Bauen

Im historischen Voglmaierhaus sind das Gemeinde- und Standesamt untergebracht. (Foto: Wiegand)

02.02.2018

Alltagsleben in historischen Bauten

Auf den Spuren der Goldrausch-Architektur im österreichischen Rauris

Das „güldene Städtchen“ wurde Rauris, eine Gemeinde im Salzburger Land, einst genannt, denn Gold hatte das Bergdorf vom 14. bis ins 16. Jahrhundert reich gemacht. Zahlreiche gut erhaltene Gebäude künden bis heute von dem durch den Goldrausch verursachten Bauboom. Rauris bestritt damals zehn Prozent der Weltgoldförderung. Bereits 1342 hatte Erzbischof Heinrich von Pirnbrunn eine Bergordnung für den Goldbergbau erlassen und so mussten große Mengen an Gold an die Erzdiözese Salzburg für die Bergbaulizenz abgeliefert werden. Dennoch blieb der Goldabbau für Rauris ein lukratives Geschäft und bestimmte Leben, Denken und Bauen. Bereits 1400 wurde die Pfarrkirche fast komplett im gotischen Stil erneuert und erhielt auch zwei gotische Türme. Um 1510 kamen die Bayern mit Baumeister Peter Inzinger zum Zuge. Der errichtete den Westturm, schmückte die Kirche innen mit einem gotischen Rippengewölbe und baute wohl auch die sechs Pfeiler im Kirchschiff ein. Vielleicht kam die Kirche wegen dieser Verstärkung beim Marktbrand von 1706 glimpflich davon. Das Äußere wurde weit stärker beschädigt. Nord- und Südturm mussten abgetragen werden, doch Inzingers hoher Westturm wurde wieder aufgebaut. Seit 1780 zeigt sich die Kirche – auch gerne „Pinzgauer Dom“ genannt – in seiner heutigen Form.
Auf dem Altarbild, gemalt von Franz Streicher, spielt Gold auch eine auffällige Rolle. Die Heiligen drei Könige bringen dem Jesuskind ein Goldopfer dar. Ein Goldstern leuchtet am Himmel. Die Betrachter sind damit gleich mittendrin in Rauris’ Geschichte, auf die das Bergdorf zu Recht stolz ist und den Besuchern auch vermitteln will. Genau wie die Pfarrkirche sind auch die historischen Häuser mit roten Info-Schildern versehen und laden zur Besichtigung ein. Das noch weitgehend originale Voglmaierhaus von 1541, ein großes schwarzgraues Gebäude mit vergitterten Fenstern, ist ohnehin nicht zu übersehen. Das ist keine Augenweide, gehört aber zu den geschichtlich wichtigsten Bauten. Für die Rauriser auch in praktischer Hinsicht, beherbergt es doch seit Jahren das Gemeinde- und Standesamt.
Die Hochzeitsblumen hängen über dem kleinen, nicht mehr benutzten Seiteneingang. Dauerhafte aus Stein sind sie und zieren die Spitze eines Kielbogenportals. Wer nun an ein Boot denkt, liegt richtig. Wenn dieses kieloben liegt, ergibt sich diese Form, und die hat eine noch längere Tradition. Vor gut 1000 Jahren wurden Kielbögen bereits in der islamischen Baukunst bei Toren und Fenstern verwendet. In der Spätgotik kamen sie wieder in Mode.

Kein Museum, sondern
eine lebendige Gemeinde

Bautensucher werden im weiteren Verlauf der Marktstraße fündig. Wann die Häuser gebaut wurden und für wen, wozu sie später dienten und wer sie nun besitzt – das alles erzählen die roten Schilder und erklären auch die oft ungewohnten Namen. Doch Rauris ist kein Museumsdorf, sondern eine lebendige Gemeinde. Dass die historischen Häuser modernisiert wurden, ist durchaus zu sehen, und mancher Anbau zeugt nicht gerade von Stilgefühl. Dennoch hat Erhalt durch Nutzung Priorität vor puristischem Denkmalschutz. Auch im Zentrum braucht Rauris mit seinen rund 3100 Einwohnern Platz fürs wahre Leben, für sich und die Gäste. So versorgt ein Discounter im Bachmannhaus von 1590 das Dorf mit allem Nötigen, während gegenüber im Wagnerhaus von 1604 ein Sportgeschäft untergebracht ist.
Im Haus Gegenschreiber (1493) ging es einst um Kontrolle im Goldbergbau. Ein Hilfsbeamter des Berggerichts führte hier das „Berggegenbuch“, das Grundbuch der Bergwerke. Lange Zeit, bis 1974, war dort die Alte Post untergebracht. Nun bietet es Ferienwohnungen und Räume für einen Elektroladen. Der Landrichter, der wichtigste Mann des Dorfs, bewohnte das 1562 erbaute, nach ihm benannte Haus, das durch die Gestaltung der Ecke auffällt. Wer nach dem Urteil nicht zahlte, erhielt Besuch vom Gerichtsvollzieher, der im Fronbothaus lebte. Beliebter war der Bader im Gorihäusl, der auch Verletzungen behandelte. Dagegen versteht sich der Name Bäckerhaus von selbst. Erbaut wurde es im 15. Jahrhundert. Groß ist es nicht, der Bäcker musste wohl finanziell kleinere Brötchen backen, leistete sich aber ein schönes Kielbogenportal. Den Preis für gelungene Holzverwendung verdienen das Stauferhaus (aus dem 16. Jahrhundert) aufgrund seines schönen Holzportals und das Haus Haniflehen (1566) wegen seiner drei gestaffelten Holzbalkone. Die sind sicherlich jüngeren Datums, aber eine attraktive Zutat. Recht klein ist das Weinschreiberhaus, die frühere Zollstation. Der Weinschreiber kassierte die Bier-, Wein- und Schnapssteuer und musste sicherlich nicht darben. Bei der Nutzung von historischen Bauten bleibt es jedoch nicht. Ein Beispiel dafür ist das moderne Schulzentrum, ein viel Platz bietender Flachbau mit grünlich verglaster Fensterfront. Auch die Trachtenmusikkapelle hat sich ein zeitgemäßes Haus geleistet und Rauris selbst die neue, dringend erforderliche Hochalmbahn. In zwei Etappen schweben die blauen Gondeln bis auf 2194 Meter. Oben angekommen, führen Pfade in Richtung Goldberggruppe, wo noch Relikte der Knappenbauten zu sehen sind. So schließt sich der Bauten-Rundgang durch Geschichte und Moderne. (Ursula Wiegand) (Das spätgotische Kielbogenportal am Voglmaierhaus; der Flachbau des neuen Schulzentrums und der Neubau für die Rauriser Trachtenmusikkapelle - Fotos: Wiegand)

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