Wirtschaft

Dieser Zug blieb bei Albacete in der spanischen Region Castilla-La Mancha einfach stehen. (Foto: picture alliance/abaca/Europa Press/ABACA)

02.05.2025

Blackouts: "Engpässen vorausschauend entgegenwirken"

Richard Eckerle, Akademischer Direktor am Lehrstuhl für Elektrische Energieversorgung der Universität der Bundeswehr München, spricht in der BSZ über Blackouts und deren Konsequenzen

Am Montag brach in Spanien, Andorra, Teilen Portugals und einzelnen Regionen Frankreichs die Stromversorgung zusammen. Wegen des Megablackouts fuhren unter anderem keine Züge und U-Bahnen mehr. Auch das Mobilfunknetz kam zum Erliegen.

BSZ: Herr Eckerle, wie können Staaten, Betreiber kritischer Infrastrukturen und Unternehmen ihre Resilienz gegen solche großen Stromausfälle wie in Spanien und Portugal stärken?
Richard Eckerle: Großräumige Stromausfälle sind in Europa ein sehr seltener Vorfall. Das letzte, in Umfang und Dauer sehr große Ereignis fand am 28. September 2003 in Italien statt, als das ganze Land unmittelbar, und einige Regionen für mehr als 20 Stunden, ohne Strom waren. Die Ursache waren Ausfälle im Höchstspannungsnetz, die erst zu einer Netzabtrennung und dann zu einem Netzzusammenbruch geführt haben. Die Konsequenzen sind, mit jeder Stunde, die vergeht, immer gravierender: Geschäfte, Banken, Ampeln, Aufzüge, U-Bahnen, Internet, Wasserversorgung, der gewohnte Alltag ist unmittelbar und umfassend betroffen und das öffentliche Leben bricht immer mehr zusammen, wie das fiktiv in einem Roman bereits recht treffend beschrieben ist.

BSZ: Gab es auch hierzulande schon größere Stromausfälle?
Eckerle: In Deutschland waren größere Stromausfälle, wie im Münsterland 2005 oder im Alpenvorland und Schwaben 1994, bisher regional begrenzt und konnten durch Notstromversorgung und Notmaßnahmen rasch abgemildert werden. Das dichte Versorgungsnetz und die Möglichkeit zur eigenen Energieerzeugung stärken dabei die Versorgungszuverlässigkeit und Unabhängigkeit.

BSZ: Was muss der Staat tun?
Eckerle: Als Staat ist es wichtig, mit entsprechenden Richtlinien das Erstellen von sektorübergreifenden Risiko- und Notfallplänen vorzugeben und zu fördern. Es ist ein komplexes, übergreifendes und koordiniertes Krisenmanagement erforderlich, das einerseits die Bevölkerung unmittelbar informiert und in Notsituationen hilft. Und andererseits die Maßnahmen zur Wiederversorgung mit den zahlreichen Betreibern kritischer Infastrukturen in Form von Netzen und Erzeugungsanlagen koordiniert.

BSZ: Was sollten Unternehmen tun?
Eckerle: Für Unternehmen stellt sich die wichtige Frage, welche Prozesse welche Form der Absicherung benötigen, um entweder ein koordiniertes Abschalten oder einen Weiterbetrieb zu ermöglichen, was entsprechende eigene Anlagen erfordert. Ein aktuelles Thema ist, regenerative Erzeugungsanlagen und Speichersysteme in diese Überlegungen mit einzubeziehen, da sie einerseits Risiken darstellen können und andererseits neue Sicherheiten leisten könnten.

BSZ: Was macht kritische Infrastrukturen besonders anfällig für Netzausfälle?
Eckerle: Einige wesentliche Herausforderungen bestehender Anlagen sind zunehmendes Alter und extremere Wetterereignisse, die auf viele Anlagen gleichzeitig wirken. Zusätzlich ist es notwendig, den Netzausbau bedarfsgerecht durchzuführen, um Engpässen vorausschauend entgegenzuwirken.

BSZ: Welche Lehren müssen Europa und Deutschland aus dem Vorfall ziehen?
Eckerle: Im Moment sind die Ursachen zu spekulativ. Hierauf kann erst nach Aufklärung der Ursachen eine Antwort gegeben werden.

BSZ: Warum reicht es nicht aus, allein auf technische Schutzmaßnahmen zu setzen? Welche Rolle spielt eine starke Sicherheitskultur?
Eckerle: Für derartige Situationen ist es wichtig, dass auch jeder Einzelne vorab über sinnvolle Mindestmaßnahmen informiert wurde und auch entsprechend ausgerüstet ist: Informationsmöglichkeit über Batterie- oder Kurbelradio, Notvorrat an Wasserversorgung, Bargeld, Taschenlampen, haltbarer Essvorrat. Leider sind heute die wenigsten darauf vorbereitet.

BSZ: Welche Sofortmaßnahmen und welche langfristigen Maßnahmen sind notwendig, um kritische Infrastrukturen hierzulande besser zu schützen?
Eckerle: Fallbezogen gibt es zum Beispiel vom Verband der europäischen Übertragungsnetzbetreiber (Entso-E) Empfehlungen zum Umgang mit derartigen Ereignissen, zuletzt zur Auftrennung des kontinentaleuropäischen Stromsystems vom Januar 2021.
(Interview: Ralph Schweinfurth)

 

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