Wirtschaft

Die Normalisierung der Geschäfts- und Ertragslage bei den bayerischen Sparkassen hat mittlerweile begonnen. (Foto: Sparkassenverband Bayern)

08.03.2023

Rekordniveau beim Kreditvolumen

Die bayerischen Sparkassen können auf ein gutes operatives Geschäftsjahr 2022 zurückblicken

2022 war das Geschäftsjahr des Umbruchs – geldpolitische und geopolitische Brüche bildeten vor dem Hintergrund der Pandemiefolgen eine äußerst anspruchsvolle Kulisse für das Wirtschaften der bayerischen Sparkassen und ihrer Kund*innen. Die Sparkassen können sich aber erfolgreich auf die neuen Bedingungen einstellen und steuern robust entlang der neuen Parameter durch die Übergangsphase. Dadurch setzen sie ihr Geschäftsmodell weiter voll zum Nutzen ihrer Kund*innen ein und können auch unerfreuliche Phänomene der Übergangszeit in den Hintergrund treten lassen“, so Ulrich Reuter, Präsident des Sparkassenverbands Bayern (SVB), bei der Vorstellung der Geschäftsergebnisse 2022 der 61 bayerischen Sparkassen in München.

„Die Normalisierung der Geschäfts- und Ertragslage hat begonnen. Doch der extreme Margendruck besteht auch trotz der – zugegeben lang erhofften – Renaissance der Zinsen fort. Die Sparkassen sehen sich weiterhin den großen Herausforderungen im Markt gegenüber, die durch die digitale Transformation und verändertes Kundenverhalten entstehen“, erklärte Reuter.
Die Entwicklung des Kreditvolumens bewegte sich 2022 erneut auf Rekordniveau (Gesamtvolumen der Kredite: 169,5 Milliarden Euro), der Einlagenzustrom fiel allerdings geringer aus als im Jahr zuvor, so der SVB-Präsident. Der massive Einlagenüberhang reduzierte sich dadurch auf 29 Milliarden Euro. Damit konnten die Sparkassen erstmals wieder Zinsen im Markt erzielen. Das Kreditvolumen der bayerischen Sparkassen lag 2022 bei 169 Milliarden Euro. Mit einer Wachstumsrate von 5,7 Prozent im Bestand gehört damit das Kreditjahr 2022 zu den drei erfolgreichsten der letzten 15 Jahre.

Keine Insolvenzwelle 

Das Kreditneugeschäft blieb 2022 allerdings insgesamt unter dem Vorjahresniveau (– 5,6 Prozent), so Reuter. Die Darlehenszusagen an Unternehmen und Selbstständige bewegten sich erneut auf Rekordniveau, sie betrugen 19,4 Milliarden Euro. Ein deutlicher Rückgang zeigte sich allerdings im Neugeschäft mit Wohnungsbaufinanzierungen (– 11,9 Prozent) sowie allgemein im Kreditgeschäft mit privaten Kund*innen. Mit Auslaufen der Pandemie, hohen Inflationsraten und der Zinswende zur Jahresmitte habe sich auch das Einlagenwachstum bei den Sparkassen normalisiert. Die Einlagen der bayerischen Sparkassen stiegen auf 197,989 Milliarden Euro, das Wachstum hat sich nach den Corona-Jahren deutlich verlangsamt und lag nur noch bei + 1,8 Prozent.

Im Unterschied zu den beiden Vorjahren haben die Unternehmen und Selbstständige in Bayern 2022 ihre Sichteinlagen bei den Sparkassen nicht mehr in größerem Umfang aufgestockt (+ 1,2 Prozent); 2021: 11,1 Prozent). Mit der aufgebauten Liquidität dürften laut Reuter zuvor verschobene Investitionen finanziert werden.

Gleichzeitig freute sich der SVB-Präsident, dass die befürchtete Insolvenzwelle bei den Unternehmenskunden letztes Jahr ausgeblieben ist. Trotz Materialengpässen, steigenden Energiepreisen, nachlassender Kaufkraft und hoher Inflation hätten sich gerade die mittelständischen Unternehmen erneut als besonders widerstandsfähig erwiesen. Allerdings befürchtet Reuter, dass man langfristig schon damit rechnen müsse, „dass sich bisher ausgebliebene Insolvenzen aus drei Krisenjahren noch realisieren können“. 

Das Einlagenwachstum spielte sich nicht mehr bei täglich fälligen Geldern ab, sondern inzwischen bei Termingeldern und Eigenemissionen. 2022 setzte sich das Wachstum des Wertpapiergeschäfts fort: Der Nettoabsatz stieg um 11 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro, die Käufe hatten einen klaren Schwerpunkt bei festverzinslichen Wertpapieren. 2021 hatte das Hauptgewicht noch bei Investmentfonds gelegen.

Durch die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) wurde 2022 zum Jahr der ersten Zinserträge seit fast zehn Jahren, aber auch die Kehrseiten wie verteuerte Kreditzinsen und eine höhere Risikovorsorge traten klar hervor. Der Zinsüberschuss stieg nach einem Jahrzehnt der Null- bis Negativzinsen um 9,8 Prozent auf 3,418 Milliarden Euro. „Der Zinsüberschuss ist die Hauptertragsquelle unseres Geschäfts – letztlich hängt von ihm der nachhaltig stabile Geschäftsbetrieb der Sparkassen ab.

Unser Markterfolg kann damit künftig wieder Niederschlag im Jahresergebnis finden. Wir integrieren jetzt die neue Situation in unser Geschäft und können uns dann hoffentlich bald ganz auf die Kunden statt auf die EZB konzentrieren“, erklärte Reuter.
Die Sparkassen müssen im Zusammenhang mit dem Zinsüberschuss dabei allerdings den Spagat zwischen ihren niedrig verzinsten Langfrist-Engagements aus der Negativzinsphase im Kredit- und Eigenanlagenbereich einerseits und Kundenerwartungen nach Einlagenzinsen andererseits schaffen, betonte der SVB-Präsident.

Zinsüberschüsse

Der Zinsanstieg war von den Sparkassen lange erhofft und gefordert worden. Doch er kam jetzt schneller und mit größerer Wucht als erwartet. Diese Zinsentwicklung sorgt erst einmal im Bewertungsergebnis Wertpapiere für vorübergehend negative Folgen in der Profitabilität der Sparkassen. Im laufenden Jahr 2023 erwarten die bayerischen Sparkassen ein weiterhin solides Wachstum im Kredit-, Einlagen- und Wertpapiergeschäft mit weiteren positiven Effekten auf die Ertragslage, so Reuters Prognose.

Das jetzige Zinsniveau erlaube zwar erste Steigerungen der Zinsüberschüsse, ein Großteil des Kreditbestands sei aber noch in langlaufenden niedrig verzinsten Verträgen gebunden. Die Geschäftsvolumina auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite müssten sich jetzt einpendeln. Verwahrentgelte wurden zurückgefahren, immer mehr besser verzinsliche Angebote auch bei Sparkassen unterbreitet. Bis sich der gewohnte Geschäftsbetrieb von Kreditinstituten vollständig wieder eingespielt hat, werde noch eine Weile ins Land gehen, so Reuter. „Wichtig ist uns aber jetzt, dass wir bei weiterhin effizientem Kostenmanagement schrittweise die Bürden der Niedrigzinsphase abarbeiten und hinter uns lassen.“

EZB muss Kurs halten

Reuter resümierte beim Blick auf das Gesamtjahr 2022: „Wir stehen weiter vor Herausforderungen – nach mehr als einem Jahrzehnt ohne Zinsen, mit kontinuierlich steigenden Asset-Preisen und nicht genutzter Risikovorsorge. Die Welt hat sich für Kreditinstitute rapide verändert. Vor genau einem Jahr hatten wir Negativzinsen, die den Zinsüberschuss erodierten. Durch die nur schwer nachvollziehbare Politik der EZB haben wir jetzt recht plötzlich ein Zinsniveau, das für uns eine 180-Grad-Kehrtwende bedeutet.“ Die EZB habe viel zu lange die steigende Inflationsrate nur beobachtet – während andere Notenbanken schon lange begonnen hatten, ihre Leitzinsen anzuheben, um dann abrupt und massiv gegenzusteuern. Jetzt müsse die EZB überzeugend die Frage beantworten, so der SVB-Präsident, wann ein neutraler Zins erreicht sein wird, der die Inflation aufhält und dabei die Wirtschaft noch nicht bremst.

Derzeit sieht es laut Reuter danach aus, dass weitere signifikante Zinserhöhungen notwendig sind. Die EZB müsse ihren Kurs halten, dürfe aber auch nicht über das Ziel hinausschießen, um die Konjunktur nicht abzuwürgen. „Nicht Aktionismus, sondern besonnen geplante Schritte zurück zur Normalität der Finanzmärkte sind gefragt um stabile Bedingungen für alle Marktteilnehmer zu schaffen.“

Im laufenden Jahr 2023 erwarten die bayerischen Sparkassen ein weiter solides Wachstum im operativen Geschäft, das sich in der heutigen Zinslage auch wieder positiv auf die Ertragslage auswirken kann. „Die Sparkassen wurden vor 200 Jahren von den Kommunen gegründet, um einer breiten Bevölkerungsschicht wirtschaftliche und soziale Teilhabe zu ermöglichen. Seit Jahrzehnten unterstützen sie nachhaltig den Mittelstand und das Gemeinwohl in den Regionen,“ so Reuter. „Mit einer stabilen wirtschaftlichen Basis können und wollen sie das auch in der Zukunft – insbesondere den Weg in eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft auch in den Regionen flankieren.“ (Friedrich H. Hettler)
 

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