Bauen

Einen echten Furnierbaum erkennen nur Spezialisten – dazu bedarf es jahrelanger Erfahrung. (Foto: Friedrich H. Hettler)

27.04.2018

Das dünnste Massivholz der Welt

Die deutsche Furnierwirtschaft freut sich über eine stabile Wirtschaftslage

Ein Blick auf die aktuelle Nachfrage unserer ebenso natürlichen wie vielfältigen Oberfläche zeigt, dass der traditionsreiche Holzwerkstoff Furnier eine recht stabile Marktperformance erzielt“, erklärt Ursula Geismann, Geschäftsführerin der Initiative Furnier + Natur (IFN). Die Gründe sind ihrer Ansicht nach mannigfaltig: Immer mehr Endkunden würden das dünnste Massivholz der Welt gegenüber seinen bedruckten Mitbewerbern bevorzugen, denn die Sensibilität für authentische und natürliche Oberflächenmaterialien steige. Holz erlebe einen großen Zuspruch. Gleichzeitig wünschen immer mehr Verbraucher Unikate, die sie garantiert mit einer Oberfläche aus echtem Furnier bekommen, da kein Baum genau gleich wie ein anderer wächst, betont Geismann. Hinzu komme die Antwort der Furnierindustrie auf personalisierte Oberflächen zum Beispiel für den Ladenbau, für den Furniere spezifisch bedruckt werden können und so das sogenannte unternehmerische Erscheinungsbild gerade für die international tätige Kundschaft gewährleisten. „Bei all dem ist es heute technisch möglich, zusätzlich noch besonders individuelle Oberflächen wie gebürstete, sägeraue, faserraue, wellig gehobelte und gehackte Optiken zu produzieren“, so IFN-Geschäftsführerin. Selbst den originellsten Kundenvorgaben seien daher kaum noch Grenzen gesetzt. Diese positive Entwicklung geht laut Geismann auch umsatzmäßig mit einem seit 2009 recht stabilen Inlandsverbrauch Hand in Hand mit der guten Stimmung und sei daher ein Hoffnungsschimmer. Es gehe nun darum, den Silberstreif am Horizont zu erhalten und zu vergrößern.

Die inneren Werte zählen

In den vergangenen Jahrzehnten war der deutsche Furniermarkt durch dramatische Einbrüche in der Produktion, im Export und auch im Import gekennzeichnet. Von 1995 bis 2017 reduzierte sich das Marktvolumen von über 300 Millionen auf inzwischen 61,4 Millionen Euro. Im gleichen Zeitraum ging die inländische Produktion auf 52,6 Millionen Euro zurück, was im Vergleich zum Vorjahr laut Geismann allerdings einer Steigerung von zwei Prozent entspricht. Die Exporte stabilisierten sich und erzielten 145,2 Millionen Euro, die Importe sanken um 3,5 Prozent auf jetzt 154 Millionen Euro.
Deutschland entwickelte sich in den letzten beiden Jahrzehnten von einem starken Furnierproduzenten zu einer Handelsdrehscheibe für Furnier. Der größte Teil der deutschen Furniere wird inzwischen nicht mehr in Deutschland selbst produziert, sondern aus dem Ausland importiert. Aktuell produzieren nur noch sechs Unternehmen in Deutschland. Die wichtigsten Ursprungsländer für Furnierimporte waren die USA mit 18,1, die Ukraine mit 15,6, dicht gefolgt von Österreich mit 14,4 Millionen Euro. Der Furnier-Exportwert blieb, wie bereits kurz erwähnt, mit leichtem Zuwachs um 0,1 Prozent stabil bei 145,2 Millionen Euro. Zu den wichtigsten Exportmärkten gehörten die USA mit 14,2, Tschechien mit 12,8 und Italien mit 12,5 Millionen Euro. Für den Laien sehen alle Bäume gleich aus. Aber selbst Naturliebhaber können zumeist nur etwas über die Baumart, das ungefähre Alter des Baums und dessen individuelle Lebensbedingungen sagen. Einen echten Furnierbaum erkennen hingegen nur Spezialisten. „Bei einem Furnierbaum zählen allein die inneren Werte. Um diese zu erkennen, bedarf es jahrelanger Erfahrung“, so Geismann.
Auf der Welt gibt es insgesamt rund 40 000 Holzarten. Nur etwa ein halbes Prozent davon, rund 200 Arten, sind grundsätzlich für Furnier zu gebrauchen. Und nur wenige Bäume jeder dieser Arten sind ein echter Furnierbaum. Der Kunde des Furnierherstellers ist im wahrsten Sinne des Wortes „König“: Er legt mit seinem Wunsch fest, wie das Furnier letztendlich beschaffen sein soll. Hat der Furnierhersteller etwas Passendes vorrätig, ist der Auftrag erledigt. Ist das jedoch nicht der Fall, wird es spannend: Dann geht es für den oder die Experten des Furnierunternehmens auf kleine oder auch größere Reise.
Doch wie sieht der ideale Furnierbaum aus? Idealerweise ist der Furnierbaum von ebenmäßigem, geradem Wuchs. Der Stamm sollte möglichst rund und nicht in sich verdreht sein. Außerdem wichtig ist eine gleichmäßige Rinde ohne großes Astaufkommen in den wichtigen Bereichen. Zudem sollte der Baum keine großen Beschädigungen aufweisen, wie sie zum Beispiel durch einen Blitzschlag oder einen anderen umgestürzten Baum auftreten können. Ähnliches gilt für Insektenbefall oder durch Tiere verursachte Unregelmäßigkeiten im Holz.

Ausgewählte Bäume

„Erfüllt ein Baum diese vielen Voraussetzungen, wird er zum Furnierhersteller gebracht und auf Kundenwunsch verarbeitet“, erklärt Geismann. Das Ergebnis lässt sich dann wunderbar auf Designermöbeln, in Automobilen oder auch in Form von ungewöhnlichen Objekten wie Waschbecken, Badewannen, Skiern, Kiteboards oder sogar Furnierbrillen bewundern. Furnier wird aus dem Holz ausgewählter Bäume gewonnen, die überwiegend in nachhaltig bewirtschafteten Wäldern gewachsen sind. Die zumeist verwendeten Baumarten sind Ahorn, Buche, Eiche, Esche und Nussbaum aus heimischen, europäischen und im Falle von Eiche, Ahorn und Nussbaum auch amerikanischen Wäldern. Ist der richtige Baum gefunden, wird er geschält, gemessert oder gesägt. Dabei entstehen Holzblätter, die rund 0,45 bis sechs Millimeter dick sind. Diese werden getrocknet, nach Qualität und Sorte gestapelt, zugeschnitten und zu einem Deck zusammengesetzt. Diese Furnierdecks werden anschließend auf Trägermaterialien wie Massivholz-Stäbchenplatten, Spanplatten, MDF-Platten, Multiplexplatten oder Sperrholz aufgeleimt und verpresst. Neben der wirksamen Pressearbeit ist das zweite Marketingstandbein für Furnier die digitale Welt. Die Kampagne „Furniergeschichten“, die im Juli 2014 gestartet wurde, um Aufmerksamkeit für Furnier bei Meinungsführern sowie Multiplikatoren zu schaffen und Furnier als zukunftsfähiges Material zu positionieren, läuft erfolgreich. Alle Filme werden auf der Kampagnenseite präsentiert und über die sozialen Netzwerke Youtube und Facebook zusätzlich verbreitet. Die IFN ist ein internationaler Verein, der neben deutschen ordentlichen Mitgliedern (zwölf) auch österreichische (fünf) und schweizerische Mitglieder (drei) sowie jeweils ein Mitglied aus der Slowakei, aus Slowenien, aus Kroatien und Estland hat. Außerdem gehören der IFN zehn Fördermitglieder an.
(Friedrich H. Hettler) (Ein Furnierbaum wird zum Antransport fertig gemacht. Furniere sind zwischen 0,45 und sechs Millimeter dick - Fotos: Friedrich H. Hettler)

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