Bauen

Durch das Instrument der gesamtschuldnerischen Haftung tragen das Insolvenzrisiko und Haftungsausfallrisiko in weiten Teilen allein die Berufsstände der Architekten und Ingenieure. (Foto: Bilderbox)

02.06.2014

Der Gesetzgeber ist gefordert

Lutz Heese, Präsident der Bayerischen Architektenkammer, über Architekten- und Ingenieurrecht

Vor Kurzem hat zum 5. Mal der Deutsche Baugerichtstag in Hamm getagt. Neben Fragen des Bauträgerrechts, des Versicherungsrechts und den Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung standen dabei auch Änderungen im Bereich des Architekten- und Ingenieurrechts im Mittelpunkt.
Das Planen und Bauen ist in Deutschland mit seinem gesamten Wirtschaftsvolumen Garant für den gesellschaftlichen Wohlstand, einen gesunden Mittelstand und ein konstantes Wirtschaftswachstum. Wie der ehemalige Ministerpräsident von Hessen und aktuelle Vorstandsvorsitzende der Bilfinger SE, Roland Koch, in seinem Eingangsreferat anschaulich darstellte, droht dieser Stellenwert in Deutschland momentan vernachlässigt zu werden. Das Bauen sei mittlerweile von so vielen Unwägbarkeiten geprägt, dass sich ein Teil der noch vorhandenen Bauunternehmen vom Markt zurückziehen könnte. Die Bau- und Vergabeprozesse seien von zu vielen Faktoren abhängig, als dass eine wirtschaftlich vernünftige Kalkulation und Abwicklung der Vorhaben erfolgen könne.

Fehlentwicklung festzustellen

Tatsächlich ist auch im Bereich der Architekten und Ingenieure eine Fehlentwicklung festzustellen. Durch das Instrument der gesamtschuldnerischen Haftung tragen das Insolvenzrisiko und Haftungsausfallrisiko in weiten Teilen allein die Berufsstände der Architekten und Ingenieure. Als allein am Bau zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung Verpflichtete sind sie meist die Ersten und leider auch oft die Letzten, die für den gesamten Schaden aufkommen müssen.
Das ursprünglich vom BGH zum Schutz der Architekten eingeführte Instrument der gesamtschuldnerischen Haftung hat sich im Zuge der Zeit zu ihrem Nachteil verkehrt. Auch wenn wir grundsätzlich nur für Mängel bei der eigenen Planung, Vergabe und Überwachung der Bauleistungen einstehen müssen, trifft uns der volle Haftungsumfang immer dann, wenn auch im Zuge der Bauüberwachung eine mangelbehaftete Ausführung von Bauunternehmerseite festzustellen ist. Eine Lösung dieses Problems erscheint deshalb auch aus Sicht der führenden Baujuristen als dringend geboten.

Beispiel Österreich

Zwei Lösungsansätze werden hierbei aufgezeigt: Erstrebenswert ist es zum einen, dass einer möglichen Nachbesserung Vorrang vor der Geltendmachung von Schadensersatz eingeräumt wird. Es wird insoweit empfohlen eine Regelung zu treffen, der zufolge der Architekt erst dann im Rahmen eines Gesamtschuldverhältnisses auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann, wenn der Bauunternehmer zuvor fruchtlos unter Fristsetzung zur Nacherfüllung aufgefordert worden ist. Interessant ist darüber hinaus ein Ansatz bei unseren Nachbarn in Österreich. So besteht im österreichischen Recht nur solange ein Anspruch auf vollen Haftungsausgleich im Rahmen einer Gesamtschuld, bis eine Haftungsquote ermittelt wird. Ist eine Quote festgestellt, haftet jeder Beteiligte nur in Höhe seiner Quote. Das entsprechende Ausfall- beziehungsweise Insolvenzrisiko verbleibt damit wieder bei den Marktteilnehmern und nicht allein beim Architekten.
Volkswirtschaftlich und gesamtgesellschaftlich ist eine reine Risikoabwälzung auf den Architekten nicht vertretbar. Insofern sind die jetzt entworfenen Lösungsansätze ein erster Schritt in die richtige Richtung. Der Bundesgesetzgeber ist gefordert, diesen Anstoß aufzunehmen und eine entsprechende rechtliche Umsetzung zeitnah anzugehen.

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