Wirtschaft

Der vbw Index ist von 78 auf 86 Punkte gestiegen. Damit bleibt der Index aber auf niedrigem Niveau. (Grafik: vbw)

19.11.2025

Bayerische Wirtschaft beklagt "Stillstand": Politik soll strukturelle Probleme endlich angehen

Der vbw Index der Bayerischen Wirtschaft konnte sich gegenüber dem Frühjahr leicht erholen

Für 2025 prognostiziert Wolfram Hatz, Präsident der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, ein weiteres Jahr ohne Wirtschaftswachstum. Zwar sieht die vbw den konjunkturellen Tiefpunkt erreicht, eine nachhaltige Besserung sei aber nicht in Sicht – auch wegen konjunktureller Rückschläge. „Vor allem belasten uns die tiefgreifenden strukturellen Standortprobleme in Deutschland. Dazu kommt die schwierige außenwirtschaftliche Lage“, machte Hatz bei der Vorstellung des aktuellen vbw „Weißbier-Index“ deutlich.

Der vbw Index ist laut Hatz „nicht wirklich besser als im Frühjahr, er ist nur weniger schlecht“. Gegenüber dem Frühjahr ist der Index leicht von 78 Punkten auf 86 Punkten gestiegen.

Die Teilindizes liegen ebenso immer noch unter dem Normalniveau. Der Lageindex Wachstum, der die allgemeine Konjunkturlage beschreibt, stieg um sechs auf 77 Punkte, bleibt aber der schwächste Teilindex, so der vbw-Präsident. Der Lageindex Beschäftigung verharrt unverändert bei 87 Punkten. Der Prognoseindex Beschäftigung erhöhte sich um neun auf 82 Punkte und der Prognoseindex Wachstum kletterte zwar deutlicher um 13 auf 97 Punkte, liegt aber ebenfalls noch unter dem Durchschnitt von 100. „Die bayerische Wirtschaft verharrt weiter im Stillstand, die Wirtschaftswende muss zügig vollendet werden“, so Hatz.

Bei den einzelnen Sektoren bleibe die Lage unverändert kritisch. Der Bau verzeichnet dabei den größten Rückgang: Die Produktion sank im bisherigen Jahresverlauf um 5,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Industrieproduktion nahm um 2,4 Prozent ab, das Gastgewerbe verzeichnete einen preisbereinigten Umsatzrückgang von 2,0 Prozent. Lediglich der Groß- und der Einzelhandel konnten ein Umsatzplus verzeichnen, berichtete der vbw-Präsident.

Die schwache Wirtschaftsentwicklung belaste auch den Arbeitsmarkt, im Oktober 2025 waren es in Bayern 21 000 mehr Arbeitslose als vor einem Jahr. Der Beschäftigungsanstieg ist laut Hatz weitgehend zum Stillstand gekommen. Insbesondere in der Industrie gebe es einen kräftigen Stellenabbau zu verzeichnen. Dieser werde zwar durch zusätzliche Beschäftigte im Öffentlichen Dienst und im Bereich Gesundheit und Soziales kompensiert, allerdings seien diese weniger produktiv als Industriejobs. Dadurch entstehe kaum Wertschöpfung, was wiederum zu Lasten des Wachstums gehe. „Wir müssen die Dezentralisierung stoppen“, fordert Hatz.

Die vbw sieht aber auch positive Zeichen. „Vor allem die steigenden Aufträge in Industrie und Bau seit Jahresbeginn um 2 beziehungsweise 8 Prozent machen leichte Hoffnung,“, so der vbw-Präsident. Auch die Stimmung in den Unternehmen habe sich etwas verbessert. Aber auch hier gelte: Die Unternehmen sind nicht optimistischer, sie sind nur nicht mehr ganz so pessimistisch wie im Frühjahr. 

Das außenwirtschaftliche Umfeld stelle die Wirtschaft ebenfalls vor Herausforderungen, unter anderem durch die Zollpolitik der USA. „Der Zolldeal zwischen der EU und den USA hat für eine gewisse Planungssicherheit gesorgt, aber klar ist auch: Er verteuert unsere Exporte in unseren größten Exportmarkt.“ Besonders die Zölle von 50 Prozent auf Aluminium und Stahl seien belastend, weil sie anteilig auf Produkte berechnet werden, die beide Materialen enthalten. So komme man bei Maschinen schnell mal auf einen Zollsatz von 30 statt 15 Prozent. Die vbw setzt daher auf weitere Verhandlungen der EU mit den USA.

Belastend seien auch die nach wie vor bestehenden Exportkontrollen Chinas auf Seltene Erden, Magnete und andere Rohstoffe sowie die Lie-ferengpässe bei Chips. „Wir müssen weiter energisch daran arbeiten, neue Freihandelsabkommen abzuschließen und unsere Lieferketten so breit wie möglich zu diversifizieren“, betonte Hatz.

Der wirtschaftliche Aufschwung wird nach den Worten des vbw-Präsidenten vor allem durch die strukturellen Probleme am Standort Deutschland verhindert. „Nach wie vor haben wir zu hohe Energie- und Arbeitskosten, zu hohe Steuern und Abgaben sowie zu hohe bürokratische Belastungen und Regulierungen.“ Hier sei die die Politik, sprich Bundesregierung gefordert. „Wenn wir diese Themen nicht angehen, kommen wir nicht mehr raus aus dem Wachstumsloch.“

Die schwarz-rote Bundesregierung sei zwar gut gestartet und habe erste wichtige Akzente gesetzt. Jetzt müsse aber mehr kommen. Die Wirtschaft warte dringend auf konkrete Maßnahmen, so der vbw-Präsident. Allerdings zeigte sich Hatz sehr enttäuscht von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), in den er große Hoffnungen gesetzt hatte. Unter anderem frage er sich, ob der Kanzler richtig führt.

Ganz oben auf der Dringlichkeitsliste steht für die vbw der Bürokratieabbau. Es gehe nicht nur darum, bestehende Bürokratie abzubauen, sondern auch darum, so Hatz, keine neue Bürokratie aufzubauen – Stichwort Bundestariftreuegesetz oder EU-Entgelttransparenzrichtlinie. Außerdem brauche Deutschland eine echte Reform der Sozialversicherungssysteme. Der ungebremste Kostenanstieg müsse endlich gestoppt werden.

„Bei der Rentenreform brauchen wir eine Lösung, die die Interessen der Älteren und Jüngeren berücksichtigt“, betonte Hatz. Die Mittel im Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ müssen ausschließlich für Investitionen verwendet werden. (Friedrich H. Hettler)
 

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