Wirtschaft

Zur BAU 2015 rechnet die Messe München wieder mit mehr als 230.000 Besuchern. Reinhard Pfeiffer, stellvertretender Vorsitzender der Geschäfts- führung der Messe München International, ist stolz darauf, dass wieder mehr als 60.000 Besucher aus dem Ausland kommen werden. (Foto: Messe München)

09.01.2015

"Der Vision von der CO2-freien Stadt näherkommen"

Reinhard Pfeiffer, Vize-Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München International, über die Highlights der Messe BAU 2015

Die Weltleitmesse BAU steht vor der Tür. Vom 19. bis 24. Januar 2015 präsentiert die führende Technologieschau rund ums Planen und Bauen wieder Branchentrends, Fachforen und Innovationen. Wir sprachen mit Reinhard Pfeiffer, Vize-Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München International, über den weltweit größten Baubranchentreff seiner Art. BSZ: Herr Pfeiffer, was erwartet den Besucher der BAU 2015?
PFEIFFER: Drei Leitthemen werden auf der BAU 2015 den Takt vorgeben: Intelligent Urbanization, Mensch und Gebäude sowie Energie- und Ressourceneffizienz.

BSZ: Was verbirgt sich hinter Intelligent Urbanization?
PFEIFFER: Das Wachstum und der Wandel der Städte wird die Entwicklung im 21. Jahrhundert entscheidend beeinflussen. Denn der Wettlauf um eine ökologisch nachhaltige Zukunft findet vor allem in den urbanen Zentren statt. Rund zwei Drittel der Weltbevölkerung werden sich 2025 in Städten konzentrieren. Zugleich gehen aktuelle Extrapolationen von einem Anstieg des Primärenergiebedarfs von rund 50 Prozent aus, verbunden mit einem entsprechenden Anstieg der CO2-Emissionen.

BSZ: Und was hat das mit dem Bauen zu tun?
PFEIFFER: Bei Planung, Bau und Betrieb von Gebäuden und ganzen Stadtteilen müssen heutzutage vielfältige Aspekte berücksichtigt werden. Dazu zählen der demografische Wandel, der weiter wachsende Ressourcenverbrauch, die zunehmenden Klimaschwankungen und deren Auswirkungen, die Energiewende sowie die damit verbundenen Veränderungen in der Mobilität. Hinzu kommen neue Möglichkeiten durch die zunehmende Digitalisierung und das wachsende Bedürfnis der Bürger, an Planungs- und Entwicklungsprozessen ihres Lebensraums teilzuhaben. Alles in allem ist das ein sehr komplexes Thema. Klar aber ist: All diese Anforderungen sind nur durch ein Zusammenspiel von Stadtplanung, Architektur, Bautechnik und technischer Gebäudeausrüstung zu erfüllen.

BSZ: Spielt da auch die Vision der CO2-neutralen Stadt mit hinein?
PFEIFFER: Sicher. Die Verwirklichung dieser Vision kann aber nur gelingen, wenn gleichzeitig die energetische Modernisierung von Gebäuden und Produktionsanlagen, die zukunftsfähige Gestaltung einer nachhaltigen Mobilität sowie der Ausbau intelligenter Energienetze vorangetrieben werden. Städte müssen hier als Gesamtsystem gesehen werden.

BSZ: Was hat denn damit der zweite Schwerpunkt der BAU 2015, das Thema Mensch und Gebäude, zu tun?
PFEIFFER: Viel. Denn Mitteleuropäer und andere Menschen in Industriestaaten verbringen mehr als 80 Prozent ihrer Arbeitszeit in Büros oder anderen Innenräumen. Es ist erwiesen, dass optimale Raumbedingungen, also Faktoren wie Hygiene, Beleuchtung oder Akustik, das Leistungsvermögen der Nutzer fördern. Denkprozesse, Emotionen, Motivation, auch die Interaktion können so extrem verbessert werden. Im Gegensatz dazu mindern schlechte Rahmenbedingungen unsere Leistungsfähigkeit und können auch zu wirtschaftlichen Einbußen führen.

BSZ: Kann hier die Gebäudegestaltung gegensteuern?
PFEIFFER: Ja, denn 80 bis 90 Prozent der Informationsaufnahme des Menschen erfolgt über das Auge. Insofern ist es nur logisch, der anforderungsgerechten Gestaltung und Planung des visuellen Umfelds eine hohe Bedeutung einzuräumen. Als zukunftsträchtig gelten praxistaugliche Lösungen, beispielsweise innovative Lüftungssysteme und eine aufeinander abgestimmte Steuer- und Regeltechnik. Die natürliche Kühlung oder Lüftung wird als Basis intelligenter Heiz- und Kühlsysteme genutzt. Raumakustik ist ein ebenso wichtiger Faktor. Schall absorbierende Baustoffe in Büros sind kaum mehr wegzudenken.

BSZ: Diese Systeme verbrauchen aber alle Energie. Wie passt das zum dritten Schwerpunkt der BAU 2015, der Energie- und Ressourceneffizienz?
PFEIFFER: Das passt sehr gut zusammen. Rohstoffpreise und Energiekosten steigen. Darum werden sich nur noch die Unternehmen auf dem Markt durchsetzen, die Materialien und Energie effizient und nachhaltig einsetzen. Auch im Gebäudebereich sind neue Technologien und Baustoffe nötig. Niedrigenergie- und Passivhäuser sind heute schon State of the Art. Der Trend zum Effizienzhaus Plus setzt sich fort. Im Sinne einer ganzheitlichen Bilanzierung von Gebäuden spielen nachhaltige und umweltverträgliche Dämmstoffe eine wichtige Rolle. Auch Technologien für das Recycling von Baumaterialien oder minimalinvasive Methoden für die Sanierung von Bestandsbauten sind wichtig. Die Entwicklung neuer aufeinander abgestimmter Fassadenkonzepte und effizienter Energieversorgungsmodelle für Gebäude und Siedlungen sind da nur konsequente und weiter notwendige Schritte für die Zukunft der Baubranche. Neue Bewertungs- und Berechnungswerkzeuge sowie intelligente Softwaretools unterstützen Architekten und Bauträger bereits in der Konzeptionsphase bei der Planung kosten- und energieeffizienter Gebäude. Bei diesem Thema ist nach wie vor vieles in Bewegung, deshalb ist es auch ein Schwerpunktthema der BAU.

BSZ: Wie viele Besucher erwarten Sie denn zur BAU 2015?
PFEIFFER: Wir rechnen wieder mit mehr als 230 000 Besuchern, wovon wieder rund 60 000 aus dem Ausland kommen werden.

BSZ: Woher kommen die meisten Besucher?
PFEIFFER: Wenn man jetzt mal das Inland betrachtet, dann kommen die meisten ganz sicher aus Bayern, gefolgt von Baden-Württemberg. Aber auch Fachbesucher aus dem Westen und Norden Deutschlands kommen in immer größerer Zahl. Dass die BAU eine Innovationsschau ist, die es so kein zweites Mal gibt, hat sich bis dorthin herumgesprochen. Was das Ausland angeht, führen natürlich die nahe gelegenen Nachbarländer Österreich und Italien das Ranking an. Immerhin mehr als 9000 Besucher kommen aus Ländern außerhalb Europas, insbesondere aus Asien.

BSZ: Und wie sieht es auf der Ausstellerseite aus?
PFEIFFER: Wir werden wieder mehr als 2000 Aussteller haben. Davon werden rund 30 Prozent aus dem Ausland kommen. Zur BAU 2013 lag deren Anteil noch bei 27 Prozent.

BSZ: Und Sie kriegen auch alle Aussteller unter?
PFEIFFER: Leider nicht. Auf der Warteliste stehen über 400 Aussteller, die jetzt nicht zum Zug gekommen sind. Darum bauen wir zwei neue Messehallen, die dann zur BAU 2019 zur Verfügung stehen werden. Aber diese Hallen dienen nicht nur der BAU. Auch andere große Leitmessen wie die Baumaschinenmesse bauma oder die Sportartikelmesse ispo brauchen mehr Ausstellungsfläche.

BSZ: Was kosten die neuen Hallen?
PFEIFFER: Rund 100 Millionen Euro, die wir aber als Messegesellschaft komplett selbst finanzieren.

BSZ Warum hat denn die BAU eigentlich auch am Samstag geöffnet? Da kommt doch kaum einer.
PFEIFFER: Der Samstag ist extrem wichtig. Denn das ist der Handwerkertag. Viele Handwerksbetriebe können aufgrund ihrer Auftragslage nicht während der Woche auf die Messe kommen. Für sie bleibt nur der Samstag. Weil wir das wissen, bieten wir den Samstag an.

BSZ: Neben den Handwerkern hat sich aber auch in den letzten Jahren eine weitere Zielgruppe herauskristallisiert, die für die BAU extrem wichtig ist, die Architekten.
PFEIFFER: Das ist richtig. Die BAU ist die Architektenmesse Nummer eins in der Welt. Kamen 2005 noch rund 25 000 Architekten zur BAU, waren es 2013 schon über 62 000. Die Zahl hat sich innerhalb von acht Jahren also mehr als verdoppelt.

BSZ: Wie teilt sich denn die BAU von den Zielgruppen her auf?
PFEIFFER: Etwa 36 Prozent machen das Bau- und Ausbaugewerbe aus, rund 32 Prozent der Baustoffhandel und 27 Prozent die Architekten. Diese sehr gleichmäßige Verteilung unserer Hauptzielgruppen ist für die BAU optimal.

BSZ: Wird es wieder die „Lange Nacht der Architektur“ geben?
PFEIFFER: Ja, natürlich. Diesmal beteiligen sich 50 Gebäude, so viele wie noch nie. Sie öffnen ihre Pforten am 23. Januar ab 19 Uhr für die Öffentlichkeit. Wir werden wieder verschiedene Touren anbieten, die Fahrt in den Shuttlebussen ist kostenlos. Bei der letzten BAU im Januar 2013 hatten wir rund 20 000 Teilnehmer bei der „Langen Nacht der Architektur“. Das ist ein Format, das es so in keiner anderen Stadt gibt und auf das wir sehr stolz sind. Lange Nächte der Museen, der Musik oder der Wissenschaft gibt es vielerorts, doch die „Lange Nacht der Architektur“ gibt es nur in München.

BSZ: Wie werden sich denn die Spannungen mit Russland auf die BAU auswirken?
PFEIFFER: Unsere Erwartungen sind hier naturgemäß für die BAU 2015 nicht hoch gesteckt. Aber Russland war immer eines der stärksten Besucherländer der BAU, gemessen an der Gruppe der internationalen Besucher. Trotz der aktuellen politischen Entwicklungen wird es aber dennoch wieder ein Russland-Forum auf der BAU 2015 geben – Motto „Energieeffizientes Bauen und Modernisieren in der Russischen Föderation“. (Interview: Ralph Schweinfurth)

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