Politik

Ab 2026 dürfte jeder Tropfen teurer werden. (Foto: dpa/Wolfgang Maria Weber)

29.07.2025

Wassercent in Bayern: Neue Abgabe mit ungleicher Lastenverteilung?

Ab Mitte 2026 kommt in Bayern der neue Wassercent: Private Haushalte zahlen, Industrie und Großverbraucher profitieren von großzügigen Ausnahmen und Freimengen. Umweltverbände, Stadtwerke und Opposition kritisieren den Plan als sozial ungerecht und ökologisch halbherzig

Private Wasserverbraucher in Bayern müssen ab Mitte 2026 mit zusätzlichen Kosten von durchschnittlich rund fünf Euro pro Person und Jahr rechnen. Nach jahrelangen Diskussionen brachte das Kabinett nun den mühsam ausgehandelten Gesetzentwurf zur Einführung eines sogenannten Wassercents auf den Weg. „Es dient dem Schutz des Wassers“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Sitzung.

Zehn Cent pro Kubikmeter

Nach dem Gesetzentwurf soll jeder, der im Freistaat Grundwasser entnimmt oder verbraucht, künftig eine Abgabe von einheitlich zehn Cent pro Kubikmeter dafür bezahlen müssen. Gemessen am durchschnittlichen Wasserverbrauch von knapp 140 Liter pro Person und Tag bedeutet dies für Privathaushalte rund fünf Euro pro Person und Jahr an zusätzlichen Kosten.

Privatpersonen wird der Wassercent nicht direkt in Rechnung gestellt, sondern dem Wasserversorger - der das Entgelt aber auf die Kunden umlegen dürfte. Fällig werden soll der Wassercent mit Wirkung zum 1. Juli 2026.

Freimengen und viele Ausnahmen

Es gibt aber eine ganze Reihe von Ausnahmen. Vorgesehen ist zum einen eine Freimenge von 5.000 Kubikmetern pro Jahr - das heißt, man zahlt erst für die Menge, die die 5.000 Kubikmeter übersteigt. Privatpersonen profitieren davon nicht: Die Freimenge gilt nicht für den einzelnen Kunden, sondern für den Wasserversorger, für Wasserzweckverbände und Nutzer eigener Brunnen, für Unternehmen und die Industrie.

Zum zweiten werden für bestimmte Wassernutzungen gar keine zusätzlichen Gebühren erhoben, etwa für Entnahmen für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb, für die Wasserversorgung von Nutztieren, für die Fischerei oder für die Nutzung erneuerbarer Energien wie Wärmepumpen.

Die Koalitionspartner CSU und Freie Wähler hatten sich nach langem Streit erst im Dezember auf Eckpunkte für den neuen Wassercent verständigt. Doch an dem Kompromiss gab es postwendend wieder Kritik - etwa weil Betriebe und Private bei den Freimengen ungleich behandelt würden.

Paradebeispiel für Klientelpolitik

So schimpft die SPD im Landtag: "Der von CSU und Freien Wählern vorgelegte Wassercent ist handwerklich ein Paradebeispiel für Klientelpolitik." Während Privatpersonen über die Wasserversorger belastet würden, kämen industrielle Großverbraucher durch großzügige Freimengen und Ausnahmen weitgehend ungeschoren davon – dabei werde überhaupt nicht einmal kontrolliert, wieviel Wasser sie entnehmen. "Das ist sozial ungerecht und ökologisch höchstens halbherzig", sagt deren Abgeordnete Anna Rasehorn. "Wenn Wasser als wertvolle Ressource endlich einen Preis bekommen soll, dann muss das gerecht, konsequent und mit klarer ökologischer Zielsetzung geschehen – und nicht wieder nach dem Motto: Die Kleinen zahlen, die Großen profitieren."

Neben der SPD kommt auch von anderen Seiten deutliche Kritik am geplanten Wassercent der bayerischen Staatsregierung. So moniert der Bund Naturschutz Bayern, dass die vorgesehene Freimenge von 5.000 Kubikmetern pro Jahr insbesondere große Wasserverbraucher begünstige und damit die ökologische Lenkungswirkung des Gesetzes untergrabe. Auch der Bayerische Städtetag äußerte sich skeptisch: Die kommunalen Wasserversorger befürchten, dass die Zusatzkosten letztlich auf die Verbraucher abgewälzt werden, während Großverbraucher durch Ausnahmen und Freibeträge kaum belastet werden. Eine Klage wird nicht ausgeschlossen.

Wohin fließen die Einnahmen?

Die Stadtwerke München kritisieren zudem die fehlende Transparenz hinsichtlich der Verwendung der Einnahmen. Es sei bislang unklar, ob die Mittel tatsächlich dem Schutz der Wasservorkommen zugutekommen oder einfach im allgemeinen Landeshaushalt versickern. Auch die Grünen im Bayerischen Landtag werfen der Staatsregierung vor, das Thema Wassercent jahrelang verschleppt zu haben. Der vorgelegte Entwurf sei weder konsequent noch fair, sondern ein Kompromiss zulasten privater Haushalte und kommunaler Versorger. (dpa/loh)

Kommentare (1)

  1. JohannMayr vor 3 Tagen
    Ich schließe mich absolut der Kritik der SWM an: Der Schutz des Wassers ist eine sehr wichtige Aufgabe des bayerischen Staates und der Kommunen. Und das kostet Geld. Aber wenn schon Wassercent, dann muss auch sicher gestellt sein, dass er ausschließlich dem Schutz des Wassers dient und nicht irgendwo im Staatshaushalt verschwindet. Außerdem ist zu kritisieren, dass Privathaushalte unfair gegenüber Gewerbe benachteiligt werden
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