Bauen

Alexander Lyssoudis. (Foto: Tobias Hase)

16.10.2023

„Die Politik muss sich im Klaren sein, nach der Novelle ist vor der Novelle“

Kammer-Kolumne: „Das GEG – massiv fehlerbehaftet und wenig praktikabel“

Nach teils heftigen Auseinandersetzungen unter den Koalitionsparteien und einer medialen (Schlamm)Schlacht wurde am 8. September 2023 im Bundestag endlich das neue Gebäudeenergiegesetz (in der Presse besser bekannt als „Heizungsgesetz“) beschlossen.

Trauriges Ergebnis der erbittert und öffentlich geführten Diskussion: existenzielle Ängste bei den Hausbesitzern sowie eine große Verunsicherung im Umgang mit den grundsätzlichen Fragen der Energiewende.
Dabei zählt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) zu den wesentlichen Gesetzgebungen, mit denen Deutschland kurz- und mittelfristig den Treibhausgasemissionen den Kampf ansagt. Eine historische Chance, die Weichen in unserem Land richtig zu stellen und eine nachhaltige Dekarbonisierung im Gebäudesektor zu gestalten.

Vieles wurde nun auf den richtigen Weg gebracht, aber zahlreiche Detailfragen und Anforderungen hinterlassen bei den Bauleistenden viele Fragezeichen und Anpassungswünsche.

An dem Grundsatz, dass ab sofort der Energiebedarf eines Gebäudes nur mit einem 65-prozentigen Anteil an erneuerbaren Energien zu decken ist, hat sich nichts geändert. Die vorwiegende Stellschraube, die man in diesem Zusammenhang gedreht hat, ist nicht der Wärmeschutz, sondern ausschließlich die dahintersteckende Wärmetechnik. So werden die Anforderungen an den Wärmeschutz und dem Jahresprimärenergiebedarf im Vergleich zu der bisherigen Regelung beibehalten und nicht verändert.

Signifikanter Wandel

Durch den 65-prozentigen EE-Ansatz findet aber ein signifikanter Wandel der Wärmeerzeugung im Neubau und Bestand hin zu treibhausgasemissionsfreien Technologien statt – allen voran die Wärmepumpentechnik. Das zunächst angedachte Verbot von Biomasseheizungen ist richtigerweise gefallen.

Solche Entscheidungen stellen die Gebäudeplaner jedoch vor große Herausforderungen, denn vor allem nicht jedes Bestandsgebäude lässt sich problemfrei mit Wärmepumpentechnik ausstatten. Gewisse Grundvoraussetzungen müssen dabei erfüllt werden, die bei bestimmten Gebäudebauarten entsprechenden Baualters unter Umständen eine Abkehr von damals üblichen statischen Heizflächen (Heizkörper) hin zu Flächenheizsystemen erforderlich macht. Dabei können Umrüstkosten entstehen, die die Gebäudeeigentümer mal nicht so eben aus der Portokasse finanzieren können. Es war deshalb unabdingbar und richtig, dass man mit der Beschlussempfehlung zu einer um fünf Jahre verlängerten Übergangsfrist übergegangen ist.

Ferner ist der Technologieoffenheit ein stärkeres Gewicht verliehen worden, weil man durch Streichung von über 15 Paragraphen im Gebäudeenergiegesetz die viel zu detaillierten Anforderungen für Heizungsanlagen an die Erreichung des 65 Prozent-Zieles weiter fasst.

Das im GEG nun beschlossene Betriebsverbot von fossilen Brennstoffen wurde auf alle Kesselarten ausgeweitet und stellt sicher, dass ab dem 1. Januar 2045 keine fossil betriebenen Heizungsanlagen mehr in Betrieb sind.
Mit den Paragrafen 60a, 60b und 60c wurden mit dem GEG nun der hydraulische Abgleich und Optimierungsmaßnahmen in Form von „Betriebsprüfungen“ gesetzlich eingeführt. Völlig unverständlich ist aber, dass man mit diesen Betriebsprüfungen zur Optimierung von Heizungsanlagen ein sogenanntes Fachkundiges Personal ermächtigt hat, welches in der Summe der damit erforderlichen Tätigkeiten inhaltlich und aufgrund des anstehenden Bedarfes überfordert sein dürfte. Ingenieure, die fachlich in der Lage sind, solche Heizungsanlagen zu planen oder sich bei der Planung beteiligen sowie alle Bauphysiker dieses Landes bleiben für diesen Personenkreis unberücksichtigt. Das ist absolut inakzeptabel.

Ein wesentlicher Kritikpunkt aus Sicht der Ingenieure und Architekten ist auch der immer noch komplexe Vollzug des GEG, der zu Verunsicherungen unter den Gebäudeeigentümern führt, und in Konsequenz die Motivation für energetisches Sanieren schmälert.

Die Baubranche ist erst einmal froh darüber, dass die Verzögerungen bei der Neufassung des GEG ein Ende haben und endlich wieder eine gewisse Planungssicherheit herrscht. Die Politik muss sich aber auch im Klaren sein, dass „nach der Novelle vor der Novelle“ ist und an einzelnen Bestimmungen, die massiv fehlerbehaftet oder wenig praktikabel sind, noch gearbeitet und „repariert“ werden muss. 
 

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