Ausschreibung und Vergabe

Um die Vergabe von Maßnahmen der Berufsausbildung gab es Streit. (Foto: dpa/Jens Büttner)

24.05.2019

Wie viel Erfahrung braucht der Bieter?

Oberlandesgericht Düsseldorf zu vergaberechtskonformem Bewertungssystem

In der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Verg 37/17 vom 19. September 2018) ging es um die Frage, ob ein Bewertungssystem vergaberechtskonform ist, das Bieter mit nachgewiesener Erfahrung gegenüber Bietern ohne nachgewiesene Erfahrung benachteiligen kann.
Die Auftraggeberin schrieb Maßnahmen der Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung aus. Die Bewertungsmatrix der Auftraggeberin sah eine Beurteilung der Konzepte der Bieter einerseits und eine Beurteilung bisheriger Erfolge und der Qualität der bisherigen Leistungen andererseits jeweils nach Punkten vor. Bei der Beurteilung der Erfahrung sollten zwischen 0 und 3 Punkte bei Über- beziehungsweise Unterschreiten bestimmter Eingliederungs- oder Abbruchquoten vergeben werden.

Ein Bieter, der noch keine vergleichbaren Maßnahmen durchgeführt hatte oder zwar bereits vergleichbare Maßnahmen durchgeführt hatte, für den aber (noch) keine verwertbaren Quoten vorlagen, sollte pauschal 2 Punkte erhalten. Der Antragsteller beanstandete im Nachprüfungsverfahren, dass die pauschale Bewertung der bisherigen Erfolge und der Qualität der bisherigen Leistung von Marktneulingen mit zwei Punkten Bieter wie ihn benachteilige.
Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag als teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet zurück, weil der Antragsteller seiner Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB nicht nachgekommen sei. Im Übrigen habe die Auftraggeberin durch die Ausgestaltung der Wertungskriterien nicht gegen Vergaberecht verstoßen.

Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er unter anderem geltend macht, die Auftraggeberin habe Bieter mit nachgewiesener Erfahrung wie ihn ungerechtfertigt gegenüber Bietern ohne nachgewiesene Erfahrung benachteiligt.

Das OLG Düsseldorf erachtete die sofortige Beschwerde als nicht begründet, weil der Nachprüfungsantrag unbegründet gewesen sei. Ein Vergaberechtsfehler sei nicht darin zu sehen, dass Bieter, die im Betrachtungszeitraum keine vergleichbare Maßnahme durchgeführt hätten oder für die noch keine verwertbaren Quoten vorlägen, für die einzelnen Unterkriterien der Beurteilung der Erfahrung jeweils pauschal zwei Punkte erhielten, während alle übrigen Bieter zwischen 0 und 3 Punkten erhielten.

Es liege weder ein Verstoß gegen den vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen den Wettbewerbsgrundsatz vor. Zwar stehe die Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers bei der Festlegung der Ausschreibungsregularien unter dem gesetzlichen Vorbehalt der Diskriminierungsfreiheit der Vergabebedingungen und werde hierdurch begrenzt. Jedoch habe die Auftraggeberin die Grenzen ihrer Bestimmungsfreiheit nicht überschritten. Der Antragsteller werde im Wettbewerb mit den anderen Bietern um den Auftrag zwar schlechter gestellt, wenn er als Bieter mit nachweisbarer Erfahrung mit weniger als zwei Punkten bei den in Rede stehenden Wertungskriterien und damit schlechter als die Bieter bewertet werde, die keine vergleichbaren Maßnahmen durchgeführt haben. Allerdings sei die unterschiedliche Vorgehensweise bei der Wertung der Qualität der bisherigen Maßnahmen (Eingliederungsquote und Abbruchquote) je nachdem, ob der Bieter bereits berücksichtigungsfähige Maßnahmen durchgeführt habe oder als Marktneuling keine verwertbaren Maßnahmenerfolge vorweisen könne, durch gewichtige objektive Gründe gerechtfertigt.

Die in Rede stehende Bewertungsmethode sei so ausgestaltet, dass nicht nur erfahrene Bieter, sondern auch Marktneulinge Chancen auf den Zuschlag hätten. Da Newcomer bisher keine vergleichbaren oder berücksichtigungsfähigen Maßnahmen durchgeführt hätten, müsse deren Angebot im entsprechenden Wertungsbereich anderenfalls mit null Punkten bewertet werden. Hierdurch hätte ihr Angebot allenfalls geringe Chancen auf den Zuschlag. Durch die Benotung der Unterkriterien mit jeweils zwei Punkten werde hingegen eine durchschnittliche Qualität der Maßnahmen unterstellt und der Wettbewerb um den Auftrag erweitert. Erhalte hingegen ein Bieter, der bereits entsprechende Maßnahmen durchgeführt hat, weniger als zwei Punkte, weil die Qualität der Maßnahme eine höhere Benotung nicht zulasse, so habe er dies hinzunehmen.
(FV)

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