Mit der Wiedereröffnung der Nördlichen Karl-Theodor-Zimmer im Juni 2016 ist ein großes Etappenziel erreicht – die Restaurierung und museale Neukonzeption aller Schauräume des Besichtigungsrundgangs nördlich des zentralen Festsaals in Schloss Nymphenburg. Die Nördliche Galerie machte 2007/2008 den Anfang, das Nördliche Apartment folgte zum 350-jährigen Jubiläum des Baubeginns von Schloss Nymphenburg 2013/2014.
Die Maßnahme in den Nördlichen Karl-Theodor-Zimmern begann gleich im Anschluss im April 2015. Die umfassende Restaurierung der gesamten Raumschale inklusive aller wandfester Kunstwerke ging dabei stets Hand in Hand mit der Neukonzeption der musealen Präsentation, der Restaurierung des beweglichen Kunstguts und der aufwendigen Rekonstruktion der verlorenen historischen textilen Raumausstattung.
Bau- und Museumsabteilung sowie das Restaurierungszentrum der Bayerischen Schlösserverwaltung, das Staatliche Bauamt München I und freie Auftragnehmer wirkten hier zusammen. Pflege und Erhalt,

historische Authentizität in der Präsentation und spannende Vermittlung der barocken Sommerresidenz Nymphenburg als einer der touristischen Hauptattraktionen Münchens stehen dabei im Mittelpunkt.
Die drei nach ihrem Bauherrn benannten Räume auf der Gartenseite der Nördlichen Galerie in Schloss Nymphenburg wurden unter Kurfürst Karl Theodor von Pfalz-Bayern (1777-1799) ab 1795 von Hofarchitekt Maximilian von Verschaffelt an den Galerietrakt angefügt. Sie bilden das bauliche Pendant zu der entsprechenden Raumgruppe hinter der Südlichen Galerie. Mit beidem initiierte Karl Theodor die letzte bedeutende bauliche Erweiterung des Schlosses.
Ungeachtet ihres vornehmen Erscheinungsbildes im klassizistischen Stil und ihrer zentralen Lage im Schloss wurden die Nördlichen Karl-Theodor-Zimmer nachfolgend überwiegend für dienende Funktionen genutzt: So waren sie Toilettezimmer (Raum 6), Garderobe (Raum 7) und Kammerdienerzimmer (Raum 8) für das angrenzende Gästeapartment. 1967 wurden sie erstmals museal eingerichtet.
Hohe Besucherzahlen, Staub und Schmutz haben beinahe 50 Jahre nach der letzten Restaurierung ihre Spuren hinterlassen, sodass die Räume dringend einer sorgfältigen Pflege bedurften. So stand am Anfang zunächst die Konservierung und Pflege der historischen Bausubstanz. Großen Anteil daran hatte die Bearbeitung der bauzeitlichen Parkettböden, die einer Oberflächenreinigung mittels

Trockeneisbearbeitung und holztechnischen Konservierungsmaßnahmen zur Stabilisierung des historischen Tafelparketts unterzogen wurden. Nach dem Wachsen der fertigen Oberflächen können die Räume nun ohne ästhetisch störende Museumsläufer begangen werden.
Die Vertäfelungen der Sockelzone und der Türen- sowie Fensterlaibungen, die die Räume zurückhaltend akzentuieren, wurden holztechnisch stabilisiert; ihre perlweiß gefassten Oberflächen wurden gereinigt, Fehlstellen gekittet und retuschiert, fehlende Teile partiell rekonstruiert. An den zuletzt weiß gefassten, jedoch stark vergrauten Wand- und Deckenflächen wurden Altanstriche abgenommen, die Flächen, Kehlen und Profile der klassizistischen Decken nach historischem Befund mit einem weißen Neuanstrich versehen.
Ursprünglich waren die Wände laut historischen Inventarbeschreibungen mit farbigen Tapeten ausgekleidet. Dies bestätigten kleinste noch vorhandene Fragmente, die ebenso wie Reste einer farbigen Marmorierung für den Standort eines Ofens durch kleine „Befundfenster“ dauerhaft sichtbar belassen wurden.
Begleitend zur Restaurierung wurden die Elektroinstallation inklusive Brand- und Einbruchmeldeeinrichtungen erneuert sowie neue Heizkörper eingebaut und störende, jüngere Heizkörperverkleidungen rückgebaut. Alle Fenster wurden mit UV-Schutzfolie und textilem Lichtschutz versehen.
Museale
Farbgestaltung
Im Zusammenhang mit der musealen Neukonzeption der Räume wurde eine entscheidende Veränderung vorgenommen: Anstelle des nüchtern weißen Wandanstrichs, der die Säle seit ihrer Eröffnung in den 1960er Jahren kennzeichnete, erhielten die Wände eine raumweise differenzierte Farbigkeit, die die Exponate besonders zur Geltung, ja geradezu zum Strahlen bringt. Zwar handelt es sich bei der gewählten Farbigkeit – ein Violett, ein Grün und ein kräftiges Hellblau – um eine museale Farbgestaltung, die aus den präsentierten Kunstwerken entwickelt wurde und mit den angrenzenden Schlossräumen in Korrespondenz steht (Konzeption: Patrick Utermann, München); doch trägt die Entscheidung für farbige Wände der Tatsache Rechnung, dass schlicht weiß getünchte Wände in historischen Schlossräumen unüblich und auch in diesen drei Räumen im 19. Jahrhundert farbige Papiertapeten nachgewiesen sind.
Reversibel wurde die neue Wandfassung auf Tapetengrund aufgebracht. Entsprechend der Überlieferung der historischen Inventare wurden zudem anstelle der bisherigen modernen, historisch nicht belegten Seidendraperien an den Fenstern die schlichten weißen Leinenvorhänge rekonstruiert, die in Farbe und Materialität typisch für den Sommersitz Nymphenburg sind.
Für den heutigen Besichtigungsrundgang im Schloss bieten die drei Säle in Ermangelung einer überlieferten Originalausstattung die wunderbare Möglichkeit, bedeutende Kunstwerke und Ausstattungsstücke aus der langen Geschichte Nymphenburgs zu präsentieren, die sonst nicht vor Ort gezeigt werden könnten. Im ersten Raum ist vor violetten Wänden die sogenannte Große

Schönheitengalerie Kurfürst Max Emanuels zu besichtigen. Die 1712 von Pierre Gobert gemalte Porträtserie schmückte einst das Speisezimmer Max Emanuels in Nymphenburg. Die barocke Hofdamengalerie bildet ein schönes Gegenstück zur berühmten Schönheitengalerie König Ludwigs I. im Schloss.
Im mittleren Raum, dessen Grünton von den benachbarten Schlossveduten in der Galerie angeregt ist, sind Kunstwerke aus der Zeit des Bauherrn Kurfürst Karl Theodors zu sehen: Die prächtigen Savonnerien – Wandteppiche mit dem kurpfälzischen Wappen Karl Theodors – werden aus konservatorischen Gründen von in der Wandfarbe lackierten Platten in leichter Schräge unterstützt. Im dritten, „blauen“ Raum ziehen drei monumentale Gemälde die Aufmerksamkeit auf sich: die eindrucksvollen Staatsporträts Kurfürst Karl Theodors als Großmeister des bayerischen Hausordens vom heiligen Georg sowie seiner ersten Gemahlin Elisabeth Auguste und seiner zweiten Ehefrau Maria Leopoldine von Österreich-Este, die 18-jährig mit dem 70-jährigen Kurfürsten vermählt wurde.
Kostbare Möbelstücke, Uhren und Leuchter runden die Ausstattung aus altem Nymphenburger Bestand in allen drei Räumen ab. Aufwendigst restauriert und in ihrem Glasbehang rekonstruiert unter Nachfertigung fehlender Gläser in Tschechien wurden die drei barocken Lüster, die – bereits früher elektrifiziert und nun innovativ mit LED-Leuchtmitteln in Kerzenform bestückt – die warmtonige Raumbeleuchtung darstellen. Eine spezifische, kühlere Beleuchtung für die Gemälde wurde mit filigransten Lichtschienen mit Spots in LED-Technik an der Decke installiert. Die Kosten für die Gesamtmaßnahme Nördliche Karl-Theodor-Zimmer betrugen rund 520 000 Euro.
(Brigitte Langer)
(Blick nach Süden durch die Zimmer; Kurfürst Karl Theodor und Kurfürstin Maria Leopoldine - Fotos: Bayerische Schlösserverwaltung)
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