem drücken die gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise die Margen.

Zittern hingegen müssen die rund 750 Mitarbeitenden des insolventen Automobilzulieferers Borgers an den Produktionsstandorten in Ellzee und Krumbach – beide im Landkreis Günzburg. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Bocholt ist wegen der schwer kalkulierbaren Energiepreise und hohen Materialkosten in finanzielle Schieflage geraten.

Angesichts dieses noch nie da gewesenen Krisencocktails mahnt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft: „Unter diesen Rahmenbedingungen ist die Forderung der IG Metall nach einer Lohnerhöhung um 8 Prozent realitätsfremd.“ Er betont, dass innerhalb der Metall- und Elektroindustrie in Bayern die Lage für die Automobilhersteller und ihre Zulieferer am schlechtesten ist. Aktuell liege die Produktion hier um rund 7 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau und fast 30 Prozent niedriger als 2018.

Wegen der drastisch gestiegenen Energiekosten stehen laut Brossardt bei den Unternehmen vorübergehende Stilllegungen auf der Tagesordnung, aber auch Überlegungen zu Standortverlagerungen.
Damit dies nicht Realität wird, ist der Bund gefordert, rasch Hilfen für den Wirtschaftsstandort Deutschland auf den Weg zu bringen. Denn geringere Produktion und in der Folge Arbeitsplatzabbau bedeuten auch Verlust von Steuereinnahmen. Das scheint insbesondere bei den Grünen, die nach wie vor einen Feldzug gegen das Automobil führen, nicht klar zu sein.
(Ralph Schweinfurth)

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