Politik

Und wo ist das Bier? Papst Franziskus begrüßt Markus Söder (CSU), der einen Geschenkkorb im Gepäck hatte. (Foto: dpa)

01.06.2018

Zwei Päpste und ein Söder

Trotz aller Kritik gilt in Bayern ab sofort der Kreuzerlass. Während die Landesbehörden in der Heimat noch ihre Kreuze anbringen, sucht dessen Initiator im Vatikan das Gespräch mit Franziskus und Benedikt

 An diesem 1. Juni gibt es wohl keinen passenderen Ort für Markus Söder (CSU) als den Vatikan. Während im 700 Kilometer Luftlinie entfernten München wie in ganz Bayern der umstrittene Kreuzerlass für (fast) alle Landesbehörden in Kraft tritt, wird dem bayerischen Ministerpräsidenten hier eine besondere Ehre zu teil: Eine Privataudienz bei Papst Franziskus im Apostolischen Palast, gefolgt von einem Treffen mit dessen Vorgänger Benedikt XVI.

"Heute Besuch des Heiligen Vaters im Vatikan", schreibt Söder vor der Audienz beim Kurznachrichtendienst Twitter - auch wenn der Satz grammatikalisch stimmt, kann er auch missinterpretiert werden. Und so reagiert das Netz ähnlich wie zur Kreuzdebatte umgehend mit Spott, Kritik und Häme. "Jetzt hält er sich schon für den Papst!", heißt es etwa oder "Ministerpräsident sind Sie ja Herr Söder, aber nun sind Sie auch noch der Heilige Vater? Das finden wir dann doch etwas übertrieben".

Söder kümmert das aber nicht. Als Lutheraner gehört er zwar nicht der römisch-katholischen Kirche an, der Besuch hat für den Franken aber dennoch eine besondere Bedeutung: "Der Papst ist das inoffizielle Sprachrohr der Christenheit." Und als solcher sei er für ein christlich geprägtes Land wie Bayern besonders wichtig. Darüber hinaus - so beteuert Söder - sei der Termin der Reise Zufall, vom Vatikan vorgegeben und habe nichts mit dem Kreuzerlass zu tun.

Papst Franziskus über Söders Geschenke:
"Wie, aus Bayern und kein Bier?"

Franziskus präsentiert sich im Gespräch nach Angaben von Teilnehmern als sehr interessierter und gut informierter Zuhörer. Als Söder ihm das Geschenk, einen großen Präsentkorb mit meist süßen Köstlichkeiten wie Lebkuchen, Marmelade und Schokoladen aus Bayern übergibt, zeigt er sich erfreut. "Wie, aus Bayern und kein Bier?", fragt er lachend.

Nach der knapp 35 minütigen Audienz in der Privatbibliothek des Papstes zeigt sich Söder ebenso beeindruckt wie beim vorherigen Rundgang durch den Petersdom. "Es war ein sehr bewegendes Gespräch", sagt er. Franziskus habe sich sehr wohlwollend über alle Aktivitäten der Staatsregierung geäußert, etwa zu den Bereichen Pflege oder dem Engagement für Kinder. Ob der Papst in das Lob auch über den von ihm vor wenigen Wochen initiierten und seit diesem Tag geltenden Kreuzerlass gesprochen hat oder was dieser gar davon hält, will der 51-Jährige so konkret nicht sagen.

Fakt ist, dass die Diskussion um das Für und Wider der Kreuze eines aufzeigt: In der Kirche gibt es wie in der gesamten Gesellschaft sehr unterschiedliche Meinungen über christliche Werte und Identität. Das weiß auch Söder genau. In Zeiten von latenten Überfremdungs- und kulturellen Verlustängsten durch den Islam und Muslime sind diese Fragen auch für den politischen Alltag nicht zu unterschätzen, nicht nur in Wahljahren wie in diesem Jahr in Bayern und Hessen. "Kirche und Politik haben das gleiche Volk", beschreibt es Monsignore Oliver Lahl, Berater der deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl.

Söder kündigt dem Papst an:
Bayern will ein Obdachlosenprogramm auflegen

Bereits vor dem Treffen hatte Söder betont, dass es ihm nicht darum gehe, mit Zustimmung des Heiligen Vaters die vielen Kritiker - darunter namhafte Kirchenvertreter wie den Münchner Kardinal Reinhard Marx - zu übertrumpfen: "Wir haben eine Position, eine klare Haltung und die vertreten wir." Er sei sich sicher, dass die Bevölkerung mehrheitlich hinter dem Erlass stehe, der für Behördenfoyers ein Kreuz vorschreibt, für untergeordnete Institutionen wie Museen, Theater und Universitäten aber nur empfiehlt.

Allerdings, das gibt Söder zu, sei er nach wie vor überrascht, mit welcher Wucht insbesondere von Seiten einiger Kirchenvertreter der Erlass kritisiert worden sei. Er erfahre aber auch viel Zuspruch.

Ungeachtet aller Wellen, die der Kreuzerlass im Freistaat und auch darüber hinaus verursacht hat, im Zwiegespräch mit dem als liberal geltenden Franziskus standen laut Söder letztlich auch andere Themen im Fokus: Neben der EU-Flüchtlingspolitik und Entwicklungshilfe hatte Söder auch eine Neuigkeit im Gepäck: In Bayern will die Staatsregierung ein Obdachlosigkeitsprogramm für Großstädte auflegen, das die Kommunen bei der Hilfe unterstützt. "Ein so reiches Land wie wir sollte da mehr machen", sagt Söder.

Dreimal durfte Söder schon zum Papst

Auch wenn Söder 2008, 2011 und 2012 bereits dreimal an einer Audienz des Papstes teilnehmen durfte, dürfte dieser Besuch ihm dennoch in besonderer Erinnerung bleiben: Denn nach der Privatunterhaltung mit Papst Franziskus konnte er sich im wenige Meter entfernten Kloster Mater Ecclesiae auch noch mit dessen Vorgänger Benedikt XVI. treffen.

Mit dem erst vor wenigen Wochen 91 Jahre alt gewordenen emeritierten Papst verbindet Söder nach eigenen Worten eine persönliche Beziehung. Dies dürfte an dessen bayerischen Wurzeln und der konservativeren Einstellung gleichermaßen liegen. Benedikt habe - wie auch der vatikanische Außenminister Paul Gallagher - ausdrücklich den Kreuzerlass gelobt. Söder: "Das freut uns, aber wir wollten uns hier auch nicht die Erlaubnis holen."
(Marco Hadem, dpa)

Foto (dpa): Auch den emeritierten Papst Benedikt XVI.traf Markus Söder.

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