Politik

Viele Kommunen ächzen unter den Personalkosten für ihre Schulen. (Foto: dpa/Sebastian Gollnow)

14.08.2020

Wenn Lehrkräfte zur Kostenfalle werden

Immer mehr Kommunen möchten teure Schulen in staatliche Trägerschaft überführen – die Staatsregierung winkt zumeist ab

Auf den ersten Blick geht es am Wirtschafts- und Naturwissenschaftlichen Gymnasium (WWG) der Stadt Bayreuth nicht anders zu als an den anderen Schulen der oberfränkischen Bezirkshauptstadt: Im Unterricht wird gebüffelt und geschwitzt, auf dem Pausenhof gekichert, herumgetobt und manchmal auch heimlich geraucht. Doch gibt es einen entscheidenden Unterschied: Das WWG ist keine staatliche, sondern eine kommunale Schule. Aktuell existieren davon noch 114 im Freistaat. Doch sind sie in den meisten Fällen ein ungeliebtes Eigentum, in 82 Fällen besteht der Wunsch der kommunalen Träger auf Verstaatlichung. Die Stadt Bayreuth beispielsweise möchte ihr WWG, ebenso wie die örtliche Wirtschaftsschule, seit fast 50 Jahren loswerden. Immer wieder stellte die Kommune in den vergangenen Jahrzehnten dazu entsprechende Anträge bei der bayerischen Staatsregierung, zuletzt im Juli vergangenen Jahres. Doch diese wurden durchgehend abgelehnt.

Joachim Oppold, der Sprecher der Bayreuther Stadtverwaltung, erläutert die finanziellen Belastungen der beiden Bildungseinrichtungen für die Kommune: „Sie sind ein erheblicher Kostenfaktor für die Stadt. Relevant sind vor allem die Personalkosten.“ Denn trotz staatlicher Zuschüsse muss die Stadt für beide Schulen rund sechs Millionen Euro zahlen.

Noch dramatischer stellt sich die Situation in Bamberg da: Hier muss der Kämmerer jährlich 16 Millionen für die drei Schulen einplanen. Vor dem Hintergrund sinkender Gewerbesteuereinnahmen durch die Corona-Krise ist das umso belastender.

Stimmt: Die Kommunen haben das einst freiwillig gemacht. Nur waren halt damals die Bedingungen andere

Natürlich müssen Städte und Gemeinden auch bei staatlichen Schulen Geld zuschießen. Als Sachaufwandsträger sind sie für den baulichen Unterhalt der Einrichtungen verantwortlich. Doch belasten sie diese Beträge nach eigenen Angaben bei Weitem nicht so stark wie die Personalkosten. Diese umfassen nicht nur die Einkommen der aktiven, sondern auch die Pensionen der ehemaligen Lehrkräfte.

Wie eine Anfrage der Bamberger Landtagsabgeordneten Ursula Sowa (Grüne) an die Staatsregierung ergab, kommen die meisten Anträge auf Verstaatlichung aus Franken und Ostbayern. Das liege daran, sagt Sowa, dass es dort mehr strukturschwache Kommunen gibt.

Günther Schuster, Sprecher des bayerischen Kultusministeriums, verweist darauf, dass man die betroffenen Kommunen durch zusätzliche Lehrpersonalzuschüsse unterstütze. Zum anderen hätten sich die Kommunen ja einst freiwillig dafür entschieden, Schulen einzurichten. Das mag stimmen. Doch liegt besagte Entscheidung in vielen Kommunen schon Jahrzehnte zurück; mitunter herrschten damals ganz andere strukturelle und ökonomische Bedingungen. „Eine bloße Verstaatlichung von kommunalen Schulen“, so Schuster weiter, „wäre mit enormen Mehrbelastungen für den Staatshaushalt verbunden, ohne dass damit eine Verbesserung im Bildungsangebot für die Schüler und Schülerinnen verbunden wäre“. Deshalb komme das „aus grundsätzlichen Erwägungen nicht infrage“.

Manchmal macht die Staatsregierung aber doch Ausnahmen. Zum Beispiel bei der Realschule in Prien am Chiemsee, die sich derzeit noch in der Trägerschaft des Landkreises Rosenheim befindet. Die oberbayerischen Kommunalpolitiker mussten ihren Plan nach eigenem Bekunden zwar über viele Jahre hartnäckig verfolgen. Aber irgendwann gab das Kultusministerium nach. Die Überführung in staatliche Trägerschaft sei festgelegt, so Landkreis-Sprecher Michael Fischer. Ein genauer Termin stehe freilich noch nicht fest. Der Vorteil für den Kreis Rosenheim: Gleich neben besagter Schule gibt es in Prien noch eine Realschule in staatlicher Trägerschaft. In dieser soll die kommunale Schule aufgehen, erläutert Fischer. Seit dem Schuljahr 2017/18 starten in der kommunalen Schule nur noch zwei Eingangsklassen. Den Lehrbetrieb lasse man nach und nach auslaufen.

Es sind auch solche Ausnahmefälle, die Grünen-Politikerin Sowa motivieren, an dem Thema dranzubleiben. Als Nächstes will sie die Spitzen des Bayerischen Städte- und Gemeindetags motivieren, sich in dieser Frage für ihre Mitglieder stark zu machen. (André Paul)

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