Wirtschaft

Die Trockenheit in Nordbayern lässt Wiesen aussehen wie eine Steppenlandschaft. Die Landwirtschaft leidet unter starken Ertragseinbußen . (Foto: dpa/Kathrin Zeilmann)

16.08.2022

Steppe statt saftiger Wiesen

Nordbayerns Landwirtschaft: Nicht nur die Getreideernte ist unterdurchschnittlich, im Winter könnte das Viehfutter knapp werden

Die Getreideernte? Viel zu früh beendet, die Erträge gering. Der Mais? Kann zwar eigentlich gut mit Trockenstress umgehen, hat in diesem Sommer aber auch kapituliert. Gras silieren als Viehfutter für den Winter? Kaum möglich, es wächst ja nichts. Tiefe Risse durchziehen die Böden. Wenn die Grubber über die Stoppelfelder fahren, produzieren sie riesige Staubwolken. Die Landwirte in Nordbayern leiden unter der massiven Trockenheit. Während Experten - etwa die der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) - bereits nach Alternativen für kommende Trockenperioden suchen, sind viele Landwirte besorgt, wie sie die kommenden Monate überstehen sollen.

"Vor allem in Nordbayern sehen wir in diesem Jahr extreme Trockenschäden", sagt Hermann Greif, Vizepräsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) aus dem oberfränkischen Pinzberg (Landkreis Forchheim). Je nach Region seien die Landwirtinnen und Landwirte zwar unterschiedlich stark betroffen und es gebe lokal etwa bei den Getreideerträgen große Unterschiede. "Insgesamt bleibt es bei einer unterdurchschnittlichen Ernte. Vor allem beim Weizen und beim Mais, aber auch beim Grünland richtet die Trockenheit vielerorts extreme Schäden an."

Friedrich Ernst vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bayreuth-Münchberg reagiert wie die meisten Experten in der Region fast ungläubig auf die Bedingungen, mit denen die Bäuerinnen und Bauern seit dem Frühjahr zu kämpfen haben. "Die Ertragssituation ist dramatisch, auch in den Höhenlagen." Er habe in seiner beruflichen Laufbahn einen solchen Sommer noch nicht erlebt.

Ein Drittel fehlt

Bisher fehlen bereits etwa ein Drittel des Grünlandaufwuchses aufgrund der Trockenheit, wie Ernst betont. Die Landwirte müssten jetzt "situativ reagieren", möglicherweise ließen sich im Herbst geeignete Zwischenfrüchte anbauen oder sie müssten den Futterbedarf ihrer Tiere mit Zukäufen decken. "Es wird alles zu knapp sein", fasst Ernst zusammen. Heu sei zwar eine Fütterungsmöglichkeit, doch für Hochleistungsmilchkühe nicht geeignet. Eine weitere Möglichkeit sei es, Grünroggen im September zu säen und im Frühjahr zu ernten, wenn die Silos leer sind.

Im Freistaat zeigt sich ein großer Unterschied zwischen dem Süden und dem Norden. Das erwartete Nord-Süd-Gefälle bei den Getreideerträgen habe sich bestätigt, sagt ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums. Im Süden hätten Niederschläge zu einem höheren Ertragsniveau geführt.

In diesem Sommer hat es bislang in Franken historisch wenig geregnet. Nach Zahlen des Landesamts für Umwelt beträgt die nordbayerische Niederschlagssumme für das Sommerhalbjahr derzeit nur 123 Millimeter. Dies sei "der niedrigste Wert in der 62-jährigen Beobachtungsreihe, noch unterhalb der 148 mm von 1964". Für die Statistik wurden die Regenmengen von 1. Mai bis 4. August ausgewertet.

Politik ist gefragt

Was also tun? Der Bauernverband setzt zunächst auf den Ruf nach staatlicher Unterstützung. "Jetzt ist auch die Politik gefragt. Wir fordern staatliche Soforthilfen für schwer von Trockenheit und Hitze betroffene Betriebe", heißt es in einem Positionspapier. "Der Bund muss außerdem dringend eine steuerfreie Risikorücklage einführen, damit Landwirtinnen und Landwirte sich selbst besser absichern können." Für Landwirte mit Viehbestand in akuter Notlage könne eine Online-Futterbörse helfen.

Und mit Blick auf die nächsten Jahre? Hier fordert der Verband: "Was wir in Bayern dringend brauchen, ist eine langfristige Strategie im Umgang mit der anhaltenden Trockenheit. Damit die Ernten in Zukunft stabil bleiben, brauchen wir mehr praxisnahe Forschung, mehr trockenheitsresiliente Pflanzen auf dem Feld und ein nachhaltiges Wassermanagement.

Bei der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) wird längst an dieser Zukunft gearbeitet. "Durch den Klimawandel kommt insbesondere der Pflanzenzüchtung eine Schlüsselrolle bei der Sicherung und Schaffung resilienter Agrarsysteme zu", sagt LfL-Präsident Stephan Sedlmayer. Die Einrichtung hat kürzlich ein Projekt abgeschlossen, bei dem die Vererbung der Toleranz gegen "temporären Trockenstress" bei Weidelgras untersucht worden war. Weidelgras gehöre zu den bevorzugten Arten im intensiv bewirtschafteten Grünland und im Ackerfutterbau, heißt es bei der LfL. Bisher reagiere das Gras aber mit starken Ertragseinbußen auf Trockenheit.

Sorten züchten, die die Trockenheit aushalten

Mithilfe moderner Züchtungsmethoden können nun gezielt Sorten gezüchtet werden, die gute Anpassungsfähigkeit an Trockenheit zeigen beziehungsweise Wasser effizienter nutzen können. "Damit sind wir auf einem guten Weg, um auch für die Zukunft die Erträge und Qualitäten in der Produktion von Grundfutter und damit einer der wichtigsten heimischen Eiweißquellen zu sichern", sagt Sedlmayer.

Die Ernte von Silomais hat in einigen Teilen Frankens heuer bereits in diesen Tagen begonnen - "außergewöhnlich" früh, wie etwa der Bauernverband in Weißenburg in Mittelfranken schreibt. Die Landwirtinnen und Landwirte bitten die Bevölkerung um Verständnis: Wegen der Hitze tagsüber muss entweder in den Morgenstunden oder abends gehäckselt werden. Denn hohe Temperaturen im Erntegut würden im Silo zu Fehlgärungen und Futterverlusten führen. Um dieses Problem zu umgehen, werde versucht, den Mais bei kühleren Temperaturen zu ernten.
(Kathrin Zeilmann, dpa)

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