Wissenschaft

Ein Feuerwehrmann bekämpft einen Waldbrand zwischen Amorbach und Neudorf in Unterfranken. Die traditionellen Erkundungsmethoden lassen sich nur schwer auf größere und entfernte Gebiete skalieren. (Foto: dpa/Armin Lerch)

25.08.2022

Waldbrände vom All aus erkennen

Effizientere satellitengestützte Erkundung soll traditionelle Formen mittels Wachtürmen, Flugstaffeln und Patrouillen ergänzen

Das vom bayerischen Raumfahrtforschungsprogramm geförderte Verbundprojekt Serafim verfolgt das Ziel, Waldbrände mittels Satelliten schneller und besser zu detektieren. Die Professur für Erdbeobachtung an der Universität der Bundeswehr München befasst sich als Projektpartner mit der Entwicklung von vollautomatischen, KI-basierten Georeferenzierungs-Verfahren für die Infrarotaufnahmen der Satelliten.

Die Waldbrandsaison ist momentan wieder in vollem Gange. Solche Brände gilt es möglichst schnell zu entdecken, um größeren Schaden zu verhindern. Mit dem Projekt Serafim sollen Waldbrände mithilfe von Satelliten schneller als bislang erkannt werden. Zu den Verbundpartnern gehört neben der Universität der Bundeswehr München auch das Unternehmen OroraTech GmbH, das für die Entwicklung und den Launch der Satelliten zuständig ist, sowie das deutsche Fernerkundungsdatenzentrum des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (Abteilung Georisiken und zivile Sicherheit), das die Waldbranddetektion von wissenschaftlicher Seite mit statistischen Analysen begleitet.


Schnellere Alarmierungsketten


Traditionell werden Waldbrände mittels Wachtürmen, Flugstaffeln oder auch durch Patrouillen detektiert und überwacht. Diese Methoden sind allerdings wenig effizient und lassen sich nur schwer auf größere und entfernte Gebiete skalieren. Mit der Satelliten-Fernerkundung durch viele Satelliten im Rahmen einer Satellitenkonstellation ist es dagegen möglich, große Gebiete mit mehreren Überflügen pro Tag kosteneffizient zu überwachen.

Zwar gibt es für die Detektion von Waldbränden bereits eine Reihe von Satellitenmissionen staatlicher Institutionen, allerdings weisen diese laut Michael Schmitt verschiedene Schwachpunkte auf. Zum einen seien diese optischen Satellitenmissionen häufig so designt, dass der Überflug über die relevanten Gebiete vormittags stattfindet. Am Nachmittag existiere eine Lücke von etwa sechs Stunden, in der keine entsprechenden Daten verfügbar sind. „Waldbrände entstehen typischerweise nachmittags, wenn es besonders heiß und trocken ist. Entsprechend wichtig sind Beobachtungen am Nachmittag“, erklärt der Wissenschaftler. Eine weitere problematische Komponente bisheriger öffentlicher Satellitenmissionen sei, dass Tage oder Wochen vergehen können, bis ein Datenprodukt öffentlich zur Verfügung steht: „Das ist einfach zu spät. Das Ziel von Serafim ist daher, schnellere Alarmierungsketten zu schaffen und somit den schnellsten Waldbrand-Erkennungsservice der Welt anzubieten“, so Schmitt.

Der Projektschwerpunkt der Professur für Erdbeobachtung liegt bei der Optimierung der Georeferenzierung, also der Einordnung der Daten in ein georäumliches Koordinatensystem. Diese genaue Lokalisierung der Bilddaten ist eine Herausforderung: Die Infrarot-Satellitendaten, mit denen man Waldbrände erkennt, basieren wie alle optischen Bilder auf einem winkelbasierenden Messprinzip. Bereits kleine Winkelfehler auf große Distanzen können zu enorm großen Lagefehlern führen. Wenn man also auf Basis der vom Satelliten zur Verfügung gestellten Informationen das Bild rechnerisch auf der Erdoberfläche verorten möchte, dann geht das selbst mit den besten optischen Satellitenmissionen nicht höchst genau.

 

KI-basierte Verfahren



Hier möchte Schmitt mit seinem Team ansetzen: „Wenn man der Feuerwehr beziehungsweise einer Einsatztruppe Informationen über den Standort eines Waldbrands gibt und dabei einen Kilometer danebenliegt, ist das nicht sehr hilfreich. Unsere Aufgabe ist daher, KI-basierte Verfahren zu entwickeln, die eine vollautomatische und hochgenaue Verortung dieser Satellitenbilder ermöglichen, damit man dann die detektierten Waldbrände auch genau lokalisieren kann.“ Für eine präzise Georeferenzierung will das Forscherteam auf bereits existente Referenzdaten zurückgreifen: Die thermalen Infrarotaufnahmen der Orora-Tech-Satelliten sollen KI-basiert mit optischen Satellitenbildern der Sentinel-2-Mission abgeglichen werden.

Das Projektteam muss dabei vor allem mit zwei Schwierigkeiten umgehen: Die Daten des thermalen oder des mittleren Infrarots haben eine relativ lange Wellenlänge im Vergleich zum sichtbaren Licht, man misst beziehungsweise beobachtet damit im Wesentlichen Oberflächentemperaturen. Das bedeutet, man sieht dabei keine klassischen Farben, ein Pixel ist heller im Bild, wenn es sehr warm ist und dunkler, wenn es sehr kalt ist. Eine sehr warme Temperatur ist allerdings nicht immer automatisch auch ein Beleg für einen Waldbrand. Zudem haben solche Thermal-Infrarotaufnahmen technisch bedingt eine vergleichsweise niedrige Auflösung von lediglich 100 Metern pro Pixel. In einem zweiten, kleineren Arbeitspaket werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler außerdem explorativ untersuchen, welche KI-basierten Verfahren heutzutage genutzt werden können, um Waldbrände mit noch höherer Zuverlässigkeit zu detektieren.

Das Projekt befindet sich momentan noch im Anfangsstadium, allerdings hat die OroraTech GmbH bereits den ersten prototypischen Satelliten „FOREST-1“ erfolgreich in den Orbit versandt. Am Ende soll nicht nur ein einzelner Satellit, sondern eine Konstellation von sieben Kleinsatelliten ein zeitlich möglichst engmaschiges, globales Monitoring erlauben. Das Unternehmen möchte die Daten weltweit ihren Kunden aus der Versicherungswirtschaft, der Forstwirtschaft, Feuerwehren, dem Katastrophenschutz, dem Technischen Hilfswerk und so weiter über eine browserbasierte Plattform zur Verfügung stellen. (Michael Brauns)

 

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