Bauen

Die Kosten für die Sanierung der Klosterkirche in Schmerlenbach belaufen sich auf rund 1,5 Millionen Euro. (Foto: Cornelia Müller)

03.05.2019

Barockes Bauwerk erstrahlt in neuem Glanz

Zwei Jahre lang wurde die Klosterkirche in Schmerlenbach saniert

Die Muttergottes ist näher an die Menschen herangerückt. Das Gnadenbild der Muttergottes von Schmerlenbach aus dem 14. Jahrhundert war immer schon Anlaufstelle für zahlreiche Gläubige, die Trost, Hilfe und Kraft im schmerzensreichen Antlitz der Gottesmutter suchten. Jetzt steht die wertvolle Pietà aus Lindenholz nicht mehr in einer kleinen Nische über dem Tabernakel, sondern gut sichtbar im Zentrum der Klosterkirche St. Agatha. Diese wurde nach zweijähriger Sanierung Ende März vom Würzburger Bischof Franz Jung mit der Weihe des neuen Altars wiedereröffnet.

Der barocke Bau erstrahlt nun in neuem Glanz. Fast 30 verschiedene Gewerke waren dazu nötig, ein Großteil der Arbeiten bleibt jedoch für den Betrachter unsichtbar. Als im März 2017 das marode Kirchlein geschlossen wurde, kamen schwere Geräte. Alles, was beweglich war, wurde ausgelagert. Unter der Leitung des Aschaffenburger Architekten Joachim Kaupp musste das Gebäude zunächst wieder auf sichere Beine gestellt werden. Denn der Baugrund, auf dem es seit Jahrhunderten stand, war lehmig, schwammig, versumpft. Feuchte Mauern, Risse in Decken und Wänden, gar Einsturzgefahr waren die Folge. Erst in sechs Metern Tiefe stießen die Bauarbeiter nach Bohrungen auf tragfähigen Boden. Auf dieses Fundament ließ Kaupp die Kirche stellen, gab ihr mit einem aufwendigen Geflecht aus Stelzen und Bohrpfählen wieder Halt.

Im Detail: Unter die tragenden Mauern an der Längsseite der Kirche zum Friedhof hin setzten Fachleute in regelmäßigen Abständen neue Fundamentstücke ein. Diese verbanden sie mit Bohrpfählen, die nun bis auf den stabilen Untergrund in sechs Metern Tiefe reichen. Die Kirche wurde an mehreren Stellen untergraben und auf Stelzen gestellt, wie Architekt Kaupp erklärt. Das barocke Bauwerk sei quasi „Huckepack“ genommen worden. Möglich war dies allerdings nur von einer Seite aus, denn die gegenüberliegende Nordwand ist mit dem direkt angrenzenden Bildungs- und Tagungshaus der Diözese Würzburg verbunden. Deshalb ließen sich nicht auf beiden Seiten der Mauern Gruben ausheben. Spezialisten aus Thüringen haben die bauliche Herausforderung so gelöst: Die Bohrpfähle, die bis auf das feste Fundament hinunterreichen, kreuzen sich unterhalb der Kirchenmauern und tragen diese.

Hinzu kam die sogenannte „Quervernadelung“ der Kirche. Die gerissenen Außenmauern wurden verpresst und mit Bohrankern zusammengespannt. Diese halten wie ein Korsett das Mauerwerk zusammen, erklärt Kaupp.
Jetzt, da alles wieder zugemauert, verputzt und auch außen neu gestrichen ist, ist von den gut ein Jahr lang dauernden Rohbauarbeiten im Untergrund kaum mehr etwas zu sehen. Diese machen aber einen Großteil der Baukosten aus, die sich laut Kaupp auf insgesamt etwa 1,5 Millionen Euro belaufen. Den Löwenanteil davon trägt der bischöfliche Stuhl, in dessen Eigentum die ehemalige Klosteranlage ist. Mitfinanziert haben die Renovierung die Pfarrei Schmerlenbach sowie der Markt Hösbach.
Sandsteinplatten statt gelbem Jura-Boden

Dafür springt das mit viel Sachverstand restaurierte Innere der Kirche ins Auge. Anstelle des bisherigen gelben Jura-Bodens liegen nun Sandsteinplatten. Die alten Holzpodeste unter den wieder verwendeten Kirchenbänken aus heller Eiche wurden ersetzt. Alle Heiligenfiguren wanderten in die Restauratorenwerkstatt. Die Kreuzwegstationen wurden überarbeitet, sie hängen nun aufgelockert an den Kirchenwänden, nicht mehr wie zuvor unter der Empore gedrängt. Dort hat nun das Sandstein-Relief der „Maria an der Sonne“ aus dem 16. Jahrhundert einen zentralen Platz. Das Taufbecken wurde aus dem hinteren Altarraum gegenüber der Eingangstür versetzt.

Hell erstrahlen Wände und Decke der ehemaligen Klosterkirche mit den überarbeiteten Freskomalereien. Mit zartem Gelb, Rot- und Rosé-Tönen sowie Blau für den Deckenhimmel ist der Farbenklang nun wieder ins Gleichgewicht gekommen, erklärt Architekt Kaupp, dessen Büro sich auf das Renovieren von Kirchen spezialisiert hat. Die Orgel, an der vor dem Umbau Schimmel festgestellt wurde, steht innen und außen aufgefrischt wieder an ihrem Platz.

Veränderungen im Altarraum

Die auffälligsten Veränderungen zeigen sich im Altarraum. Die Gewinnerin des von der Diözese Würzburg ausgeschriebenen Kunstwettbewerbs, Madeleine Dietz aus Landau in der Pfalz, sorgt hier für vielfältige Kontraste und sicher auch für Diskussionsstoff. Altar, Ambo, Kerzenständer, Sedilien und Vortragekreuz sowie die Stele als neue Heimat des Gnadenbilds stammen aus der Werkstatt der Bildhauerin. Sie stehen durch ihr Material, ihre filigrane und reduzierte Gestalt in großem Gegensatz zur barocken Üppigkeit des Kircheninneren.
Dietz hat Messing, Stahl und Blattgold verwendet. Alle Teile sind von einer Bordüre aus gerissenem Ton umfasst. Diese soll, so die Künstlerin, die Erde darstellen, das Symbol des Lebens, den Anfang und das Ende. Neues und Altes, Tradition und Moderne in Einklang zu bringen, das sei auch eine Definition von Glaube, betont Pfarrer Matthias Rosenberger. Er ist Leiter der Pfarreiengemeinschaft Maria an der Sonne, zu der die Pfarrei Schmerlenbach gehört. Rosenberger will die Wallfahrt am Ort wieder neu beleben. Gerade das Gnadenbild ziehe viele Menschen in seinen Bann.

Als Bischof Jung vor Kurzem den neuen Altar weihte, ließ er in dessen Boden auch drei Reliquien ein. Sie stammen vom heiligen Martin, dem heiligen Burkard, der erster Bischof von Würzburg war, und von Hildegard von Bingen.

Zwei Jahre des emsigen Schaffens sind nun vorbei. Auch die Mitarbeiter und Besucher des direkt angrenzenden Bildungshauses sind froh darüber. Mussten sie doch den Seminarbetrieb trotz des Baustellenlärms weiterführen.

Wo heute das Tagungszentrum und die Wallfahrtskirche stehen, begann vor 800 Jahren mit der Gründung des Klosters die Geschichte des Orts Schmerlenbach, benannt nach dem Bach, der dort fließt. Gottfried von Kugelnberg stiftete 1218 das Kloster, das ab 1219 von den Benediktinerinnen bewirtschaftet wurde und damals den Namen „St. Maria im Hagen“ trug. Mit der Säkularisierung 1803 kam das Kloster in den Besitz des Mainzer Fürstbischofs und wurde nach dem Tod der letzten Äbtissin 1808 aufgelöst. 1812 wurde die Pfarrei Schmerlenbach gegründet.

Die Klosterkirche, die der heiligen Agatha geweiht ist, hat zahlreiche Umbauten hinter sich. Der heutige Bau wurde Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet, nachdem das ursprüngliche Gebäude wegen Einsturzgefahr abgerissen wurde.

„Du schaust wie die Muttergottes von Schmerlenbach!“ ist in Franken ein geflügeltes Wort für Menschen, die besonders bedrückt aussehen. Wenig respektvoll spielt es auf den trauernden, tränenvollen Gesichtsausdruck der Gottesmutter in der gut 30 Zentimeter großen Pietà aus Lindenholz an, die aus dem 14. Jahrhundert stammt. Ungewöhnlich sind die Proportionen des über 600 Jahre alten Gnadenbilds, dessen Schöpfer unbekannt geblieben ist. Der Kopf Mariens sowie die Wundmale Christi sind überdimensioniert und bringen die Trauer, den Schmerz ungeschminkt klar zum Ausdruck. (Cornelia Müller)

(Der Altarraum; die Pietà aus Lindenholz und die Orgel - Fotos: Cornelia Müller)

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