Politik

Zankapfel Cannabis: Die Union möchte im Fall eines Wahlsiegs die Legalisierung abschaffen, zusammen mit einer Reihe weiterer Gesetze. (Foto: dpa/Marcus Brandt)

10.01.2025

Weg damit!

Die Union will Gesetze kippen: Geht das?

Zu den umstrittensten Regelungen der Berliner Ampel-Regierung zählt das Gebäudeenergiegesetz, besser bekannt als „Heizungsgesetz“. Eines von mehreren Gesetzen, das die Union im Fall eines Wahlsiegs kippen will. Denn noch immer sind zahlreiche Hausbesitzer wütend auf den Grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Aus seinem Haus stammt das Gesetz, wonach Heizungen von Neubauten ab Januar 2024 zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Viele Menschen fürchten hohe Kosten beim Austausch ihrer Gas- und Ölheizungen.

Das Heizungsgesetz wurde zwar etwas entschärft. Die Pflicht zum Heizungsaustausch bleibt aber grundsätzlich. Es gibt Übergangsfristen und Fördermittel für Wärmepumpen. Der CDU-Politiker Jens Spahn will das Gesetz „zurücknehmen“, Kanzlerkandidat Merz möchte es auf den Stand von 2020 zurückdrehen, plädiert aber auch für ein Aus von Gas- und Ölheizungen – nur nicht so schnell. Doch auch EU-Vorgaben erfordern, dass Gebäude ab 2045 nur noch klimaneutral mit erneuerbaren Energien geheizt werden dürfen. Ein komplettes Aus des Gesetzes ist also unwahrscheinlich.

Wahlrechtsreform kippen

Schon eher machbar erscheint dagegen, die Wahlrechtsreform zu kippen. Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul hatte im Dezember versichert: „Wir werden keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem nicht steht, dass die Wahlrechtsreform wieder abgeschafft wird.“ Bei der Bundestagswahl im Februar greift erstmals das von der Ampel 2023 durchgesetzte neue Wahlrecht.

Um den Bundestag zu verkleinern, werden die sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate abgeschafft. Eine Partei bekommt künftig nicht mehr Mandate, als ihr laut Zweitstim-
menergebnis zustehen. Gewinnt eine Partei besonders viele Wahlkreise, kann also ein Teil ihrer Wahlkreissieger leer ausgehen. Besonders betroffen ist die CSU. Die Sozialdemokraten dürften sich einer Reform nicht generell verschließen, werden dafür jedoch ein Entgegenkommen an anderer Stelle einfordern. Eine Wahlrechtsreform bedarf keiner Zustimmung des Bundesrats. Wichtig ist, dass eine Neuregelung ausreichend Ausgleichsmandate vorsieht, damit das Bundesverfassungsgericht nicht querschießt. Eine Verkleinerung des Bundestags wäre über eine Reduzierung der Wahlkreise erreichbar.

Weit schwieriger dürfte es für die Union dagegen werden, ihr Versprechen zu erfüllen, die jüngste Reform des Staatsbürgerschaftsrechts zu kippen. Für den wahrscheinlichen Koalitionspartner SPD ist eine liberale Migrationspolitik Teil der Partei-DNA. Ausländer können laut neuem Recht bereits nach fünf Jahren einen deutschen Pass bekommen, mitunter sogar bereits nach drei Jahren. Bislang betrug die Frist im Regelfall acht Jahre. Voraussetzungen sind Verfassungstreue oder dass die Antragssteller ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Eine Staatsangehörigkeitsreform ist nicht zustimmungsbedürftig durch den Bundesrat. Auch das Verfassungsgericht würde einer Rücknahme nicht im Wege stehen.

Rollback beim Cannabis

Kaum ein Ampel-Gesetz bekämpfte die CSU so intensiv wie die Teillegalisierung von Cannabis auf Bundesebene. Bayerische Behörden machen Kiffern noch immer das Leben schwer. Und auch in der CDU wünscht man sich einen Rollback, sie spricht von Bandenkriegen durch die Legalisierung. .Laut SPD hat die Kriminalisierung den Cannabiskonsum nicht verringert. Für mögliche Koalitionsverhandlungen ist die Cannabis-Frage jedenfalls keine leichte Hypothek. Zudem ist bei einer Rücknahme mit einer Flut von Entschädigungsforderungen von Anbauvereinen zu rechnen. Alles in allem dürfte es daher wohl nur zu vereinzelten Verschärfungen und nicht zu einer vollständigen Abschaffung kommen.

Für Tausende Menschen, die überzeugt sind, dass sie im falschen Körper geboren sind, ist das Selbstbestimmungsgesetz ein Segen. Seit November 2024 kann jeder seinen Vornamen oder den Geschlechtereintrag leichter und ohne medizinische Gutachten oder richterliche Beschlüsse ändern lassen. Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen mussten zuvor kostspielige Verfahren für eine Änderung durchlaufen. Viele Konservative sehen die Neuregelungen dagegen mit Sorge. Die Union will das Gesetz abschaffen. Sie stört vor allem, dass Kinder und Jugendliche ihren Geschlechtereintrag und Vornamen auch ohne Gutachten oder Beratung und gerichtliche Entscheidung ändern dürfen. Welche Regelung das Selbstbestimmungsgesetz ersetzen soll, hat die Union noch nicht festgelegt.

Eine ganz harte Nuss für Koalitionsverhandlungen ist die von CDU/CSU geforderte Abschaffung des Bürgergelds. Denn vor allem der wahrscheinliche Bündnispartner SPD will dafür kämpfen. Die Union fordert eine „neue Grundsicherung“, die beinhaltet, dass Menschen, die arbeiten können, aber nicht wollen, kein Geld mehr erhalten. Wer keinen regulären Job findet, soll gemeinnützig arbeiten. Eigene Vermögenswerte sollen stärker angerechnet werden. Verstärkter Behördenaustausch soll Sozialmissbrauch verhindern. (loh, till, ta)

Kommentare (1)

  1. Rudi Seibt vor 1 Woche
    Die Union und die FDP stellen sich auf die Seite der AfD und arbeiten gegen die Energiewende, propagieren in allen Interviews faktenfreie Grünen-Feindschaft, die noch rechtere zu Gewlttaten ermutigt.
    Da seit 3 Jahren vonm Union und FDP keine praktikablen Verbesserungsvorschläge für mehr Energiewende, mehr CO2-Reduktion kamen, ist klarer denn je, dass Union und FDP die Wissenschaft ignorieren, eine Rückwärtswende für uns wollen.
    Aber wie ssoll ich den Titel "...kippen" deuten? als "auskippen", als "auf die Füße stellen"? Das Unioonsprogramm ist hier ja mehr als vage, aber klar klimafeindlich.
    Wie wird es also dem Handwerk ergehen, das vom GEG2023 gut profitiert?
    Wie werden Sie als Handwerksmedium die Handwerker schützen durch Verteidigung des GEG2023?
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