Wirtschaft

Dieser Magnetmotor war auf der Messe zu sehen. (Foto: Wraneschitz)

09.11.2018

Die Welt der guten und kruden Ideen

Erfindermesse in Nürnberg: Vom Perpetuum Mobile zum kugeligen Wasserkraftwerk

Einmal im Jahr ist für nach Neuheiten Suchende so etwas wie vorgezogenes Weihnachten: Rund um Allerheiligen läuft auf dem Nürnberger Messegelände immer wieder die Erfindermesse IENA.

Die meisten Medien berichten sogar schon vor dem offiziellen Messestart über Neuheiten. Diese paar von der Messeleitung präsentierten Fundstücke sind aber nur ein ganz winziger Teil dessen, was in den Gängen der IENA-Halle tatsächlich alles zu finden ist. Doch die Mühe der Suche lohnt alle Jahre wieder: wie vorgezogenes Weihnachten eben.

Neues aus den Tüftelstuben


Gerade aus dem Energiebereich gelangte heuer wieder einiges Neues aus den Tüftelstuben in die (ebenfalls nagelneue) Messehalle 3C. Beim als blinkenden Raumfahrer verkleideten Berliner Erfinder Jian Hong Zhang beispielsweise blieben viele stehen. Doch die Wenigsten dürften verstanden haben, worum es bei seinem Ocean Ball tatsächlich geht. Denn die Kugel mit einem Meter Durchmesser war lediglich das Modell im Maßstab 1:5 jenes Prototypen, der „in zirka sechs Monaten fertig“ sein soll. Selbst bei kleinen Meeres-Wellenbewegungen werde seine Energiekugel bereits Strom produzieren; maximal 100 Kilowatt (kW) werde sie leisten, ist der Erfinder sicher.

Davon hat Zhang offenbar auch einen Investor überzeugt: Der unterstütze die Idee mit 20 Millionen Euro. Wer das ist, verrät der Ocean Ball-Erfinder aber nicht. Nur so viel: Das erste größere Projekt werde vor der indonesischen Küste verwirklicht.

„Wartungsfrei, Strom zu denselben Kosten wie atomar oder fossil erzeugt, 365 Tage im Jahr“ nennt der Berliner einige Vorteile. Bleiben noch zwei Fragen: Wie soll der Strom von einer größeren Menge Kraftwerkskugeln wirtschaftlich an Land transportiert werden? Und: Wie reagieren Umweltschutz und Schifffahrt auf die 5-Meter-Tonnen? Auch diese werden in Indonesien geklärt, ist Jian Hong Zhang sicher.

Neue Solarnachführung


Claus Tennler aus Nürnberg hat eine wirklich neuartige Solarnachführung entwickelt. Die Modulgestelle stecken in runden Wasserbottichen, und neben dem ganzen Solarfeld stehen nochmals zwei Bottiche. Die einzelnen Gestelle sind mit Seilen verbunden. Und in den Gefäßen rechts und links werden Gewichte durch den Wasserstand angehoben beziehungsweise abgesenkt. Lediglich zwei Wasserpumpen nebst Steuerung seien also für die Nachführung eines ganzen Kraftwerks nötig, hebt Ingenieur Tennler heraus. Kostengünstig sei das allemal.

Und sicher außerdem. Bei Sturm werde einfach das Wasser unter den Modulen abgelassen: Die Gestelle liegen dann waagrecht auf den Tonnen und sind geschützt, erläutert der Erfinder. Der hat das System im Übrigen bereits in USA zum Patent angemeldet.

 Die Erfindung sieht aus wie ein Sonnenspiegel zum Würstchen er-hitzen, ist aber das Modell einer solaren Meerwasserentsalzungsanlage. Die Idee des iranischen Landwirtschafts-Entwicklers Babak Jaberinasab: Die Entsalzung geschieht direkt durch das Verdampfen des Wassers im Spiegelpunkt, und das auch noch kontinuierlich. Ein Zwischenschritt über Osmose oder ähnliche Verfahren ist nicht mehr nötig. „Natürlich sind die wirklichen Konzentrator-Spiegel viel größer“, hebt Jaberinasab heraus. Nun sucht er nach Firmen, die sein Patent vermarkten.

Positiv und energiereich


So weit, so positiv und energiereich. Doch auf der IENA werden auch immer wieder Energien erforscht, die eher im Raum schweben. Ein paar solcher Maschinen, die man wohl besser als Perpetua Mobilia bezeichnen sollte, seien hier kurz vorgestellt.

Langting Sun und Lupin Wan wünschen sich sicher, dass die Welt noch öfter von ihnen hört oder liest. Auf der IENA 2018 hatten sie ihren „neuartigen Magnetmotor“ dabei. Der drehte auf dem Stand meistens unkommentiert vor sich hin. Doch manchmal blieb die Scheibe auch stehen.

Das Teil sei ja erst „die Vorerkundung“, hieß es dazu von den jungen Erfindern von der „No. 1 Middle School Zongshan City“ aus China. Ob man je davon hören wird, dass Suns und Lupins erster „echter“ Prototyp Energie aus Magneten gewonnen hat?

Dagegen funktioniert die Erfin-dung von Guo Zhiming und Kollegen heute schon. Das konnte am Stand der Quanhou Shingfeng Er Elektronik Technology Co. Ltd. aus China jeder Besucher erleben. Doch Radiowellen in Strom umzuwandeln ist nichts wirklich Neues: Um neben einem Funksender eine Neonröhre zum Strahlen zu bringen, braucht man keine Leuchte zu sein. Aber die „Erfinder“ ließen sich nicht davon abbringen: Sie hätten „eine neue Energie aus den elektromagnetischen Wellen der Umwelt“ entdeckt, erklärten sie.

Mikrozirkulation stärken


An der Yu Da University of Sci-ence and Technology in Taiwan wurde der „Photoelectric Quantum Chip“ entwickelt. Inzwischen ist die Erfindung – „eine der größten in der Quantenmedizin“ – schon 1,5 Millionen mal verkauft worden. „Der Chip versorgt den Körper mit Mikrowellen-Energie“ und „stärkt die Mikrozirkulation“. Man könnte meinen, das Teil wandelt das Altern zum Jüngern, so jedenfalls liest sich das Patent-Prospekt: Nicht weniger als „eine Zellreparatur“ wird versprochen.

Jede Menge Goldmedaillen aus der ganzen Welt haben die Taiwanesen damit schon gewonnen. Doch wie die Solar-Quantenstrahlung 365 Tage im Jahr 24 Stunden lang durch die Kleidung auf den Chip kommen soll, wird nicht erklärt.

Ob sie hoffen, die Oma überrascht den Opa zu Weihnachten mit diesem Regenerationswunder?
(Heinz Wraneschitz)

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