Die bayerische Wirtschaft konnte 2023 eine Rezession vermeiden, sie steckt aber in der Stagnation. Daran wird sich auch 2024 nichts ändern“, erklärte vbw Präsident Wolfram Hatz bei der Vorstellung des aktuellen vbw „Weißbier-Index“ für das Frühjahr 2024. Das globale Umfeld, die strukturellen Standortprobleme und nicht zuletzt die Politik der Bundesregierung belasten laut Hatz die Wirtschaft. Es mache sich zunehmend Frust in den Unternehmen breit, der zu Investitionszurückhaltung im Inland führt. „Wir brauchen dringend ein rigoroses Umsteuern in der Bundespolitik. Die Ampel muss endlich den Schalter umlegen für eine vernünftige Standortpolitik in Deutschland.“
Der vbw Index der bayerischen Wirtschaft ist weiter gesunken, das Weißbierglas hat sich weiter geleert, so Präsident Hatz. Gegenüber Herbst 2023 ist der vbw Index um sechs auf 87 Punkte zurückgegangen und liegt nun deutlich unter dem Normalniveau von 100.
Wie bereits im Herbst hat sich vor allem der Lageindex Wachstum verschlechtert, der die allgemeine Konjunkturlage beschreibt. Er sank um elf auf 85 Punkte. Verantwortlich ist nach den Worten des vbw Präsidenten vor allem die Lageeinschätzung durch die Unternehmen und die Fakten. Der Prognoseindex Wachstum, der die künftige Geschäftslage angibt, blieb weitgehend unverändert auf niedrigem Niveau bei 80 Punkten. Er zeigt somit keine Besserung der Konjunktur an. Die Auftragslage sei schwach, die Unternehmen pessimistisch, erklärte Hatz.
Der Lageindex Beschäftigung ist nach den Worten des vbw Präsidenten immer noch der stabilste Teilindex. Er ging leicht von 99 auf 97 Punkte zurück. „Der Arbeitsmarkt ist also nach wie vor robust.“ Allerdings sank der Prognoseindex Beschäftigung um elf auf 85 Punkte. „Das heißt, die Risiken für den Arbeitsmarkt nehmen zu.“
Der der Vorstellung des vbw Index im Herbst letzten Jahres hatte Hatz bereits gesagt: „2023 ist ein Jahr der wirtschaftlichen Stagnation.“ Die Zahlen des aktuellen vbw Index zeigen, so der vbw Präsident, „daran wird sich im laufenden Jahr nichts ändern“. Die Energiepreise bleiben auf erhöhtem Niveau. Das außenwirtschaftliche Umfeld bleibt schwach und risikobehaftet. Die Auftragslage ist schwach. Bei den Zinsen ist zumindest keine durchgreifende Wende absehbar. Die Bundesregierung sorgt durch ihren unsteten sowie unklaren Kurs für Verunsicherung und Attentismus. Die Inflation habe sich zwar normalisiert, im Konsum schlage sich das aber noch nicht nieder. Die Verbraucher seien zu stark verunsichert. Gleiches gelte für die Unternehmen. „Die Stimmung in der Wirtschaft ist schlecht, beim Blick nach vorne überwiegt der Pessimismus.“
Rigoroses Umsteuern
der Politik notwendig
Auch die harten Daten, die bisher für das laufende Jahr vorliegen, senden laut Hatz keine Signale einer konjunkturellen Besserung. Die Auftragseingänge in der bayerischen Industrie gehen zurück (- 9 Prozent Januar/Februar). Die Baugenehmigungen liegen kräftig unter dem Vorjahresniveau (- 22 Prozent Januar/Februar). Das Gastgewerbe stagniert (Umsatz Gastronomie: - 2,4 Prozent; Umsatz Beherbergungsgewerbe: + 2,5 Prozent Januar/Februar). Lediglich der Einzelhandel sei mit einem leichten Plus ins Jahr gestartet (+ 1,5 Prozent).
Die vbw und Hatz bleiben bei der Prognose, dass die bayerische Wirtschaft im laufenden Jahr um bestenfalls 0,3 Prozent wachsen wird. Man steuere faktisch also auf ein weiteres Jahr der Stagnation zu. „Doch das können wir uns nicht leisten. Wir brauchen jetzt ein rigoroses Umsteuern der Politik.“ In diesem Zusammenhang betonte der vbw Präsident, dass er, aber auch die vbw als Organisation, die letzten sind, die nach dem Staat rufen, damit er die Wirtschaft aktiv ankurbelt. „Unsere Unternehmen muss niemand ankurbeln. Aber wenn die Bundesregierung Fuß- und Handbremse gleichzeitig drückt und dazu noch eine Park-Kralle anlegt, dann kommt selbst ein bayerisches Auto nicht voran.“ Für Hatz ist der Standort Deutschland in Gefahr, wenn nicht bald etwas passiert.
Diese Bremsen sind laut Hatz zu hohe Energiekosten und keine Verlässlichkeit der Energieversorgung, zu hohe Steuern und Abgaben, zu hohe Arbeitskosten und zu wenig Fach- und Arbeitskräfte sowie eine viel zu hohe und zu dichte Bürokratie und Regulierung.
Die Bundesregierung müsse die Bremsen lösen, damit der Wirtschaftsmotor wieder laufen kann. Die Ampel habe bis heute keine Lösung für die verlässliche Sicherstellung bezahlbarer Energie für die Unternehmen in Deutschland. Die Energiepreise seien zwar gegenüber den Rekordständen von 2022 gesunken; sie liegen aber immer noch um 30 Prozent höher als im Jahr 2021. Außerdem unternehme die Bundesregierung nichts gegen die hohe Steuer- und Abgabenlast. Der Unternehmenssteuersatz in Deutschland liegt bei 29,9 Prozent – das sind über acht Prozentpunkte mehr als im EU-Schnitt. Das Wachstumschancengesetz habe auch nur marginale Besserungen gebracht.
Darüber hinaus, so Hatz, unternehme die Ampel nichts gegen den Anstieg des Beitragssatzes zur Sozialversicherung. Dieser liegt inzwischen bei 40,9 beziehungsweise 41,5 Prozent für Kinderlose. Ziel müsse es aber sein, dass der Beitragssatz dauerhaft unter 40 Prozent bleibt, damit die Arbeitskosten im Griff bleiben. Ferner ersticke die rot-grün-gelbe Bundesregierung Unternehmen mit Bürokratie, Vorgaben und Regulierungen. Es sei zwar ein Belastungsmoratorium angekündigt worden, doch die bürokratischen Belastungen würden weiter ansteigen, kritisierte der vbw Präsident.
Ein Umsetzungs-
und Erkenntnisproblem
Die Ampel müsse endlich handeln. Doch dafür müsste sie die Problemlage erst einmal erkennen, erklärte Hatz süffisant. „Wir haben nicht nur ein Umsetzungsproblem. Wir haben – zumindest in entscheidenden Teilen der Ampelkoalition – auch ein Erkenntnisproblem. Man will nicht wahrhaben, dass wir in einer wirtschaftlichen Krise stecken. Mir kommen die drei Ampelparteien fast vor wie die drei berühmten Äffchen: Nichts hören, nichts sehen, nichts reden – zumindest nicht mit der Wirtschaft. Innerhalb der Koalition wird leider viel zu viel geredet und gestritten, aber nichts gemacht.“ Nach Ansicht des vbw Präsidenten haben insbesondere Politiker von SPD und Grünen die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Er könne jedenfalls nichts Positives erkennen. Hatz forderte eisernes Sparen.
Die Bundesregierung dürfe nicht länger die Augen vor den wirtschaftlichen Schwierigkeiten verschließen. Bundeskanzler Olaf Scholz verweise dabei immer auf die gute Arbeitsmarktsituation. „Ja, der Arbeitsmarkt ist Gott sei Dank sehr robust. Mit einer Arbeitslosenquote von aktuell 3,6 Prozent herrscht in Bayern weiterhin Vollbeschäftigung. Die Zahl der Beschäftigten steigt weiter an. Aber je länger die wirtschaftliche Schwächephase anhält, desto größer werden die Risiken auch für den Arbeitsmarkt“, wies Hatz auf die trügerische Robustheit des Arbeitsmarkts hin. Denn seit eineinhalb Jahren steige die Arbeitslosigkeit in Bayern moderat an, insgesamt um 30 000 Personen. Parallel dazu gehe die Zahl der offenen Stellen zurück. Auch seien die Beschäftigungspläne der Unternehmen per Saldo negativ und die Anzeigen zur Kurzarbeit seien gerade in Bayern zuletzt gestiegen.
Noch seien es nur Warnsignale, so der vbw Präsident, die man aber ernst nehmen sollte. Er erklärte dies nicht nur in Richtung Bundesregierung, sondern auch in Richtung Gewerkschaften. Bei allem Verständnis, dass die Beschäftigten nach zwei Jahren mit hohen Preissteigerungen wieder mehr auf dem Konto haben wollen: „Die Tarifabschlüsse, die wir in der jüngsten Vergangenheit hatten, sprengen jedes Maß. Wenn wir so weitermachen, setzen wir nicht nur eine Lohn-Preis-Spirale in Gang, wovon die Beschäftigten am Ende auch nichts haben; wir setzen vielmehr unsere noch positive Arbeitsmarktlage auf’s Spiel. Ich kann die Gewerkschaften nur davor warnen, die Knappheiten auf dem Arbeitsmarkt für überzogene Lohnsteigerungen ausnutzen.“
Das könne schnell zum Bumerang werden. Denn wenn die Unternehmen ohnehin Probleme haben, genügend Fach- und Arbeitskräfte zu finden und wenn die Kosten der Arbeit auch noch massiv steigen, dann ist es laut Hatz nur noch ein kleiner Schritt, dem Standort Deutschland den Rücken zu kehren. „Das will niemand. Deshalb sollten wir jetzt alle gemeinsam an einem Strang ziehen, um unsere Volkswirtschaft zukunftsfest zu machen und wieder auf Wachstumskurs zu bringen.“ (Friedrich H. Hettler)
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