Politik

Baucontainer vor dem Gärtnerplatztheater im November 2015: Die Sanierung des Gärtnerplatztheaters verzögerte sich deutlich. (Foto: dpa)

06.10.2016

Verschwendung von Millionen

Schwarzbuch 2016: Bund der Steuerzahler kritiert bayerische Ausgabenpolitik

Unrentable Investitionen, Kostensteigerungen bei Bauprojekten, Lösegeld für einen Hackerangriff: In Bayern sind nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler auch im laufenden Jahr wieder zig Millionen Euro Steuergelder verschleudert worden. Das am Donnerstag in München vorgestellte Schwarzbuch 2016 beweise, "dass die Verschwendung von Steuergeldern an der Tagesordnung" sei, sagte die Vizepräsidentin des Steuerzahlerbundes Bayern, Maria Ritch.

In seiner Veröffentlichung listete der Interessenverband zehn bayerische Verschwendungsfälle auf, den Angaben nach nur "die Spitze des Eisbergs". Als besonders "gravierendes Beispiel" bezeichnete Ritch die Sanierung des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München. Statt der 2010 genehmigten 70,7 Millionen Euro belaufen sich die Gesamtkosten inzwischen auf rund 97 Millionen Euro.

Auch der Neubau des Chemikums an der Universität Erlangen-Nürnberg, die Erweiterung des NS-Dokumentationszentrums Obersalzberg, der Neubau am Freilichtmuseum Glentleiten in Oberbayern, der Bau eines neuen Versorgungszentrums im Frauengefängnis Aichach und Ausschussreisen des Landtags werden als negative Beispiele zulasten der Steuerzahler genannt. Besondere Kritik erntet auch einen Hackerangriff auf die EDV-Abteilung der Stadtverwaltung Dettelbach. "Die vom Bund der Steuerzahler in Bayern vorgestellten Beispiele zeigen überdeutlich, dass es massive Mängel im Baubereich gibt", meint der SPD-Haushaltsexperte Harald Güller. "Wir brauchen vor allem mehr Personal in der Bauverwaltung, um besser planen zu können und in der Überwachung." Außerdem müsse es klare finanzielle Vorgaben geben, die auch strikt eingehalten werden müssten. "Es ist ein Unding, wie oft Finanzierungs-Nachträge genehmigt werden." (BSZ/dpa)

Zehn bayerische Beispiele aus dem Schwarzbuch 2016:
FREILICHTMUSEUM "GLENTLEITEN": Das neue Eingangsgebäude für die oberbayerische Bildungseinrichtung droht mit rund 13,5 Millionen Euro deutlich teurer zu werden als die geplanten 7,5 Millionen Euro.

NEUBAU CHEMIKUM AN DER UNIVERSITÄT ERLANGEN-NÜRNBERG: Der Umbau an der Naturwissenschaftlichen Fakultät läuft aus dem Ruder, soll mehr als 108 Millionen Euro kosten. 2008 wurde das Gesamtbudget auf 80 Millionen Euro taxiert. Noch immer gibt es Lüftungsprobleme.

NS-DOKUMENTATIONSZENTRUM OBERSALZBERG: Die Erweiterung der alten Bunkeranlage soll nun schon 21,3 Millionen Euro kosten, statt der ursprünglich geplanten 14,3 Millionen Euro.

STAATSTHEATER AM GÄRTNERPLATZ IN MÜNCHEN: 2010 wurden 70,7 Millionen Euro genehmigt - nun liegen die Kosten bei rund 97 Millionen Euro.

JUSTIZVOLLZUGSANSTALT AICHACH: Schlecht verlegte Fliesen durch eine spanische Firma sollen nicht nur den Kostenplan von 18 auf 21 Millionen Euro angehoben haben, sondern führten auch zu einem laufenden Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang.

FERNWÄRMEPROJEKT DER STADT ZWIESEL: Das neue Hackschnitzelheizwerk in der 10 000-Einwohner-Stadt im Landkreis Regen sei unrentabel und bescherte zwischen 2011 und 2015 mehr als eine Millionen Euro Verlust.

GEMEINDE POING: Knapp zwei Millionen Euro Fördergelder sind wegen falscher Angaben zu Mitarbeitern ausgezahlt worden. Die Verantwortliche wurde wegen schweren Betrugs verurteilt, das Geld ist aber wohl futsch.

REISEN LANDTAGSAUSSCHÜSSE: Der Steuerzahlerbund findet, dass die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten keine Ausschussreisen ins Ausland notwendig machen.

HACKERANGRIFF STADTVERWALTUNG DETTELBACH: Die Attacke auf die EDV-Abteilung im unterfränkischen Landkreis Kitzingen kostete rund 100 000 Euro - 490 Euro "Lösegeld" und der Rest zur technischen Wiederherstellung der gehackten Datenbank.

ILZTALBAHN-ANSCHLUSSBUSLINIE: Die Zuglinie von Passau nach Waldkirchen wurde Ende der 1980er Jahre reaktiviert. Seither fahren aber im Schnitt nur 2,3 Gäste pro Fahrt mit dem Anschlussbus. Ein jährlicher Verlust von 70 000 Euro für den Landkreis Freyung-Grafenau.

Kommentare (1)

  1. Korrektur am 06.10.2016
    Beim letzten Punkt zur Ilztalbahn hat sich ein Fehler eingeschlichen:

    Auf der Bahnstrecke fuhr 1982 der letzte Personenzug, die Bundesbahn hatte damals durch konsequentes Ausdünnen und Verschlechtern der Anschlüsse das Verkehrsaufkommen gedrückt, um die Stilllegung rechtfertigen zu können.
    Das auf der erhaltenswerten Strecke heute wieder Züge fahren, ist einer privaten Initiative zu verdanken. Die Ilztalbahn wird ehrenamlich von einem Förderverein betrieben. Ein Großteil der Investitonen in die Infastruktur wurde privat von Bürgern aus der Region finanziert. Seit 2011 fahren die Züge jedes Wochenende im Sommerhalbjahr. Um die ebenfalls stillgelegte Verbindung von Waldkirchen an die Grenze wieder zu beleben, finanziert der Landkreis die Anschlussbuslinie. Der einzige Beitrag der Steuerzahler zu diesem Projekt...
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