Bauen

Bau- und Immobilienexperte Klaus-Peter Stöppler. (Foto: Privat)

08.09.2025

Ein Ende der Wohnungskrise ist nicht absehbar

Experte: „Bau-Turbo“ löst die Wohnungskrise nicht

„Die Baugenehmigungen steigen leicht, aber die Fertigstellungen hinken weit hinterher“, analysiert der Bau- und Immobilienexperte Klaus-Peter Stöppler, den sogenannten Bau-Turbo der Bundesregierung. Er sagt: „Ein Ende der Wohnungskrise in Deutschland ist nicht absehbar.“ Zwar war im ersten Halbjahr ein Anstieg der Baugenehmigungen im Wohnungsneubau um rund fünf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu verzeichnen gewesen, aber für das Gesamtjahr sei bestenfalls mit der Fertigstellung von 200.000 Wohneinheiten zu rechnen. „Damit bleibt die Bautätigkeit weiterhin unter dem Zielkorridor von 300.000 bis 400.000 Einheiten, die notwendig wären, um der Wohnungs­not ernsthaft entgegen­zutreten“, erklärt Stöppler. Die Diskrepanz zwischen Genehmigungen und Fertig­stellungen deute auf strukturelle Defizite hin: „Wir genehmigen mehr – aber bauen nicht genug.“ Der Rückstand drohe zur Hypothek für Städte und Regionen zu werden.

„Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum bleibt eine der größten sozialen Herausforderungen in Deutschland“, sagt Stöppler. Er verweist auf Schätzungen, wonach bundesweit zwischen einer halben und einer Million Wohnungen fehlen. Besonders in Großstädten wie Berlin, Hamburg und München bleibe die Lage weiterhin angespannt.

„Ohne weitere Maßnahmen bleibt der Bau-Turbo im Leerlauf“

Es sei zu begrüßen, dass die Bundesregierung mit ihrem „Bau-Turbo“ Genehmigungs­verfahren von fünf Jahren auf zwei Monate verkürzen will, begrüßt Stöppler die politische Entscheidung. Hinzu sollen staatliche Fördermittel fließen, darunter 3,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau. Für den Experten ist dies ein notwendiger Schritt, aber längst nicht hinreichend. „Ohne umfangreiche Deregulierung und eine Entbürokratisierung auf Landes- und Kommunalebene bleibt der Turbo im Leerlauf“, sagt er. Zudem gäbe es zahlreiche weitere Gründe für die mangelnde Bautätigkeit: die Explosion der Baukosten, die hohen Bauzinsen und der Fachkräftemangel.“

Er rechnet vor: „Die Baukosten sind seit 2020 um 40 Prozent gestiegen, während die Bauzinsen bei vier Prozent liegen. Die Herstellungskosten für Geschosswohnungen variieren zwischen 3300 und 8300 Euro pro Quadratmeter. Hinzu kommen durchschnittlich 760 Euro pro Quadratmeter für Grund und Boden. Das ist eine Größenordnung, bei der bezahlbarer Wohnraum kaum noch darstellbar ist.“

Breites Spektrum von Maßnahmen gegen die Wohnungsnot

Der Bau- und Immobilienexperte macht konkrete Vorschläge zur Linderung der Wohnungsnot, die über den „Bau-Turbo“ hinausgehen. So könnten die Grunderwerbsteuerfreibeträge angepasst und die Mehrwertsteuer auf Baukosten von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden, um die Herstellungs­kosten zu reduzieren. Zudem sollte der Leerstand durch progressive Steueranreize und Förder­programme zur Umnutzung von Gewerbe- und Büroflächen in Wohnraum aktiviert werden, ins­besondere in Großstädten, wo etwa 1,5 Millionen Quadratmeter Bürofläche leer stünden.

Serielle und modulare Bauweisen könnten durch staatliche Zuschüsse und standardisierte Baukonzepte gefördert werden, um Baukosten um bis zu 20 Prozent zu senken und Bauzeiten zu halbieren. Kommunale Grundstücke ließen sich gezielt für den sozialen Wohnungsbau reservieren, indem mindestens 50 Prozent der verfügbaren Flächen in städtischen Entwicklungsgebieten für preisgebundenen Wohnraum vorgesehen würden.

Darüber hinaus mahnt der Baufachmann dringend eine Lockerung technischer Standards an, weil diese „oftmals jedes vernünftige Maß überschreiten“, etwa in Bezug auf Stellplätze oder Schall­schutz. „Der Staat muss endlich seine irrsinnige Regelwut zügeln“, sagt er. Von einer umfassenden Digitalisierung der Bauämter wagt indes nicht einmal Klaus-Peter Stöppler zu träumen, wie er formuliert, „Eher fährt die Bahn pünktlich oder wir haben eine flächendeckende Breitband­versorgung mit schnellem Internet in Deutschland.“ (BSZ)

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