Wirtschaft

Bayerns Energieminister Hubert Aiwanger stellt mit Steins Bürgermeister Kurt Krömer das Projekt vor, bei dem 1200 Haushalte versorgt werden sollen. (Foto: Wraneschitz)

25.02.2022

Bayerns Energieminister ist begeistert

Spatenstich für die künftige innovative Wärme- und Stromgewinnung der Stadtwerke Stein

An der Universität Bayreuth oder bei den Stadtwerken Bad Reichenhall beispielsweise laufen schon iKWK-Systeme (siehe Kasten). Letzte Woche nun der Spatenstich für die künftige innovative Wärme- und Stromgewinnung der Stadtwerke Stein: Zu diesem offiziellen Baustart war sogar Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) angereist. Fast genau zwei Jahre zuvor, im Januar 2020, hatte Kurt Krömer (Steiner Bürgergemeinschaft), der Erste Bürgermeister der Stadt Stein bei Nürnberg, gejubelt: „Wir spielen nun in der Energie-Bundesliga.“ Denn im Dezember 2019 hatten die Stadtwerke den Zuschlag der Bundesnetzagentur (BNetzA) für ein iKWK-System erhalten.

Energieautark aufgestellt

Mit seiner Anwesenheit wollte Aiwanger deutlich machen: Stein mache sich „auf den Weg, so weit es geht energieautark aufgestellt“ zu sein. Und: Der Freistaat habe mit der Förderung des Gesamtenergiekonzepts (GEK) für die Kommune für die Voraussetzungen gesorgt, damit überhaupt ein nach den Bedingungen der iKWK-Ausschreibung förderfähiges Projekt entwickelt werden konnte.

Für das Steiner GEK war das Institut für Energietechnik IfE der Technischen Hochschule TH Amberg-Weiden verantwortlich gewesen. Darin hatte das Team um IfE-Chef Markus Brautsch als „Vorzugsvariante“ ein sehr innovatives Zukunftskonzept vorgeschlagen, nämlich die „Transformation“ des in den 1970er-Jahren entstandenen Nahwärmenetzes in Deutenbach „hin zu einem iKWK-System“. Und nach der Entscheidung des Aufsichtsrats hatten sich die Stadtwerke Stein in jener 2019er-Ausschreibung der BNetzA erfolgreich um die iKWK-Förderung des Bundes beworben. Nun also soll die Brautsch‘sche Idee Wirklichkeit werden: Das bestehende Nahwärmenetz im Ortsteil Deutenbach wird auf einen aktuellen, noch klimaschonenderen Stand gebracht. Bei der Versorgung von 1200 Haushalten sollen nach Fertigstellung jährlich über 4000 Tonnen CO2 gegenüber dem Ist-Zustand eingespart werden. Die iKWK wird – wie die Ausschreibungsbedingungen fordern (siehe Kasten) – im Wesentlichen aus drei neu zu installierenden Elementen bestehen:
Ein mit Erdgas versorgtes Blockheizkraftwerk (BHKW) mit maximal 3500 jährlichen Volllast-Betriebsstunden leistet elektrisch 1999 Kilowatt (kW) und thermisch 2100 kW. Das BHKW ist vor allem für die Winter-Wärmeversorgung zuständig. In dieser Zeit beträgt die Vorlauftemperatur im Wärmenetz etwa 90 Grad Celsius

Luft-Wasser-Wärmepumpe kommt im Sommer zum Einsatz

Im Sommer wird vor allem die Luft-Wasser-Wärmepumpe zum Einsatz kommen. Sie produziert aus einer elektrischen Leistungsaufnahme von 285 kW eine Wärmeabgabe von 850 kW und zählt als „Erneuerbarer Wärmeerzeuger“.

Das für die Zertifizierung als „innovativ“ zweite notwendige Element der Nutzung erneuerbarer Energien ist ein Power-to-Heat-System, das bei Windstromüberschuss 800 kW elektrische in 800 kW thermische Leistung umwandelt und in einem Wärmepuffer abspeichert.

Beim Spatenstich direkt an der Heizzentrale Deutenbach war zu sehen, dass das Nahwärmenetz schon länger existiert. Denn auf einer Freifläche davor lagen noch drei riesige Öltanks im bereits aufgegrabenen Boden: Die Wärmeversorgung wurde bis 2004 mit Ölkesseln bewerkstelligt. Seit 2004 sorgen drei Gaskessel im Heizhaus für die Wärme in den Häusern der einstigen Neubausiedlung im Südosten der Stadt, diese werden künftig für die Spitzenlast sorgen.

Auf der Freifläche, unter der bislang die Öltanks lagen, wird nun das Gebäude für das neue Gas-BHKW errichtet. Nach Aussage von Stadtwerke-Chef René Lukas wird es „H2-ready“ sein – also irgendwann mit „Grünem Wasserstoff“ betrieben. Ein Erzeugungskonzept dafür liege bereits vor, so Lukas.

Da die Heizzentrale in direkter Nähe zu einem Hochhaus steht, wurde für die im Vergleich zum BHKW lautere Wärmepumpe ein anderer Standort gewählt: Neben der Turnhalle des örtlichen Grundschulzentrums, um die Belastung der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten, wie Lukas betonte. Dass die frühzeitige „Integration der Anwohner“ und teilweise Änderung der Baupläne ihre Wirkung gezeigt hat, bewiese zudem die Tatsache, „dass wir ohne Rechtsanwälte und Gerichte nun bauen können“. Dass dies bei laufendem Betrieb des Netzes passieren muss, sei aber eine große Herausforderung, so der Stadtwerke-Geschäftsführer.

Bauen – das werden nicht die Stadtwerke selbst, sondern die Kulmbacher Firma Ago Energie und Anlagen GmbH als Generalunternehmerin. Ago-Geschäftsführer Günther Hein verwies unter anderem auf Erfahrung mit anderen iKWK-Projekten, beispielsweise mit dem ebenfalls aktuell im Bau befindlichen System der Stadtwerke Lemgo, das in der gleichen Ausschreibung wie Stein den Zuschlag der BNetzA erhalten hatte. Beim Spatenstich in Stein nannte Hein Ende September als Inbetriebnahmezeitpunkt für die Anlage hier, für Lemgo bis Jahresende.

Kein Projekt von der Stange

Für die TH Amberg-Weiden werde das iKWK-System in Stein schon bei der Inbetriebnahme „zum Reallabor, das wir wissenschaftlich begleiten, denn es ist kein Projekt von der Stange. Aber die Dekarbonisierung von Bestandswohnungsbau ist ein wichtiges Thema“, hob Markus Brautsch besonders hervor.

Energieminister Aiwanger nannte es „eine Ehre, dass ich dabei sein darf“ bei dem Spatenstich. Gleichzeitig warb er dafür, dass sich andere kleinere Städte – Stein hat gerade mal 14.000 Einwohner*innen – die Nachbarkommune der Großstadt Nürnberg zum Vorbild nehmen und ebenfalls ein vom Land gefördertes Energiekonzept (EK) erarbeiten lassen. Denn für den Ressortchef sind die Kommunen „die zentralen Akteure bei der ökologischen Energiewende“. Die könne nur klappen, wenn die Umsetzung vor Ort funktioniere.
(Heinz Wraneschitz)

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