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Etwa 180 Pläne zum Augsburger Dom finden sich im Staatsarchiv Augsburg. Hier eine Südansicht von 1936. Im Maßstab von 1:200 misst das Original 86 mal 69 Zentimeter. (Foto: STAA/STBA)

11.11.2022

Architektur in Schwaben

Das Staatsarchiv Augsburg hat ein großes Konvolut an Plänen für staatliche und kirchliche Bauten übernommen

Die Staatlichen Bauämter in Bayern sind aus den früheren Hochbauämtern und Straßenbauämtern hervorgegangen. Sie sind zuständig für Hochbaumaßnahmen des Freistaats und des Bundes sowie für das Bundes- und Staatsstraßennetz. Im Bereich des Hochbaus planen, bauen und erhalten die Bauämter die Gebäude des Landes, des Bundes und weiterer Bauherren, wie zum Beispiel Kirchen und Stiftungen. Neben Museen, Theatern und Schlössern gehören Verwaltungsgebäude, Polizei- sowie Justizgebäude, auch Justizvollzugsanstalten, Hochschulen, Universitäten, Kliniken und sogar militärische Bauten zum Aufgabengebiet. Im Rahmen der staatlichen Kirchenbaulast werden auch Gebäude der beiden großen christlichen Kirchen betreut. Von den 22 staatlichen Bauämtern in Bayern haben drei ihren Sitz im Regierungsbezirk Schwaben: in Augsburg, Kempten und Krumbach. Sie sind jeweils für die in ihren Amtssprengeln liegenden Landkreise zuständig.

Das Augsburger Amt, das für das Stadtgebiet Augsburg und die Landkreise Aichach-Friedberg, Augsburg sowie Donau-Ries zuständig ist, hat 2019 begonnen, den gesamten Bestand analoger Pläne im Bereich Hochbau durch einen Dienstleister scannen zu lassen. Das Bauamt betreut rund 850 Gebäude in 300 Liegenschaften des Freistaats, des Bundes, der NATO sowie der Kirchen im Rahmen der staatlichen Baupflicht. Nach Abschluss des DiEtwa 180 Pläne zum Augsburger Dom finden sich im Staatsarchiv Augsburg. Hier eine Südansicht von 1936. Im Maßstab von 1:200 misst das Original 86 mal 69 Zentimeter. FOTO: STAA/STBA Agitalisierungsprojekts werden die Unterlagen dem Amt digital zur Verfügung stehen. Um in der Registratur Platz zu gewinnen, werden die Pläne nach der Digitalisierung sukzessive dem zuständigen Staatsarchiv Augsburg zur Übernahme angeboten. Dieses archiviert eine Auswahl. Übernommen werden Ansichten, Schnitte, Grundrisse sowie Detailpläne von Baudenkmälern und zentralbaulichen Dienst- und Verwaltungsgebäuden der Landesbehörden. Nicht archivwürdig sind hingegen in der Regel Bauunterlagen zu Wohnhäusern sowie Gebäuden, die keinen ausschließlichen Bezug zu den behördlichen Fachaufgaben besitzen, wie zum Beispiel Garagenbauten, Streuguthallen, allgemeine Abstell- und Lagergebäude. Kassiert werden auch Mehrfachausfertigungen von Plänen sowie meist die Pläne zu Statik, Sanitär- und Elektroinstallationen.

So übernahm das Staatsarchiv bereits über 1100 teils großformatige Pläne zu Sakralbauten sowie zu Behörden und Gerichten im Sprengel des Augsburger Bauamts. Außerdem ist eine Vielzahl von Plänen des früheren Universitätsbauamts darunter; dieses Amt wurde 1985 mit dem damaligen Landbauamt zum Land- und Universitätsbauamt Augsburg zusammengelegt. 1997 entstand aus dem Finanzbauamt Augsburg, zuständig für zivile und militärische Bauten der US- und NATO-Streitkräfte in Deutschland, und dem Land- und Universitätsbauamt Augsburg das Staatliche Hochbauamt Augsburg. Schließlich wurde dieses 2006 mit dem Straßenbauamt Augsburg zum Staatlichen Bauamt Augsburg zusammengeführt. Da das Digitalisierungsprojekt des Augsburger Bauamts andauert, gelangen immer noch weitere interessante Pläne ins Staatsarchiv Augsburg.

Kopieren mit Lichtpausen

Alle übernommenen Pläne sind Originale, ausgeführt mit Tusche oder Graphit auf Pergamin, einer aus fein gemahlenem Zellstoff hergestellten, weitgehend fettdichten, aber nicht nassfesten Papiersorte. Diese ist stark satiniert und dadurch relativ transparent. Mit diesen Pergaminplänen wurden im Bauamt früher in einem Lichtpausverfahren Arbeitskopien auf Papier erstellt. Zum Einsatz kam die sogenannte Diazotypie, ein Ende der 1880er-Jahre erfundenes und immer weiterentwickeltes Verfahren. Dabei werden Kopien basierend auf Wirkung des Lichtes und ohne Einsatz eines fotografischen Apparats hergestellt. Bei dieser Technik, mit der Abbilder von technischen Zeichnungen praktisch 1:1 ohne Verschiebung des Maßstabs entstehen, erfolgt die Übertragung des Bildes durch Licht von einer transparenten Vorlage auf eine Kopierschicht des neuen Trägers, meist Papier. Diese Kopierschichten bestehen aus chemischen Lösungen, die je nach Verfahren verschiedene lichtempfindliche, chemische Komponenten enthalten. Lichtpausverfahren waren bis zur Einführung des Computers und der digitalen Druckverfahren das gängige Mittel, um Architekturzeichnungen zu kopieren.

Die Pläne liegen in unterschiedlichen Formaten von circa DIN A4 bis A0 und darüber hinaus vor, der größte Plan misst 185 mal 85 Zentimeter. Im Bestand sind neben einzelnen Lageplänen in den Maßstäben 1:2500, 1:1000 oder 1:500, Außenanlagen- und Pflanzplänen in verschiedenen Maßstäben überwiegend Grundrisse, Ansichten und Schnitte, meist in den Maßstäben 1:500, 1:200, 1:100 und 1:50 enthalten. Detailpläne sind auch in größeren Maßstäben 1:20, 1:10 oder sogar bis zu 1:1 ausgeführt.

Kirchen Pfarrhöfe, Mesnerhäuser

Etwa 500 der archivierten Pläne betreffen Sakralbauten. Diese gut erhaltenen Pläne, unter anderem zum Augsburger Dom, stammen überwiegend aus der Zeit von 1900 bis 1990, einzelne Pläne sind ab 1814 beziehungsweise bis 2002 gezeichnet worden. Sie wurden und werden vom Bauamt im Rahmen der staatlichen Baupflicht an kirchlichen Gebäuden benötigt. Inhaltlich besonders hervorzuheben sind die Pläne zum Hohen Dom zu Augsburg. Mit 113 Meter Länge, 40 Meter Breite und seinen 62 Meter hohen Türmen ist er die größte und bedeutendste Kirche der Stadt. Urkundlich ab dem Jahr 823 belegt, erlebte dieser im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Umbauten, bei den letzten bedeutenden Baumaßnahmen 1863 wurde der Dom im Stil der Neugotik umgestaltet. Der Planbestand enthält zahlreiche Grundrisse, Ansichten und Schnitte des Domes (Langhaus, Ostchor, Querhaus und Westchor, Türme). Außerdem sind viele Detailpläne überliefert, zum Beispiel zum filigranen Maßwerk des prachtvollen Südportals am Ostchor von ungefähr 1360, der aufwendigsten Portalanlage des 14. Jahrhunderts in Süddeutschland, einer Kreuzblume am südlichen Turm und den Prophetenfenstern, die zu den ältesten figürlichen Glasmalereien Deutschlands aus der Mitte des 12. Jahrhunderts gehören.

Spannende Umbauten

Auch zu Pfarrkirchen wie jener in Thierhaupten (St. Peter und Paul, im Kern eine romanische Basilika, im 18. Jahrhundert umgebaut und barock ausgestattet), Pfarrhöfen wie in Todtenweis (1756/1758 errichtet) und der Burgkirche Oberwittelsbach (gotischer Backsteinbau, 1420 entstanden, im 17. und 19. Jahrhundert umgebaut und neu ausgestattet) sind detailreiche Pläne erhalten. Die Kirche in Oberwittelsbach ist ein aktuelles Beispiel für den Vollzug der staatlichen Baupflicht an Kirchengebäuden. Für 4,2 Millionen Euro wurde die Kirche seit 2014 saniert, die Planungen dafür hatten 2005 begonnen. Im Herbst 2020 erhielt das Staatliche Bauamt Augsburg als Bauherr zusammen mit dem ausführenden Nürnberger Ingenieurbüro für diese Sanierungsmaßnahme den Bayerischen Denkmalpflegepreis 2020 in Gold in der Rubrik „Öffentliche Bauwerke“. Die Preisrichter würdigten damit die mutige Sanierung des Gewölbes der Kirche. Dessen Stabilisierung stellte eine besondere Herausforderung dar. Mit einem innovativen Verfahren schafften es die Ingenieure, das Gewölbe zurückzuverformen: Sie unterbauten es mit sogenannten Stempeln, die die Last möglichst flächig tragen und so den Druck gering halten. Dadurch ist das Gewölbe der Kirche wieder stabil; es bleiben noch Arbeiten am Mauerwerk sowie im Innenraum zu erledigen.

Verwaltung, Justiz und Wissenschaft

 Unter den Plänen zu Verwaltungs- und Justizgebäuden im Gebiet der Stadt Augsburg sowie der Landkreise Aichach-Friedberg, Augsburg und Donau-Ries stechen zunächst jene zur Regierung von Schwaben und dem Justizpalast in Augsburg mengenmäßig, aber auch von der Bedeutung der Bauwerke hervor.

Der Fronhof in Augsburg, ehemals Sitz des Fürstbischofs, ist seit 1817 Sitz der Regierung von Schwaben. Der Hauptbau der Residenz mit dem prächtigen Eingangsportal und dem spätmittelalterlichen und 1507/08 erhöhten Pfalzturm bestand ursprünglich aus drei Häusern und war bereits vor 1680 zu einem einheitlichen Herrschaftsbau zusammengefasst worden. Der von Säulen getragene Balkon über dem Durchgang wurde zwischen 1784 und 1789 hinzugefügt. Er sollte an den an gleicher Stelle für den Besuch von Papst Pius VI. 1782 errichteten Holzbalkon erinnern. Nach Beschädigungen beim Bombenangriff ... (Rainer Jedlitschka)

Lesen Sie den vollständigen, reich bebilderten Beitrag in der Ausgabe November/Dezember von UNSER BAYERN, das der Bayerischen Staatszeitung Nr. 45 vom 11. November 2022 beiliegt.

Abbildungen (von oben):
Gerade für die Denkmalerhaltung sind auch Pläne von Architekturdetails eine wichtige Grundlage. Hier die 1901 gezeichnete Kreuzblume am südlichen Turm des Augsburger Domes im Maßstab 1:2. Der Plan misst 77 mal 94 Zentimeter. (Foto: STAA)

Der Querschnitt (1974) zeigt die Pfarrkirche Thierhaupten (Maßstab 1:100, 51 mal 56 Zentimeter). (Foto: STAA)

Im Fronhof (hier eine Ostansicht) hat die Regierung von Schwaben ihren Sitz. Der Plan aus den 1920er-Jahren misst 101 mal 62 Zentimeter beim Maßstab 1:100. Das angrenzende ehemalige Konsistorialgebäude wurde 1944 zerstört; für den Wiederaufbau gibt es Detailpläne selbst für ein Treppengeländer mit Handlauffänger (Maßstab 1:10 und 1:1, 80 mal 75 Zentimeter, 1953). (Fotos: STAA)

 

 

 

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