Politik

Ludwig Spaenle, CSU-Politiker und Antisemitismusbeauftragter. (Foto: dpa/Matthias Balk)

15.06.2021

Vom Superminister zum Kämpfer gegen Judenhass

Etwa zehn Jahre lang gab der Münchner Ludwig Spaenle den Takt in der bayerischen Schulpolitik vor - dann kam der plötzliche Rauswurf. In der Corona-Krise war er dann wieder häufiger in den Medien präsent. Als Vorkämpfer gegen uralte Sündenbock-Theorien. Am Mittwoch feiert er seinen 60. Geburtstag

Ein Jahrzehnt war er der Inbegriff der bayerischen Schulpolitik. Dann hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) plötzlich keine Verwendung mehr für seinen Parteifreund Ludwig Spaenle, der wenige Jahre zuvor noch als einer der Superminister in der Staatsregierung galt. Der Münchner musste im Frühjahr 2018 überraschend das Kultusministerium verlassen.

Am kommenden Mittwoch wird der Ex-Minister nun 60 Jahre alt. Doch viel Zeit zum Ausspannen bleibt ihm nicht. Denn mittlerweile hat Spaenle einen neue Aufgabe gefunden - und die wurde in der Pandemie zunehmend wichtiger. Als Landesbeauftragter muss er sich dem wachsenden Antisemitismus im Freistaat entgegenstellen. Denn in den vergangenen beiden Jahren registrierte die Kripo auch im Freistaat einen starken Anstieg von antisemitischen Straftaten.

Er sei "leider" überhaupt nicht überrascht gewesen, dass in der Corona-Krise auch der Antisemitismus weiter an Bedeutung gewonnen habe, sagt Spaenle. Und auch auf die Frage, warum mitunter selbst gebildete Menschen auf absurde Verschwörungsmythen und uralte Sündenbock-Theorien reinfallen, hat der Landtagsabgeordnete eine Antwort: "Ich habe ein sehr provokante These: Der Antisemit ist dumm!"

Spaenle wurde 2008 bayerischer Kultusminister, als Horst Seehofer die kriselnde CSU als neuer Parteichef und Ministerpräsident in die Zukunft führen sollte. Dabei galt Spaenle bis dahin gar nicht als Schulexperte.
Einige Jahre später kam die nächste Auszeichnung für den gebürtigen Münchner - Spaenle bekam zusätzlich das Wissenschaftsressort und galt neben Ilse Aigner und Söder als einer der drei Superminister im Kabinett. Obwohl Spaenle in dieser Zeit auch im Zusammenhang mit der Verwandtenaffäre im Landtag unter Beschuss kam, nachdem er seine Ehefrau im Stimmkreisbüro beschäftigt hatte, nannte Seehofer ihn "unverzichtbar".

Über den Rauswurf durch Söder will Spaenle nicht mehr reden

Der Karriereknick kam dann 2018. Über den Rauswurf durch den neuen Regierungschef Söder wenige Monate vor der Landtagswahl will Spaenle nicht mehr reden. "Keine Aussage!" Damals musste er gehen, obwohl Spaenle eigentlich dem Söder-Lager bei den Christsozialen zugerechnet wurde. "Ich wünsche dem neuen Ministerpräsidenten alles Gute und echte Freunde", kommentierte Spaenle damals bitter seinen Abgang.

Doch vermutlich wäre Spaenle ohnehin nicht mehr lange im Amt gewesen. Denn seinem Nachfolger im Kultusressort war keine lange Dienstzeit vergönnt. Ressortchef Bernd Sibler musste bereits nach wenigen Monaten weichen. Die CSU war von den Wählern in eine Koalition gezwungen worden, der Juniorpartner beanspruchte das Kultusministerium, der Freie-Wähler-Politiker Michael Piazolo übernahm bis heute das Zepter.

Zuletzt war die Schulpolitik von den Beschränkungen der Corona-Krise stark geprägt. Piazolo stand nicht nur angesichts hoffnungslos überlasteter Bildungs-EDV im Feuer. Doch eine Stellungnahme zu der heutigen Lage gibt Spaenle nicht ab. Es sei üblich, dass sich Vorgänger raushalten, sagt er. "Das halten andere anders, ich halte das so." Er beneide aber niemanden in dieser Situation, schiebt er nach.

Anerkennung auch aus anderen Parteien

Kurz nach seinem Ausscheiden wurde Spaenle dann "Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe", wie sein Titel offiziell lautet. Das sei eigentlich eine ehrenamtliche Aufgabe, sagt der Politiker. Aber er betreibe dies fast hauptamtlich. Pikanterweise ist die Beauftragtenstelle organisatorisch in das Kultusministerium eingegliedert, Spaenles frühere Minister-Wirkungsstätte.

Während Spaenle früher als Bildungsminister oft das Ziel von Kritik aus der Opposition war, bekommt er in seinem neuen Amt Anerkennung auch von den anderen Parteien. "Mit Ludwig Spaenle ist ein erfahrener Politiker und Historiker für die Stärkung des jüdischen Lebens und den Kampf gegen Antisemitismus als Beauftragter benannt worden", sagt Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze.

Mittlerweile sitzt Spaenle auch wieder im Maximilianeum, nachdem er bei der Landtagswahl 2018 den direkten Einzug verpasst hatte. Im vergangenen Jahr rückte er für einen ausgeschiedenen Kollegen in das Parlament nach. Nach einem Jahrzehnt an der Spitze des Münchner CSU-Bezirksverbandes will Spaenle bald dort den Vorsitz abgeben. Vor wenigen Monaten scheiterte die Neuwahl zunächst an den Corona-Beschränkungen.

Eine große Geburtstagsfeier plant Spaenle zu seinem runden Festtag nicht. Es sei nur eine private Feier geplant, sagt er. Vermutlich werde er auch an diesem Tag arbeiten.
(Ulf Vogler, dpa)

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