Wer hier beruflich einsteigt, denken viele, braucht nicht allzu viel Begabung. „Gemeinhin wird mit der Müllabfuhr eine einfache und unkomplizierte Tätigkeit verbunden“, sagt Matthias Lesti von der Kommunalen Abfallwirtschaft im Landkreis Aichach-Friedberg. Doch das stimmt längst nicht mehr. Müllentsorgung ist etwas höchst Komplexes geworden – und immer weniger Menschen wollen in der Branche arbeiten. In der Folge kann der Müll nicht immer zum anvisierten Zeitpunkt abgeholt werden.
Zum internationalen Tag der Müllabfuhr am 17. Juni wünschen sich die Entsorgungsbetriebe von der Politik praxistauglichere Vorgaben. Zudem bräuchte es dringend Lösungen für das sich zuspitzende Personalproblem. „Der Fahrermangel ist ein Problem, was unseren Betrieben immer stärker zusetzt“, warnte Peter Kurth, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), bereits 2022. Damals fielen erstmals Entsorgungstouren aus – etwa im Landkreis Starnberg. Das, prophezeite der BDE, werde sich künftig häufen.
In Bayern sind diverse, aber längst nicht alle Regionen vom Personalmangel betroffen. Der Abfallwirtschafts- und Reinigungsbetrieb der Stadt Augsburg etwa hat im Moment keine Probleme, seine 63 Planstellen für Fahrer in der Müllabfuhr und seine 18 Planstellen für Mitarbeiter auf den Wertstoffhöfen zu besetzen. Akuter Mangel herrsche nicht.
Nicht geleerte Tonnen
Wolfgang Müller, Sprecher im Landratsamt Landsberg am Lech, berichtet dagegen: „Unsere Auftragnehmer melden uns durchaus Fahrermangel bei der Müllabfuhr.“ Als Grund würde von den Vertragspartnern des Kreises unter anderem die teure Führerscheinausbildung genannt. Während die Müllabfuhr von externen Firmen übernommen wird, stellt der Landkreis selbst das Personal auf seinen Wertstoffhöfen. Aktuell gibt es hier noch keine Personalprobleme.
Jeder der 32 Wertstoffhöfe kann mit mindestens zwei Personen besetzt werden. Es zeichnen sich jedoch Probleme ab, denn die meisten Beschäftigten sind Ruheständler. In Landsberg rechnet man damit, dass es bald Fachpersonal braucht, um alle Anforderungen an die verschiedenen Müllsorten erfüllen zu können. Dies betreffe nicht zuletzt den Umgang mit Elektroschrott oder Batterien.
Bleibt die Tonne mit dem ganzen Müll drin stehen oder wird der Gelbe Sack nicht abgeholt, klingelt prompt das Telefon beim kommunalen Entsorger. Empörte Bürger beschweren sich. Davon kann Lesti im Landkreis Aichach-Friedberg ein Lied singen.
Der Missmut ist für ihn auch nachvollziehbar: „Die Bürger bezahlen Müllgebühren und erwarten dann natürlich auch, dass die Tonne geleert wird.“ Er erklärt unzufriedenen Kunden am Telefon, wie schwierig die aktuelle Lage ist. Etwa, dass der externe Vertragspartner des Landkreises personelle Probleme hat. „Es fehlen derzeit viele Fahrer“, sagt Lesti.
Zwar verdienen die Fahrer deutlich über Mindestlohn. Dennoch würde aber kaum noch jemand Müllfahrer werden wollen, so Lesti. Das wiederum hat nicht in erster Linie mit dem Image des Berufs zu tun. Der Job sei vielmehr richtig stressig. Schwere Tonnen müssen gewuchtet werden, egal ob es kalt ist, regnet oder gar schneit.
Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Fürstenfeldbruck kooperiert bei der Entsorgung mit mehreren Unternehmen. Nach Auskunft dieser Firmen wird es zunehmend schwieriger, Personal zu finden. Immerhin: An den Wertstoffhöfen im Landkreis sind alle Stellen besetzt. Insgesamt beschäftigt der Landkreis 239 Mitarbeiter auf seinen fast 40 Wertstoffhöfen.
Sollte sich die personelle Situation weiter verschärfen, könnte es auch im Landkreis Aichach-Friedberg so weit kommen, dass die Mülltonnen nicht mehr regelmäßig geleert werden. Die Kommunale Abfallwirtschaft kämpft allerdings nicht nur mit dem Personalmangel. Für Lesti ist die Umsetzung der vor knapp drei Jahren in Kraft getretenen Novelle über die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten problematisch.Verlangt würde zum Beispiel, dass die Geräte in einem Container mit einem Fassungsvermögen von 38 Kubikmetern sowie sieben kleineren Behältnissen gesammelt werden. Im Ergebnis landeten kleine Elektrogeräte oft weiterhin im Müll.
Abfallentsorger kritisieren zudem, dass die Ausschreibungen immer komplizierter werden. Jeder Müllbereich muss einzeln ausgeschrieben werden. Wer entsorgt das Altpapier, wer Biomüll oder Glas? Selbst auszuschreiben, sei vor allem für kleinere Abfallentsorger inzwischen unmöglich geworden, so Lesti: „Geht es um eine große Hausmüllsammlung, ist ein Leistungsverzeichnis von 100 Seiten auszufüllen“, berichtet er. Entsorger seien gezwungen, mit großen Fachbüros zusammenzuarbeiten. Dies wirke sich am Ende auf die Müllgebühren aus.
Das größte Problem ist der drohende Personalmangel. Doch die Betriebe steuern gegen: Inzwischen gibt es erste Versuche, Wertstoffhöfe ohne Personal zu betreiben.
In Landsberg steht man solchen Ideen für Teilbereiche der Entsorgung aufgeschlossen gegenüber. In absehbarer Zeit könnten von Mitarbeitern betriebene Wertstoffhöfe aber wohl kaum vollständig ersetzt werden, so Müller. Die positiven Effekte autonomer Wertstoffhöfe liegen für ihn auf der Hand. So seien längere Öffnungszeiten möglich. Was den Bürgerservice verbessern würde. Das sieht man auch in Augsburg so. Dort denkt man gerade über einen autonomen, kameraüberwachten Wertstoff- und Servicepunkt nach. Durch längere Öffnungszeiten hofft man, wilde Müllablagerungen zu reduzieren. (Pat Christ)
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