Unser Bayern

Eine Besonderheit im Bestand des Historischen Vereins sind die hölzernen Druckstöcke zu Ortswappen aus der Sammlung des Kartographen Philipp von Appian. (Foto: Historischer Verein)

16.11.2012

Privater Sammeleifer

Der Historische Verein von Oberbayern feiert heuer sein 175jähriges Bestehen

König Ludwig I. gilt nicht nur als Vater der Denkmalpflege in Bayern, sondern auch als Gründer der Historischen Vereine, selbst wenn er dies zunächst nicht expressis verbis ausgesprochen hat. Und – anders als bei anderen kulturpolitischen Projekten – gab es in diesem Fall keine konkreten Planungen in seiner Kronprinzenzeit. Doch historisch interessiert, wie er war, kannte Ludwig I. artverwandte Unternehmungen, die sich jenseits der weißblauen Grenzen etabliert hatten. Geschichtsvereine, die sich der Erforschung der vaterländischen Geschichte widmeten, erschienen auch ihm ein probates Mittel, den nach dem Ende der Napoleonischen Zeit neu entfachten und durch die Romantik vertieften Nationalgeist zu fördern. Als erster historischer Verein auf dem Gebiet des deutschen Bundes war auf Veranlassung des Freiherrn Karl vom und zum Stein im Jahr 1819 die „Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde" in Frankfurt am Main ins Leben gerufen worden; sie hatte sich zum Ziel gesetzt, historische Quellen zu sammeln und zu edieren: die in Fachkreisen weltbekannten Monumenta Germaniae Historica. König Ludwig wurde eines der ersten Ehrenmitglieder in diesem Verein. Diese Frankfurter Vereinigung hatte vor allem die Reichsgeschichte im Auge, doch gingen bald auch die Lokalhistoriker vor Ort „ad fontes", zu den Quellen. In der Folge entstanden die ersten Provinzialvereine: in Naumburg, Wiesbaden, Paderborn, Münster, Dresden und andernorts. Es begann das Sammeln von „Altertümern" aller Art. In Bayern tat sich zunächst wenig, zumindest nichts auf Vereinsbasis. In Akademiekreisen war man bereits seit Jahrzehnten, ja sogar Jahrhunderten aktiv. Doch die Dilettanten – damals durchaus nicht despektierlich gemeint, sondern lediglich der Ausdruck für Nichtfachleute meist aus dem gebildeten Bürgertum – agierten höchstens in kleinen privaten Zirkeln. Das sollte sich bald ändern. Am 25. Oktober 1825 bestieg Ludwig I. den Thron. Im selben Jahr begann Eduard von Schenk das Bildungswesen in Bayern zu bestimmen. Und 1828 wurde der Hofrat und Geheime Archivdirektor Joseph Freiherr von Hormayr aus Wien nach München berufen, der sich mit den damals in den K. u. K. Provinzen entstandenen „Musealvereinen" bestens auskannte. Zusammen waren sie der Meinung, dass „der Sinn für Vaterlandsgeschichte" aus dem Sinn für „Vaterortsgeschichte" hervorgehen müsse. In Villa Colombella bei Perugia arbeitete sich Ludwig I. durch einen Reskripts-Entwurf Schenks vom 12. Mai, den er eine Woche später als Kabinettsbefehl dem Innenministerium zuleitete. In diesem Schreiben wurde zur Erforschung, Bewahrung und Inventarisierung der „architektonischen, plastischen und anderen Denkmale" aufgefordert. Zudem sprach der König von „Geschichts- und Kunstfreunden des Orths, welche sich wohl dazu geneigt finden dürften". Dieses Schreiben vom 27. Mai 1827 gilt nicht nur als „Geburtsurkunde" der amtlichen Denkmalpflege in Bayern, sondern auch der historischen Vereine, obwohl die Erforschung der vaterländischen Geschichte in Kreisvereinen in diesem Schreiben nicht ausdrücklich gefordert wurde. Während man in München noch Ideen sammelte, war man in Oberfranken bereits zur Tat geschritten. Am 31. März 1827 hatten Bayreuther „Freunde der vaterländischen Geschichte und Alterthumskunde" zur Gründung eines Provinzialvereins eingeladen, der das Territorium der einstigen Markgrafschaft als Betätigungsfeld betrachtete. Doch auch in anderen Kreisen wurde man nach der königlichen Willensäußerung aktiv in Sachen historischer Kreisvereine. Anfang des Jahres 1830 wurde der Verein des Rezat-Kreises in Ansbach und Nürnberg gegründet. Im Juni desselben Jahres folgten der Obermainkreis und der Rheinkreis. Am 13. August traf man sich in Passau, am 20. November 1830 in Regensburg und am 22. Januar 1831 schließlich in Würzburg. Überall entstanden historische Kreisvereine. Am längsten ließ man sich in München Zeit. Dort gab es bereits seit 1819 den romantisierenden Ritterverein „Humpenau", der sich um den Bildhauer Ludwig von Schwanthaler geschart hatte, sowie weitere „Ritterbünde", dazu wissenschaftliche Institutionen wie die Akademie und später auch die Universität. Für weitere Zusammenschlüsse sah man zunächst keine Notwendigkeit. Zwar gingen am 11. Juni 1830 auch in München eine „Bekanntmachung den historischen Verein für den Isar-Kreis betreffend" und die „vorläufigen Statuten" in Druck, doch wurde dem Verein durch die am 24. April 1831 gegründete „Gesellschaft für deutsche Altertumskunde von den drei Schilden" das Wasser abgegraben. König Ludwig sah dies offensichtlich ganz entspannt, denn im November 1831 bestätigte er die Statuten dieser Gesellschaft, die sich für die „Bewahrung teutscher Kunst und Art" stark machte und wo so namhafte Gelehrte wie Eduard von Schenk, Joseph Görres und der fränkische Freiherr Hans von Aufseß, der Gründer des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, ein- und ausgingen. Während man von dem geplanten Historischen Verein des Isarkreises, dem „schön und lebhaft begonnenen Unternehmen", wie Georg Leidinger in seiner Festrede zum 100jährigen Bestehen des Vereins 1937 meinte, schon bald nichts mehr hörte, herrschte bei den „drei Schilden" tatsächlich reges Leben. Doch letzten Endes setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Gesellschaft zwar schön und gut sei, den Anforderungen an einen historischen Verein auf die Dauer jedoch nicht ganz entsprechen konnte. Man nahm einen neuen Anlauf, und am 11. Dezember 1837 war es endlich so weit: ein neuer, lebensfähiger „Historischer Verein für Oberbayern" wurde von zunächst 20 Mitgliedern aus der Taufe gehoben. Die Gesellschaft von den drei Schilden ging mitsamt ihrer wertvollen Sammlung darin auf. Auch in diesem Fall legte jedoch Ludwig I. Wert darauf, die Statuten höchst persönlich zu genehmigen. Gleich nach der Gründung ging man energisch ans Werk, baute eine Bibliothek, eine Grafik-, eine Münz- und Medaillensammlung auf, und auch noch eine archäologische Sammlung. Weitere thematische Schwerpunkte waren seit den 1840er Jahren eine Wappen- beziehungsweise Siegel-Sammlung und eine Sammlung von Porträts. Lange bevor das Bayerische Nationalmuseum und das Münchner Stadtmuseum gegründet wurden, hatte privater Sammeleifer bereits umfangreiche Bestände zusammengetragen. Dabei ging es jedoch nicht ganz ohne Reibereien ab.  (Cornelia Oelwein) Lesen Sie den vollständigen Beitrag im November-Heft von Unser Bayern. Abbildungen (von oben): Aus der Manuskriptsammlung des Vereins stammt dieses Blatt, das im April 1841 bei Pasing entdeckte römische Objekte zeigt.  Auch wenn der Verein  schon einige Blätter verkauft hat, pflegt er noch immer eine große Sammlung mit Aquarellen von Carl August Lebschée; hier eine Ansicht der Münchner Franziskanerkirche (1846). Der Historische Verein hat von Beginn an mehrere Sammlungsgebiete gleichzeitig aufgebaut. Im umfangreichen Buchbestand findet sich zum Beispiel das hier abgebildete kleine „Beutelbuch". Der Hausrock Ludwigs I. (um 1800). Der sparsame Wittelsbacher soll ihn mehr als 60 Jahren lang getragen haben, wie ein ehemaliger Kammerdiener bezeugte. Prinz Luitpold schenkte den Mantel im Jahr 1870 dem Historischen Verein, heute befindet er sich als Dauerleihgabe im Münchner Stadtmuseum. (Fotos: Historischer Verein)

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