Wirtschaft

Hier wütetete der Borkenkäfer: Stämme von gefällten Schwarzkiefern liegen in Deutschlands größtem Scharzkiefernwald auf dem Volkenberg (Landkreis Würzburg) am Rande eines Waldweges. (Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand)

10.01.2020

Brunner holzt gegen Kaniber

Bayerns früherer Forstminister kritisiert die Waldpolitik seiner Nachfolgerin - die giftet zurück

Bayerns früherer Landwirtschafts- und Forstminister Helmut Brunner (2008 bis 2018, CSU) macht seinem Ärger Luft und kritisiert die Waldpolitik der aktuellen bayerischen Staatsregierung und indirekt seine Nachfolgerin Michael Kaniber (CSU). Die giftet prompt zurück. Und dann bekommt auch Bestsellerautor Peter Wohlleben (Das geheime Leben der Bäume) sein Fett weg.

An Brunners Seite bei der Vorstellung seiner  „Initiative“ im Münchner „Spatenhaus“ sitzt geballte Forstkompetenz: Eberhard Sinner, Forstwirt und ehemaliger bayerischer Gesundheitsminister; Hans Baur, früher Geschäftsführer des Waldbesitzerverbands Bayern (WBV); Reinhard Mosandl, emeritierter Professor für Waldbau an der TU München und Pater Johann Wohlmacher vom Stift Schlägl im oberösterreichischen Mühlviertel und dort für den Klosterwald zuständig.

„2019 war ein doppeltes Katastrophenjahr für die Waldbesitzer und den Wald in Bayern“, klagt Brunner, dem in seinem Heimatlandkreis Regen in Niederbayern selbst einige Hektar gehören. „Borkenkäferexplosion und teilweise erhebliche Schneebrüche und Windwürfe haben eine existentielle Krise ausgelöst.“ Dadurch sei es zu einem „Überangebot an Bau- und Energieholz“ gekommen und infolge zu einem „noch nie dagewesenen Preisverfall“.

"Totholz gibt das schädliche CO2 wieder an die Atmosphäre ab"


Brunner rechnet vor: Für den Festmeter befallenen Holzes gäbe es nur noch 25 Euro, vor zwei Jahren seien es noch 60 bis 70 Euro gewesen. Die Aufarbeitungskosten seien mindestens genauso hoch – was zur Konsequenz habe, dass viele der rund 700 000 privaten Waldbesitzer in Bayern „demotiviert und resigniert“ darauf verzichten, wieder Ordnung zu schaffen und die Bäume einfach sich selbst überlassen; kommt billiger.

Was Brunner und seine Mitstreiter besonders aufregt: Angesichts des Klimawandels hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Oktober angekündigt, besonders naturnahe, alte Staatswälder aus der Nutzung herauszunehmen. Das ganz falsche Signal sei das, warnen die fünf Forstexperten. „Die jüngsten Ankündigungen zur Umgestaltung von Wirtschaftswald in einen Klimawald haben uns sehr irritiert.“

Das Gegenteil sei vielmehr richtig, die Waldbewirtschaftung müsse sogar noch intensiviert werden. Gerade bewirtschaftete Wälder seien gut für den Klimaschutz, ist das Quintett überzeugt. „Totholz gibt das schädliche CO2 wieder an die Atmosphäre ab, bewirtschaftete Wälder binden viel mehr Kohlendioxid.“ Der Gast aus Österreich ergänzt maliziös, bei ihm daheim käme „niemand auf eine solche Idee“.

Finanzielle Unterstützung in Höhe von 100 Millionen Euro jährlich gefordert

Und dann kommen die Herren ins Schwärmen. „Ein neues Holzzeitalter“, sieht Eberhard Sinner am Horizont heraufdämmern, wenn nur kräftig in Forschung und Entwicklung des Forstes investiert werde. Rund 100 Millionen Euro pro Jahr seien dafür allein in Bayern notwendig, zehn Jahre lang – also etwas eine Milliarde. Dazu brauche es jede Menge staatliche PR für den Rohstoff. „Universell einsetzbar“ sei Holz, etwa beim dringend notwendigen Neubau von Wohnungen. Die Verwertung einer einzelnen Eiche erlaube den Verzicht auf 200 Liter Rohöl.

„Wir brauchen das Holz, allein mit Wind- und Solarkraft werden wir die Energiewende nicht schaffen“, ist Professor Mosandl überzeugt. Die Deutschen müssten dafür aber endlich ihr romantisch-antiquiertes Verhältnis zum Wald ändern. Mitschuldig an selbigem sei unter anderem Autor Peter Wohlleben „fachlich falschen Unsinn“ schreibe der in seinen Büchern, schimpft der Wissenschaftler.

Derweil weist die neue Agrarministerin Kaniber Brunners Kritik zurecht. „Offensichtlich hat er die Pläne missverstanden. Die Ausrichtung auf den Klimawald ist das Gebot der Stunde.“ Ihr Vorgänger verbreite lediglich „Allerweltsweisheiten“. (André Paul)

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