Ausschreibung und Vergabe

In Donauwörth gibt es bereits smarte Straßenlaternen. Die Lechwerke (LEW) haben diese im August 2020 in Betrieb genommen. (Foto: LEW)

03.09.2021

Moderne Straßenbeleuchtung spart Kosten

Neue Dokumentation des Deutschen Städte- und Gemeindebunds informiert über sämtliche Aspekte – auch zur Beschaffung

Mit einer modernen öffentlichen Beleuchtung bieten sich Städten und Gemeinden enorme Chancen zur Kosteneinsparung, so der Deutsche Städte- und Gemeindebund in einer aktuellen Dokumentation. Mehr als ein Drittel des kommunalen Energieverbrauchs entfällt derzeit auf die Beleuchtung von Straßen, Wegen und öffentlichen Plätzen. Das Einsparpotenzial einer deutschlandweit rundum sanierten öffentlichen Beleuchtung wird auf bis zu 500 Millionen Euro beziehungsweise 2,2 Milliarden Kilowattstunden jährlich geschätzt. Dies bedeutet gleichzeitig eine Einsparung von circa 1,4 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen. Die LED-Beleuchtung bietet dabei die größten Potenziale und gilt daher als eine der Schlüsseltechnologien für den Klimaschutz.

Kommunen als öffentlicher Auftraggeber (vgl. § 99 Nr. 1 GWB) haben grundsätzlich nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) europaweit auszuschreiben, wenn nachfolgende weitere Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
– Es wird ein öffentlicher Auftrag im Sinne von § 103 GWB vergeben,
– der maßgebliche Schwellenwert im Sinne von § 106 GWB wird erreicht beziehungsweise überschritten und
– es liegt kein vergaberechtlicher Ausnahmetatbestand vor.

Wird der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht, sind öffentliche Aufträge grundsätzlich national unter Beachtung der jeweils geltenden Verfahrensordnung und der landesspezifischen Vorgaben auszuschreiben. Soweit auf Fördermittel zwecks Finanzierung der Beschaffung zurückgegriffen wird, sollten auch aus entsprechenden Bescheiden beziehungsweise deren Nebenbestimmungen hervorgehende vergaberechtliche Besonderheiten beachtet werden.

Schwellenwerte beachten

Da der Betrieb der kommunalen Straßenbeleuchtung in seinen Leistungsinhalten vielschichtig ausgestaltet sein kann, ist es oftmals nicht einfach, den Auftragsgegenstand vergaberechtlich einer der gesetzlich vorgegebenen öffentlichen Auftragsarten (vgl. § 103 GWB) zuzuordnen. Da aber sowohl die Schwellenwerte als auch die anzuwendenden Vergabevorschriften je nach Auftragsart unterschiedlich sind, ist zunächst wichtig festzustellen, um welche Auftragsart es sich bei der konkreten Beschaffungsmaßnahme handelt. § 103 Abs. 2 bis 4 GWB benennt als mögliche Auftragsarten den Liefer-, Bau- und Dienstleistungsauftrag. Dienstleistungskonzession und Baukonzession (vgl. § 105 Abs. 1 GWB) spielen hingegen bislang nur eine untergeordnete Rolle im Bereich der kommunalen Beleuchtung.

Typengemischte Verträge

Da Maßnahmen der Beschaffung kommunaler Straßenbeleuchtung oftmals mehrere unterschiedliche Auftragsarten vereinen (sogenannte typengemischte Verträge), können sich in der Praxis Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Mögliche Leistungsinhalte der kommunalen Straßenbeleuchtung sind unter anderem die Stromlieferung, der (Neu-)Bau von Anlagen, die Wartung und Instandhaltung von Anlagen oder die Sanierung solcher Anlagen, die Planung und Projektierung sowie Maßnahmen und Methoden zur Energieeinsparung.

Bei der Gestaltung der Vergabeunterlagen haben die Kommunen insbesondere die Möglichkeit, über die Bestimmung des Leistungsgegenstands, die Kriteriengestaltung und den Vertrag Einfluss auf die Effizienz und Nachhaltigkeit der kommunalen Beleuchtung zu nehmen. Gleichzeitig haben Auftraggeber hier die vergaberechtlichen Grundprinzipien, wie etwa den Grundsatz der Produktneutralität, bei der Gestaltung der Vergabeunterlagen zu beachten. Bei der Beschaffung energieverbrauchsrelevanter Leistungen oberhalb des Schwellenwerts für Liefer- und Dienstleistungen ist zudem die Anforderung von § 67 der Vergabeverordnung (VgV) einzuhalten. Für die Beschaffung von Bauleistungen oberhalb des Schwellenwerts findet sich eine vergleichbare Vorschrift in § 8c EU VOB/A.

Die Vergabeunterlagen bestehen in der Regel aus einer Angebotsaufforderung mit den maßgeblichen Angaben zum Vergabeverfahren, der Leistungsbeschreibung beziehungsweise den Leistungsverzeichnissen, der Angabe von Zuschlagskriterien und dem Vertrag sowie sonstigen Dokumenten des Auftraggebers.

Grundsätzlich bestimmt der öffentliche Auftraggeber den Auftragsgegenstand. Das Vergaberecht bestimmt dann die Art und Weise der Beschaffung. Allerdings gilt das sogenannte Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers nicht unbegrenzt.

Die Voraussetzungen, unter welchen die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts als vergaberechtskonform beurteilt wird, werden in ständiger Rechtsprechung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. August 2012, VII-Verg 10/12) folgendermaßen zusammengefasst: Hinzunehmen sind Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers hinsichtlich des Leistungsgegenstands, wenn
– sie durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt sind,
– vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist,
– solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind und
– die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.

Soll ökologisch und nachhaltig beschafft werden, kann es sinnvoll sein, zum Beispiel nachfolgende Punkte im Vorfeld der Beschaffungsmaßnahme zur Bestimmung des Leistungsgegenstands einzubeziehen:
– Reduzierung von Lichtemissionen,
– Einsparung von Energie durch hochwertige und nachhaltige Beleuchtung,
– intelligentes, digitales Lichtmanagement,
– Wirkung auf Natur- und Artenschutz und
– Betrachtung der Lebenszykluskosten.

Bestimmter Hersteller

Eine weitere rechtliche Grenze des Leistungsbestimmungsrechts ist der Grundsatz der Produktneutralität (zum Beispiel für Dienstund Lieferleistungen oberhalb der Schwelle, geregelt in § 31 Abs. 6 VgV). Danach darf in der Leistungsbeschreibung nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die Erzeugnisse oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens kennzeichnet, oder auf gewerbliche Schutzrechte, Typen oder einen bestimmten Ursprung verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt werden, es sei denn, dieser Verweis ist durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt.

Insoweit darf zum Beispiel in der Leistungsbeschreibung grundsätzlich nicht auf Leuchtmittel eines bestimmten Herstellers abgestellt werden, es sei denn, dies wäre durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn in einem Stadtteil oder im gesamten Stadtgebiet bereits eine bestimmte Ausstattung vorhanden ist und hierfür Ersatzteile beschafft werden. Eine Rechtfertigung für eine produktspezifische Ausschreibung ist ebenfalls für die Vergabeakte zu dokumentieren.

Neben der Frage des Leistungsbestimmungsrechts ist im Bereich der kommunalen Straßenbeleuchtung oftmals § 67 VgV relevant. Bei energieverbrauchsrelevanten Produkten als Gegenstand einer Lieferleistung oder als wesentliche Voraussetzung zur Ausübung einer Dienstleistung stellt der Gesetzgeber besondere Anforderungen an die Energieeffizienz von Beschaffungsmaßnahmen.

Allerdings dürfte sich ein unterlegener Bieter nicht auf eine Verletzung von § 67 Abs. 2 bis 5 VgV berufen können, da es sich um eine rein objektive Vergabevorschrift im Sinne einer Ordnungsvorschrift handelt. Die in § 67 Abs. 2 bis 5 VgV normierten einschränkenden Vorgaben zur Energieeffizienz dienen nicht dem Wettbewerbsschutz des Bieters, sondern sind Ausdruck allgemeiner umweltpolitischer Ziele.

Energieverbrauchsrelevante Leistungen können zum einen Produkte sein, die unmittelbar selbst Energie verbrauchen, wie beispielsweise Leuchtmittel. Zum anderen fallen energieverbrauchsrelevante Produkte, die wesentliche Voraussetzung zur Ausübung einer Dienstleistung sind, unter § 67 Abs. 1 VgV.

Höchstes Leistungsniveau

Das Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers wird demnach durch § 67 Abs. 2 VgV eingeschränkt. Die Leistungsbeschreibung soll die Anforderung enthalten, dass nach § 67 Abs. 2 VgV insbesondere das Produkt mit dem höchsten Leistungsniveau, mithin dem geringsten Energieverbrauch, und, soweit vorhanden, der höchsten Energieeffizienzklasse nach der Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (EnVKV) gewählt wird. Die Formulierung „insbesondere“ zeigt, dass diese Anforderung nicht abschließend ist.

Dem Auftraggeber ist nach der Formulierung von § 67 Abs. 2 VgV („soll“) ein Spielraum eingeräumt, der jedoch dadurch begrenzt ist, dass von dem Regelfall des höchstmöglichen Leistungsniveaus nur in atypischen Fällen abgewichen werden darf. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn unverhältnismäßig hohe Mehrkosten für das höchste Leistungsniveau in Kauf genommen werden müssen.

Gemäß § 67 Abs. 3 VgV sind von Bietern in der Leistungsbeschreibung oder an anderer geeigneter Stelle in den Vergabeunterlagen zum einen konkrete Angaben zum Energieverbrauch zu fordern, es sei denn, die auf dem Markt angebotenen Waren, technischen Geräte oder Ausrüstungen unterscheiden sich im zulässigen Energieverbrauch nur geringfügig. Zum anderen sind in geeigneten Fällen eine Analyse minimierter Lebenszykluskosten oder die Ergebnisse einer vergleichbaren Methode zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit zu fordern. Lebenszykluskosten sind die Gesamtkosten der Straßenbeleuchtungsanlagen, von der Investition über den Betrieb bis hin zur Entsorgung.
Der Auftraggeber hat darüber hinaus das Recht zur Überprüfung der vom Bieter gelieferten Informationen und darf auch Ergänzungen fordern (vgl. § 67 Abs. 4 VgV).

Gemäß § 67 Abs. 5 VgV hat der Auftraggeber bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots die Energieeffizienz anhand der Informationen der Bieter nach § 67 Abs. 3 VgV als Zuschlagskriterium angemessen zu berücksichtigen. Dabei steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum in Bezug auf die Angemessenheit der Berücksichtigung zu. Er hat die konkreten Umstände in seine Betrachtung miteinzubeziehen.
Somit ist die Energieeffizienz der Anlagen ein im Rahmen der Wertung mit möglichen anderen Wertungsaspekten sachgerecht abzuwägender Einzelaspekt. Dem können Auftraggeber gerecht werden, indem sie beispielsweise neben dem Preis, der Produktqualität und lichttechnischen Eigenschaften den Energieverbrauch bewerten und entsprechend angemessen gewichten.

Lebenszyklus betrachten

Zudem können die Lebenszykluskosten ein angemessenes Wertungskriterium darstellen (vgl. § 67 Abs. 3 Nr. 2 VgV). Die Lebenszykluskosten, also die Gesamtkosten der Straßenbeleuchtungsanlagen von der Investition über den Betrieb bis hin zur Entsorgung über einen definierten Zeitraum, geben Auskunft über die Kostenintensität und Nachhaltigkeit der Beleuchtungsanlagen. Mit Blick auf ökologische Ziele stellen sie damit ein wirkungsvolleres Kriterium dar, als beispielsweise allein die Bewertung der Investitionskosten.

Ein weiteres Steuerungsinstrument für Kommunen zur Verwirklichung ökologischer und nachhaltiger Beschaffungsziele kann der zu schließende Beleuchtungsvertrag sein. So kann der Auftraggeber Effizienz- und Einsparziele durch vertragliche Regelungen verbindlich vorgeben. Ein solches Instrument ist beispielsweise das sogenannte „Einspar-Contracting“. Hier werden Einsparziele vertraglich klar definiert sowie entsprechende Bonus- und Malusregelungen getroffen. Zudem hat der Auftraggeber die Möglichkeit, bestimmte Garantiezusagen für Energieeinsparziele oder Lebenszykluskosten zu fordern. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass eine Garantie oder eine Beschaffenheitsvereinbarung eindeutig und unmissverständlich durch ausdrückliche Erklärung der Vertragspartner getroffen wird. Im Vertrag sind daher die entsprechenden Formulierungen von zentraler Bedeutung.
(BSZ)

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