Bauen

Ein Gebäude – an der Brienner Straße – des klassizistischen Ensembles am Karolinenplatz. (Foto: Friedrich H. Hettler)

03.04.2024

Alte Hülle, neuer Kern

Denkmalgeschütztes klassizistisches Gebäude-Ensemble am Münchner Karolinenplatz wurde saniert

Mitten in München in der Maxvorstadt, auch Kunstareal genannt, spaziert es sich schön. Es wimmelt von Gebäuden mit Geschichte, von Kunst und Kultur. Pinakotheken, Museen mit staatlichen Sammlungen, Universitäten und Hochschulen prägen das Bild. Die schweren Repräsentationsbauten der NS-Zeit mit dem neu errichten NS-Dokuzentrum schließen zum Königsplatz hin an.

Bestandteil dieser Gegend ist auch das denkmalgeschützte klassizistische Gebäude-Ensemble am Karolinenplatz, welches nach den Plänen Karl von Fischers entstand. Es besteht aus einem zentralen Haupthaus, welches den Ersatzbau des kriegszerstörten ehemaligen Kronprinzenpalais darstellt, sowie zwei fast baugleichen Flügelbauten entlang der Barer beziehungsweise der Brienner Straße. Alle drei Gebäude präsentieren sich zur Straße hin, stehen aber über ihre gemeinsame Grünanlage gleichzeitig in enger räumlicher Verbindung mit den Gebäuden des israelischen Generalkonsulats und der Hochschule für Musik und Theater München.

Nach teilweiser Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und Wiederaufbau in den 1950er-Jahren war in dem Ensemble seit der Nachkriegszeit die Staatliche Lotterieverwaltung beheimatet.

2015 verlagerte die Deutsche Akademie für Technikwissenschaften, kurz Acatech, ihren Hauptsitz an den Karolinenplatz, bezog das Haupthaus sowie ein Nebengebäude und äußerte den Wunsch, auch das Gebäude an der Brienner Straße, die ehemalige Kantine der Lotterieverwaltung, zur Verwaltungs- und Konferenznutzung mit Übernachtungsmöglichkeiten umzubauen und zu sanieren.

Zweijährige Bauzeit

Nachdem das Staatliche Bauamt München 2 dafür im Jahr 2017 den Planungsauftrag erhielt, wurde das Münchner Architekturbüro Müller-Hamann Hassenzahl mit der Planung beauftragt.
Nach einer knapp zweijährigen Bauzeit konnte das Gebäude im November 2022 trotz widriger Pandemiebedingungen termingerecht an den Nutzer übergeben werden. Die Architekten transformierten das ehemalige Kantinengebäude mit einer Nutzfläche von rund 630 Quadratmetern zu einem auf exakt auf die Nutzung Acatechs abgestimmten modernen Verwaltungsgebäude, dem der vormalige „Kantinenmief“ kein bisschen mehr anzumerken ist.

Im Erdgeschoss finden nun, neben der Möglichkeit für temporäre Arbeitsplätze, hochkarätige Konferenzen und Veranstaltungen statt, während im Obergeschoss die Möglichkeit geschaffen wurde, Wissenschaftler*innen temporär Wohn- und Arbeitsräumlichkeiten zu bieten. Zudem befindet sich hier ein weiterer Seminarraum.

Der Zugang sowie das gesamte Erdgeschoss wurden unter barrierefreien Gesichtspunkten gestaltet.

Die großzügigen Räume fließen – nur durch Glaseinbauten getrennt – ineinander und lassen auf den weiß gespachtelten Wandoberflächen und dem hellen Terrazzoboden ungehindert das im Laufe des Tages verändernde Licht- und Schattenspiel wandern. Dabei stellen neue Türanlagen Schallschutz bei maximaler Transparenz her.

Ein Fokus bei der Sanierung lag auf der höchst anspruchsvollen technischen Ausgestaltung, die sich gleichzeitig der Architektur unterordnet. Technikeinbauten wie Lüftungs- und Kühlungsanlagen verschwinden beziehungsweise fügen sich passgenau in ihre Umgebung ein. Die Materialität nimmt sich bewusst sehr zurück, alles ist hell und weiß gestrichen und bietet damit der skulpturalen schwarzen Treppe, die vom Foyer zu den Toilettenanlagen im Untergeschoss führt, eine perfekte Bühne.

Über das im Wesentlichen unveränderte Treppenhaus mit seinen Natursteinbelägen und dem typischen 1950er-Jahre-Charme gelangt man in das von der Kubatur der Dächer eigenwillig geformte Obergeschoss.
Im Obergeschoss – zur ruhigen Hofseite hin – wurden drei Gästezimmer für Gastforscher*innen eingerichtet. Ihnen werden unter dem niedrigen Dachspitz ein gemeinsames „Wohnzimmer“ sowie Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt – ein auffallend kommunikatives Konzept im digitalen Zeitalter. Das ganze Obergeschoss ist mit dunkelgrünem Linoleum ausgelegt, der zu den ansonsten komplett weißen Wänden und Türen einen edlen und zugleich wohnlichen Eindruck vermittelt.

Im Gegensatz zur feinen Sanierung der Innenräume wurde die Fassade nur punktuell instand gesetzt, auch um sich nicht zu sehr von den anderen Gebäuden des Ensembles abzuheben. Nur im Mitteltrakt wurden vier Fenster, die beim Wiederaufbau 1946 zugemauert wurden, wieder freigelegt und in Anlehnung an die historisch anmutenden Bestandsfenster neu verglast.

In der historischen Hülle befindet sich nun ein helles, sehr fein ausgestaltetes Innenleben. Diese Spannung kann man bei einem Blick durch die erleuchteten Fenster an einem Winterabend schon erahnen. (Veronika Weinert)
 

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