Unser Bayern

Ganz schön wacklig und nur etwas für Wagemutige: Der Flugzeugkonstrukteur Gustav Otto auf einem Otto-Doppeldecker im Jahr 1910. (Foto: BMW Archiv)

05.07.2019

Bayerns Pioniere der fliegenden Kisten

Flugwerftbesitzer Gustav Otto und Kunstflieger Ernst Udet: Wie der Flugverkehr den Alpenraum eroberte

So wie sich heute Kinder und Jugendliche von Digitalisierung und Computern faszinieren lassen, so waren sie – in erster Linie Jungen – in den letzten Jahrhunderten von der Mechanik und ihren Erfindungen begeistert. Besonders alles, was rollte, dampfte, pfiff oder sonstwie Lärm machte und sich bewegte, zog sie an. Im 19. Jahrhundert breitete sich die Motorisierung aus. Dazu kam die Eroberung des Luftraums. Zusammen ergab das noch vor dem Ersten Weltkrieg genügend Vorbilder für Fluggeräte in kleineren Serienfertigungen.

Gustav Otto - Pionier in Bayern

Der Flugzeugbauer Gustav Otto wurde 1883 in Köln als Sohn von Nicolaus August Otto geboren. Nach seinem Vater wurde der von diesem in den 1860er- Jahren mitentwickelte Viertakt-Verbrennungsmotor benannt. Als Flugzeug- und Motorenbauer hat Gustav Otto, besonders im Münchner Raum, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstehende Motorfliegerei mitgeprägt. Er war nicht nur der erste bayerische Flugzeughersteller, sondern mit dem Flugzeugführerschein Nr. 34 einer der frühen deutschen Piloten und Flugausbilder. Zudem gründete der Maschinenbauingenieur bis in die 1920er-Jahre eine Vielzahl von Unternehmen für Flug- und Fahrzeugbau auch außerhalb Bayerns.

Gustav Otto rief 1909 in München die Bayerische Auto-Garage GmbH, die Akademie für Aviatik und gemeinsam mit dem Flugzeugpionier Herbert Alberti die Aeroplanbau Otto & Alberti ins Leben. Im selben Jahr erwarb er drei Blériot- Eindecker, übernahm den Alleinverkauf für Blériot- Apparate aus Frankreich in Deutschland und die Leitung der Mülhausener Aviatik-Werke. Anschließend ging er mit Alberti, der schon mit Wilhelm Focke zusammen experimentiert hatte, an die Ausführung eigener Ideen. Da ihm die Anzani-Motoren der Blériot-Flugzeuge unzuverlässig und zu schwach erschienen, konstruierte er wassergekühlte Motoren mit 50, 100 und 160 PS, denen er den Namen AGO (Aviatiker Gustav Otto) als Herkunftsbezeichnung gab.

Sein Aeroplanbau Otto-Alberti wurde 1909 am Münchner Oberwiesenfeld aufgebaut, damals ein Exerziergelände, das Otto im Einvernehmen mit den bayerischen Militärbehörden als Flugplatz nutzen durfte. Als sein Mitbegründer das Unternehmen zwei Jahre später verließ, wurde die Firma in „Gustav Otto Flugmaschinenwerke“ umbenannt. Durch Zukauf eines Gebäudes in Kempfenhausen bei Starnberg expandierte Otto ab 1911 im Flugzeugbau. Bei Gründung der Königlich Bayerischen Fliegertruppe in Schleißheim nutzte er seine Kontakte zu den Militärbehörden und belieferte sie ab 1912 mit seinen Doppeldeckern. Sie blieben bis 1914 Standardflugzeuge der jungen königlich-bayerischen Fliegertruppen, erwiesen sich jedoch für den Fronteinsatz als zu schwach und wurden in der Folge für Schulungszwecke verwendet. Deshalb musste er 1915 den Flugzeugbau einstellen. Da er unter anderem als Folge einer schweren Krankheit auch noch in Zahlungsschwierigkeiten geriet, verkaufte er sein Werk. Die Konkursmasse wurde im folgenden Jahr mit der benachbarten Rapp Motorenwerke GmbH zur Bayerische Flugzeugwerke AG (BFW) fusioniert. 1917 kam es durch Fusion mit der von Franz Josef Popp geleiteten Bayerische Motorenwerke GmbH (BMW) zu einem neuen Großunternehmen.

Da der Versailler Vertrag erst einmal alle Hoffnungen auf die Produktion von Flugzeugmotoren zerstörte, hielt sich die Firma in den Nachkriegsjahren mit der Herstellung von Druckluft-Bremsen über Wasser. Daraus entstand die heutige Knorr- Bremse, als das Motoren-Geschäft wieder anlief und BMW 1922 zur AG umgewandelt wurde, die sich zunächst auf den Bau von Flugzeugmotoren und Motorrädern konzentrierte. Das heutige in je zwei blaue und weiße Viertel stilisierte Logo der Firma soll sich daher aus dieser Gründungsgeschichte von den zweiflügeligen drehenden Flugzeugpropellern ableiten. Ein schöner Gedanke, aber nicht zutreffend, wie Florian Triebel in einem Artikel nachweist: „Erst 1929 taucht erstmalig der ,Propeller-Mythos‘ auf. Die neue Sinngebung sollte wohl die Marketingbemühungen für die Produktsparte Flugmotoren unterstützen. Dennoch hat diese Deutung eine eigene Berechtigung und Tradition, da sie nun schon seit 75 Jahren erzählt und weitergetragen wird.“

Motorisierte Fahrräder für die Post

Otto gründete 1918 mit der Otto-Werke GmbH in München ein neues Unternehmen für das von ihm entwickelte Fahrrad mit Hilfsmotor unter dem Namen „Flottweg“, das er bis in die 1920er-Jahre unter anderem für die Postzustellung produzierte. Außerdem richtete er sich 1921 die Otto-Werft in Starnberg zur Produktion von Land- und Wasserfahrzeugen ein, die 1923 in eine AG umgewandelt wurde. Als seine zahlreichen Firmen und Unternehmensbeteiligungen in diesen politisch und wirtschaftlich chaotischen Zeiten fusionieren mussten oder liquidiert wurden, zog er sich auf seine Werft am Würmsee zurück.

Ernst Udet - tollkühner Pilot

„Auf dem Flugplatz bemerkte ich jeden Morgen schon in aller Frühe einen jungen Mann, der uns bei der Arbeit zuschaute und mir besonders durch seine Kleidung – Pumphosen und steifer Hut – auffiel“. Auf dessen Bitte, einmal mitzufliegen, wurde jedoch eine schriftliche Erlaubnis des Vaters verlangt, denn der Neugierige war erst 16 Jahre alt. So begann die Karriere von Ernst Udet als einer der berühmtesten Jagdflieger des Ersten Weltkriegs, Kunst- und Sportflieger der 1920er- und 1930er-Jahre sowie Generaloberst, Generalluftzeugmeister und Chef des Technischen Amts der Deutschen Luftwaffe während des Nationalsozialismus. Die zitierte Erinnerung stammt vom Flugpionier Leo Roth, der 1913 für den Flugzeugbauer Gustav Otto in München die sogenannte Stahltaube, eine komplizierte Maschine, einfliegen sollte, deren (allerdings schwanzlastigen) Rumpf Otto für den Hersteller Rumpler konstruiert hatte.

Nachdem der 1896 in Frankfurt geborene Ernst Udet bereits als Dreizehnjähriger mit seinen Freunden im Vorfeld der ersten internationalen Luftfahrtausstellung (ILA) in Frankfurt 1909 den Aero Club München gegründet hatte, wurden die Gustav Otto Flugmaschinenwerke in einem Holzschuppen in Milbertshofen ein beliebtes Ausflugsziel des Schülers. Nachgerade als Stammgast auf dem Werksgelände erfüllte sich hier sein sehnlichster Wunsch: einmal zu fliegen.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 meldete sich der flugbegeisterte junge Mann als Freiwilliger. Aufgrund seiner Körpergröße unter 1,60 Meter hatte man jedoch bei keinem Truppenteil Verwendung für ihn. Er kam aber bei den freiwilligen Motorradfahrern unter, da ihm sein Vater ein eigenes Motorrad geschenkt hatte. Als das Heer den Vertrag mit dieser Truppe bereits im Oktober auflöste und er entlassen war, hatte er nur ein Ziel, um weiterzukommen: Er musste fliegen lernen. Und da konnte der befreundete Otto helfen, der neben seiner Fabrik – wie damals üblich – auch eine Fliegerschule am Oberwiesenfeld betrieb.

Werft am Starnberger See

Im März 1913 bekam der Unternehmer Gustav Otto von der Baupolizei in Starnberg einen Bescheid auf seine Anfrage, eine Flugzeughalle für Wasserflugzeuge und Flugversuche am Starnberger See zu errichten: „Diese darf tatsächlich nur als Flugzeughalle Verwendung finden und nach Beendigung der hiesigen Flugversuche ist diese wieder aus dem See zu entfernen. Die Wände sind in waagrechter, jalousienartig überlukter Schalung. Das Dach ist in Schindeln einzudecken. Wegen der Nähe zum Freibad darf das Wasser nicht durch Öl oder dergleichen verunreinigt werden.“ Das Werftgrundstück gehörte Otto und seinem Partner Heinz von Morgan, es befand sich ... (Anja Behringer)

Abbildung: Beim Rennen auf dem zugefrorenen Eibsee kämpfte Ernst Udet gegen Ulrich Maag im Bugatti
T35C und Josef Möritz auf einer Victoria. (Foto: BSB Bildarchiv)

Lesen Sie den vollständigen, reich bebilderten Beitrag in der Ausgabe Juli/August von UNSER BAYERN, die der BSZ Nr. 27 vom 5. Juli 2019 beiliegt.

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