Politik

06.12.2024

Unterbehütet im digitalen Bereich

Junge Leute können sich in der medialen Welt leicht strafbar machen – tut die Politik genug, um auf die Gefahren hinzuweisen?

Handys können gefährlich sein: denn auch Fake News bestimmen, wie junge Leute die Welt sehen. Überzogene Schönheitsideale auf Social Media begünstigen Depressionen, Ängste und Essstörungen bei jungen Frauen. Und quälendem Cybermobbing entkommt man auch in den eigenen vier Wänden nicht.

Junge Handynutzer*innen sind allerdings nicht nur potenzielle Opfer, sie machen sich im Netz auch selbst strafbar. Andere beleidigen, mit Hakenkreuzen hantieren, zu Hass und Gewalt auffordern, intime, gewalttätige oder pornografische Bilder posten – das ist nun mal schnell geschehen. „Ein Großteil der Jugendlichen ist sich weder der Strafbarkeit ihres Handelns noch des Leids der Opfer bewusst“, so die Polizei in einer Beratungsschrift. Auch in Bayern steigen die Zahlen der Straftaten jugendlicher Handynutzer.

„Unsere Staatsanwältinnen und Staatsanwälte werden immer häufiger mit kinderpornografischen Inhalten auf Schülerhandys konfrontiert“, sagt Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Im Jahr 2022 wurden im Freistaat 189 Jugendliche im Alter von 14 bis 20 Jahren verurteilt, weil sie kinderpornografische Inhalte erworben, besessen oder verbreitet hatten. 2021 waren es noch 160 Fälle. Dabei ist den Jugendlichen häufig gar nicht klar, dass sie sich strafbar machen. „Die Mehrheit handelt aus Spaß, Neugier oder Unbedachtheit“, so Eisenreich. „Mit einem Klick kann aus Unwissenheit ein Straftatbestand entstehen“, bestätigt Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler).

Um aufzuklären, haben Kultus- und Justizministerium bereits 2021 die Präventionskampagne „Mach dein Handy nicht zur Waffe“ aufgelegt. Seither sensibilisieren Richter und Staatsanwälte die Schüler und Schülerinnen vor Ort dafür, wie schnell man mit dem Gesetz in Konflikt geraten kann.

Das ist lobenswert, klar. Aber genügt es auch? Der amerikanische Sozialpsychologe Jonathan Haidt findet: „Wir überbehüten Kinder in der realen Welt und unterbehüten sie online.“ Haidt macht sich Sorgen um die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Die rund 71,5 Stunden wöchentlich, die ein deutscher Teenager laut der Jugend-Digitalstudie der Postbank im Internet verbringt, sind nämlich genau die Stunden, die fehlen, um Erfahrungen mit dem wirklichen Leben zu sammeln. Um Freundschaften zu schließen, Abenteuer zu bestehen, Resilienz zu entwickeln – unbeobachtet von besorgten Helikopter-Eltern.

In seinem Bestseller Generation Angst fordert Haidt deshalb ein Smartphoneverbot bis zum Alter von 14, handyfreie Schulen, den Zugang zu Social-Media-Plattformen erst ab 16 und mehr freies Spiel in der „echten“ Welt. Australien macht es vor: Ab Ende 2025 dürfen Jugendliche Instagram, Tiktok und X erst nutzen, wenn sie 16 Jahre alt sind. Dass die Jugendlichen da mitziehen, ist natürlich zweifelhaft. Ausgeschlossen ist es aber nicht. Viele von ihnen, so Haidt, sind selbst gequält genug. Und würden liebend gern auf ihr Smartphone verzichten. Wenn die anderen mitmachen. (Monika Goetsch)
 

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