Wirtschaft

Weil leider zu viele Menschen genau auf ihr Geld achten müssen, geben immer mehr traditionelle Handwerksmetzger auf. Sie können mit den niedrigen Preisen in den Supermärkten nicht mithalten. (Foto: dpa/Armin Weigel)

31.10.2024

Wenn’s um die Wurst geht

Im Freistaat gibt es immer weniger traditionelle Handwerksmetzger

In Fürth mit seinen über 130.000 Einwohnenden gibt es gerade einmal noch fünf produzierende Metzger, also solche, die noch selbst schlachten“, sagt Konrad Ammon, Landesinnungsmeister des Bayerischen Metzgerhandwerks und Inhaber der Metzgerei Ammon im Fürther Stadtteil Burgfarrnbach. In ganz Bayern gibt es noch rund 2800 Betriebe. „Aber jedes Jahr verlieren wir zwischen 3 und 5 Prozent.“

Ammon beklagt, dass Personal und Auszubildende fehlen. „Wenn man selbst schlachten und produzieren will, ist es ein blutiger Job“, sagt er. Aber viele Metzger würden nur noch Verkaufsstellen betreiben und Fleisch- sowie Wurstwaren einkaufen.

Ebenso auf dem Rückzug sind die Schlachthöfe. In Mittelfranken gibt es laut Ammon nur noch in Fürth, Erlangen und Aub einen Schlachthof. „Aber da sind wir trotzdem noch gut unterwegs, wenn man zum Beispiel das Bundesland Brandenburg betrachtet. Dort gibt es nur noch einen Schlachthof“, erläutert der Metzgermeister.

Weil Fleischgiganten wie Tönnies oder Vion immer mehr Marktanteil bekommen, sind Ammon und seine Kollegen froh, dass der Freistaat Bayern einen Zuschuss zur Fleischhygienegebühr zahlt. Diese ist pro Tier, das geschlachtet wird, zu zahlen. Davon wird der Veterinär bezahlt, der die Fleischbeschau durchführt und somit die Qualität des Fleisches kontrolliert. „Tönnies schlachtet etwa 25.000 Tiere pro Tag. Wegen dieser großen Menge bezahlen die nur wenige Groschen je geschlachtetem Schwein an Fleischhygienegebühr. Im Landkreis Starnberg sind es 27,80 Euro“, erläutert Ammon. Weil die bayerische Staatsregierung aber die jetzige Struktur an Metzgern und Schlachthöfen erhalten will, übernimmt der Freistaat einen Teil der Gebühren, sodass jeder Metzger maximal 7 Euro je geschlachtetem Schwein zahlen muss.

„Der Verbraucher spricht mit gespaltener Zunge“

Damit die traditionellen Handwerksmetzger erhalten bleiben, sieht Ammon auch die Kundschaft in der Pflicht. „Wenn sie zehn Personen fragen, ob sie regionale sowie gentechnikfreie Fleisch- und Wurstwaren haben wollen, sagen alle ja. In der Realität greifen aber acht von diesen zehn zum Selbstbedienungsprodukt im Supermarkt. Der Neunte sieht den Preis, zögert und greift ebenfalls zum günstigen Produkt im Supermarkt. Nur eine Person der zehn Befragten ist bereit, etwas mehr für gute Ware auszugeben“, verdeutlicht Ammon. „Der Verbraucher spricht mit gespaltener Zunge“, moniert er und fordert mehr partnerschaftliches Verhalten zwischen Landwirt, Metzger und Verbraucher. Ammon betont, dass sowohl die traditionellen Handwerksmetzger als auch die Fleischindustrie gebraucht werden. „Denn es gibt leider viele Menschen, die genau aufs Geld schauen müssen. Junge Familien zum Beispiel würden gerne im Metzgerfachgeschäft einkaufen, können es sich aber nicht leisten.“

Der Trend zu vegan und vegetarisch ist für Ammon kein Problem. „Jeder soll essen, was ihm schmeckt. Betrachtet man aber die Zahlen für Deutschland genauer, so leben nur 1,5 Prozent der Menschen vegan, 10 Prozent leben vegetarisch und die restlichen 88,5 Prozent essen Fleisch und Wurst“, zitiert Ammon Fakten des Deutschen Fleischer-Handwerks.

Tierwohl ist wichtig

Beim Schlachten ist Ammon, so seltsam das auch klingen mag, das Tierwohl besonders wichtig. „Zu uns kommen Schweine aus verschiedenen Ställen. Die fangen manchmal dann das Raufen an. Das ist in jedem Schlachthof so. Damit das bei uns nicht passiert, sprühen wir sie mit Lavendelöl ein. Dann sind sie ganz ruhig,“ erläutert der Metzgermeister. Den Trick mit dem Lavendelöl habe er irgendwann einmal gelesen. „Man schmeckt es am Fleisch, ob ein Tier vorm Tod Stress hatte oder nicht“, so Ammon.

Gerade weil mit Tieren oft respektlos umgegangen wird, hat Ammon dafür gesorgt, dass im Fürther Schlachthof alles mit Kameras überwacht wird. Sollten irgendwelche Mitarbeitenden gegen die Regeln verstoßen, so könne das anhand der Videoaufzeichnung belegt und entsprechend sanktioniert werden.

Ammon ist froh, dass er für seine Metzgerei Nachwuchs gefunden hat. Somit ist zumindest in Fürth der Fortbestand des Metzgerhandwerks gesichert. Das ist leider nicht überall so. Erst vor Kurzem hat im benachbarten Nürnberg ein Traditionsmetzger sein Geschäft aufgegeben.
(Ralph Schweinfurth)

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