Bei strömendem Regen, Blitz und Donner hat der politische Frühschoppen auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg begonnen. Die Wetterkapriolen führten unter anderem zu einem Stromausfall im Zelt der Freien Wähler. Besucher, die im Freien die Veranstaltung auf der Leinwand verfolgen wollten, flüchteten vor dem Regen ins Zelt.
Auch im prall gefüllten Festzelt der CSU musste die Blaskapelle zunächst gegen das Donnergrollen anspielen. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) startete zum Auftakt mit scharfen Angriffen gegen die Parteien der Berliner Ampel-Koalition.
"Diese katastrophale, diese grottenschlechte Arbeit der Ampel in Berlin, die wird mehr und mehr zu einem politischen Problem", sagte Rhein, der zuvor an der Seite seines bayerischen Amtskollegen Markus Söder (CSU) zu den Klängen des bayerischen Defiliermarsches ins Festzelt der Christsozialen eingezogen war.
"Wir brauchen eine Politik mit Haltung, wir brauchen eine Politik mit Profil", sagte Rhein. Was Markus Söder in Bayern mache, sei das komplette Gegenmodell zur Ampel in Berlin. Den Grünen war Rhein vor, ein anderes Land zu wollen. "Es macht einen massiven Unterschied, wer das Land regiert."
Zuvor hatte Rhein sich allerdings in der wichtigen Frage der Kanzlerkandidatur der Union gegen Söder positioniert. "In Sachsen ist die CDU sehr stark und auch in Thüringen ist eine konstruktive Politik ohne uns nicht möglich", sagte Rhein den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Das ist sehr klar auch ein Erfolg unseres Vorsitzenden Friedrich Merz."
Söder: "Drücke mich nicht vor Verantwortung"
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erneuerte derweil seine Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur für die Union. "Für mich ist Ministerpräsident das schönste Amt. Aber ich würde mich nicht drücken, Verantwortung für unser Land zu übernehmen", sagte er.
Die Kandidatenkür bei der Union werde diesmal "definitiv anders laufen als 2021", sagte Söder. "Damals war es schlicht und ergreifend der falsche Kandidat", fügte er mit Blick auf den damaligen Kanzlerkandidaten Armin Laschet hinzu. Mit dem derzeitigen CDU-Chef und Kandidaten-Favoriten Friedrich Merz habe er keine Dissens. "Wir sind eine Achse, Merz-Söder."
Söder analysierte auch die Wahlen in Ostdeutschland. Er bezeichnete den Ausgang der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen als politisches Erdbeben. "Noch nie war eine Partei, die gesichert rechtsextrem ist, stärkste Kraft", sagte Söder beim politischen Frühschoppen auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg.
"Es kommt nicht nur darauf an, eine Regierung zu bilden, damit man eine Regierung hat", sagte Söder. Schlecht arbeitende Koalitionen stärkten auf lange Sicht nur die AfD. "Extremisten haben Zeit", betonte Söder.
Auch deswegen müsse die Ampelregierung abgelöst werden. "Die Ampel hat nicht nur verloren. Die Ampel ist eine rauchende Ruine", sagte Söder. Es ergebe keinen Sinn mehr, sie zu motivieren, es besser zu machen. "Wir brauchen nicht nur ein paar andere Köpfe. Was wir brauchen, ist eine Politik in Deutschland, die anders ist. "
Aiwanger: Freie Wähler statt Rot-Grün in die Bundesregierung
Am Tag nach den Erfolgen der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen erhob Freie Wähler-Vorsitzender Hubert Aiwanger einmal mehr Regierungsanspruch auf Bundesebene erhoben. "Die Freien Wähler sind das Rezept gegen Extremismus von links und rechts. Deswegen müssen wir nächstes Jahr in die Bundesregierung und die Roten und Grünen müssen raus."
Alleine dürfte es nächstes Jahr für die Freien Wähler noch nicht reichen, sagte Aiwanger. Die Partei müsse sich Partner wie die CDU/CSU suchen "und die FDP, wenn es sein muss".
Aiwanger griff die Migrationspolitik der Ampelregierung an und forderte eine schärfe Abschiebepraxis: "So können wir nicht weitermachen, sonst wird Deutschland ruiniert", rief er unter dem Jubel seiner Anhänger. Er prangerte den Umgang mit dem Bürgergeld an und forderte: "Frauen sollten Dirndl tragen dürfen, statt in einer Burka dasitzen zu müssen."
Die "verfehlte Bundespolitik" ruiniere das Land, so Aiwanger. "An einem Tisch hier im Bierzelt sei "mehr gesunder Menschenverstand versammelt als in der gesamten Bundesregierung", wetterte er. Und: "Das Gruselkabinett Ampel muss auf den Mond geschossen werden."
AfD feiert "Zeitenwende"
Die Veranstaltung der AfD fand im Schlossgarten unter freiem Himmel statt. Die Partei feierte die Wahlerfolge in Thüringen und Sachsen. "Die Wende, die ist da", sagte die Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Katrin Eber-Steiner. Sie sprach vom "Beginn einer neuen Epoche" und einer "neuen politischen Zeitrechnung in Deutschland".
Sie warf Parteien, die eine Zusammenarbeit mit der AfD ausschließen, vor, sich hinter einer "selbst errichteten Brandmauer" zu verschanzen. Aus ihrer Sicht sei diese dauerhaft aber ohnehin nicht haltbar. "Der Funke ist übergesprungen", sagte Ebner-Steiner. "Diese Brandmauer, sie brennt lichterloh."
Sie kündigte außerdem an, in Regierungsverantwortung werde die AfD dafür sorgen, Millionen Menschen aus Deutschland abzuschieben: "Volle Zustimmung zu millionenfacher Remigration", sagte sie.
Hofreiter: AfD – "Landesverräter und Faschisten"
Grünen-Politiker Anton Hofreiter attackierte die AfD unterdessen als "Landesverräter und Faschisten". Die Demokratie werde von innen und von außen - von Russland und China - angegriffen. Für den Kampf gegen diese Angriffe, brauche man aber die "anständigen Konservativen", betonte er. Diese seien "zentral" in der Verteidigung der Demokratie und des Wohlstands.
Deswegen sei es wichtig, dass Progressive nicht über alte weiße Männer lästerten, sagte Hofreiter. "Auch wenn wir bei anderen Themen streiten wie die Kesselflicker. Im Kampf für die Demokratie brauchen wir anständige Konservative und wir sollten sie wertschätzen."
Allerdings kritisierte auch Hofreiter den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU): Wenn dieser "massiv Lügen über demokratische Mitbewerber erzählt, ist das ein Problem", sagte er. Söder müsse damit aufhören, "denn wir brauchen auch ihn für die Verteidigung von Demokratie und Rechtsstaat."
Davor hatte sich bereits der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, Johannes Becher, angesichts der Wahlergebnisse in den Nachbarbundesländern kämpferisch gegeben: "Wir überlassen kein deutsches Bundesland rechtsradikalen Verfassungsfeinden wie Höcke und Konsorten", sagte er und betonte: "Die AfD aus dem bayerischen Landtag ist keinen Deut besser", sie sei "genauso rechtsextrem" wie der AfD-Politiker Björn Höcke.
Becher kritisierte zudem auch Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Dieser sei als Wirtschaftsminister ein Versager. Er sitze auf Demonstrationen herum, tue aber nichts. Nur eines könne Aiwanger: Populismus.
SPD: "Arbeit ist die beste Integrationsmaschine"
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer warnte die CSU davor gewarnt, zu glauben, sie habe Bayern "selber gebaut". "Wenn ein Land erfolgreich ist, dann besteht es darin, dass so viele mittun", sagte der SPD-Politiker auf dem Politischen Gillamoos im niederbayerischen Abensberg. "Man hat dieses Land nicht erfunden, sondern man hat das Privileg und es ist eine Ehre, ein Land zu führen."
Schweitzer forderte zudem für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive leichteren Zugang zu Arbeit. "Arbeit ist die beste Integrationsmaschine", sagte der SPD-Politiker auf dem Politischen Gillamoos im niederbayerischen Abensberg. "Wer zu Hause sitzt oder in der Unterkunft sitzt und nicht rauskommt, der kommt natürlich auf Ideen." Müßiggang sei aller Laster Anfang.
"Lasst die Leute was schaffen, lasst die Leute ne Ausbildung machen, lasst die Leute ihre Ausbildung, die sie schon haben, anerkennen, dann wird's auch besser mit der Integration", sagte Schweitzer. "Und die, die nicht hierbleiben können, ja, da sag' ich ganz deutlich, die müssen auch schneller wieder zurück."
Allerdings werden auch weiterhin Menschen in Deutschland integriert, stellte Schweitzer klar. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der "den Eindruck erweckt, er hätte jede Gewerbeanmeldung persönlich vorgenommen", solle doch mal mit den Arbeitgebern sprechen, "wo die wären, was ihre Schichten angeht, wenn sie nicht Menschen mit ausländischer Herkunft hätten".
Deutschland brauche Menschen, die sich hier am Arbeitsmarkt bewähren, sagte Schweitzer. "Wir müssen endlich auch aufhören, sie nur als Produktivkräfte wahrzunehmen, sondern auch sagen verdammt noch mal, dann seid ihr eben Bayern, Rheinland-Pfälzer, Pfälzer, ihr seid auch willkommen in Deutschland."
Die SPD-Landesvorsitzende Ronja Endres betonte, dass es auf die Leute ankomme, die jeden Tag arbeiteten. Die Gesellschaft müsse zusammenkommen, sagte Endres und wiederholte während ihrer Rede mantraartig: "Kemma doch zam".
Mit Blick auf Fragen wie Gendern oder vegetarische Ernährung sagte sie: "Wir gehen aufeinander los für Dinge, die man tun oder lassen kann, liebe Leute. Ich bin diese Scheindebatten so satt."
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