Bauen

16.09.2011

Ein Öko-Becken für Flipper

Im Nürnberger Tiergarten erforderte der Neubau des Delfinariums mit Lagune und Tropenhaus einiges Fingerspitzengefühl

Seit genau 40 Jahren schwimmen und toben in den Salzwasserbecken des Nürnberger Tiergartens Delfine – nicht mehr die gleichen wie damals und seit einiger Zeit in einer vergrößerten und modernen Anlage. Denn die Betreiber des Tiergartens reagierten auf dringend notwendige Verbesserungen in der Haltung der Meerensäugetiere. Um also die Lebensbedingungen der derzeit acht Delfine zu optimieren, initiierten die Betreiber den Neubau des Delfinariums. Die Kosten für das Großprojekt beliefen sich insgesamt auf 24 Millionen Euro. Ergebnis der Planungen und 35-monatigen Bauzeit ist eine beachtliche Anlage bestehend aus Tropenhaus, Delfinlagune und diversen Aussichtspunkten. Auch die technische und architektonische Komposition erforderte ein umfassendes Konzept für die Bebauung von rund 32 000 Quadratmeter Fläche.
So beginnt der Komplex mit der überdachten Winterhalle für die Delfine und geht über in die Delfinlagune, einer in Deutschland bisher einzigartigen Beckenanlage unter freiem Himmel. Im Weiteren folgen der Blaue Salon und die Naturtribünen mit Panoramablick auf die Lagune – sowohl unter Wasser als auch von oben ist die Beckenlandschaft einzusehen.
Schließlich rundet das Tropenhaus, in dem zahlreiche Affen-, Vogel- und Fischarten sowie die drei Manatis untergebracht sind, die längliche Anlage ab.
Das planerische Herzstück des Gehege-Komplexes ist wegen seiner Begrünung für die Besucher fast unsichtbar: Das Technikgebäude leistet essentielle Arbeit. Wichtigste Aufgabe des dreigeschossigen Gebäudes ist die Heizung der Lagune und des Manatihauses sowie die Wiederaufbereitung des Beckenwassers. Dabei hat der Tiergarten Nürnberg großen Wert auf ein nachhaltiges Energiekonzept gelegt.

Ausgeklügelte Technik


Teil dessen ist die 120 Quadratmeter große Solaranlage auf dem Dach des Technikgebäudes. Sie erwärmt das Wasser der Delfinlagune und des Manatibeckens, insgesamt ein Volumen von 6130 Kubikmetern. Für die Wärme der Fußbodenheizungen und Klimaanlagen sorgt ein Blockheizkraftwerk in der Heizzentrale. Durch die Integration von Kraft-Wärme-Kopplungen kann zum Beispiel die Abwärme des Stromgenerators für Leuchtstoffröhren verwendet werden.
Die Wasseraufbereitung findet in mehreren Etappen statt. Vorerst wird das Beckenwasser im Rotationsklärer mechanisch von groben Verschmutzungen gesäubert. Eine chemische Reinigung erfolgt ebenfalls im Technikgebäude in den vier Filtertürmen mit acht Metern Höhe. Ganz ohne Chlor wird das Wasser mithilfe von Ozon und speziellen Mehrschichtfiltern von Fremdstoffen gereinigt. Flockungsmittel extrahieren weitere Mikroorganismen, Trübstoffe und Phosphate.
Lediglich im Frühjahr oder bei Bedarf wird Salzsäure oder Natronlauge zugesetzt, um das Algenwachstum zu verhindern. Das saubere Wasser wird dann durch Rohre im Technikgang in das Manati- sowie in die Lagunenbecken zurückgepumpt. Der Reinigungsprozess dauert für die rund 5450 Kubikmeter Lagunenwasser etwa 2,5 Stunden. Durch dieses Verfahren lässt sich das Wasser bis zu neun Monate wiederverwenden.
Für die Wasserversorgung der Anlage kann das eigene Grundwasser des Tiergartens genutzt werden: Denn drei Brunnen schöpfen rund 17 Liter pro Sekunde und decken damit den gesamten Bedarf an 300 000 Kubikmetern Wasser pro Jahr.

Reduzierte Energiekosten


Schließlich ist die Umsetzung einer geeigneten Belüftungsstrategie von hoher Bedeutung. Da die Pflanzen und Tiere im Tropenhaus eine bestimmte klimatische Umgebung benötigen, muss die Anlage je nach Bedarf bestimmte Temparaturen und Luftfeuchtigkeit herstellen können. So sollte die Temperatur im Manatihaus zwischen 25 und 27 Grad Celsius liegen, die Luftfeuchte beträgt idealerweise 80 Prozent. Mehrere Lüftungsanlagen mit Wärmetauschern und Lufterhitzern sind dazu in Decken und Wänden angebracht.
Zum Schutz der lärmempfindlichen Delfine beinhaltet das Baukonzept eine Körperschalldämpfung. Denn eine Übertragung von Geräuschen der Anlagentechnik, Wasseraufbereitung, Lüftung und Heizung ist im Medium Wasser für die Delfine schädlich. So werden spezielle Maßnahmen eingesetzt, um den Schallpegel signifikant zu reduzieren. Mittels schallentkoppelten Befestigungen, Kompensatoren und Dämmplatten soll die Geräuschentwicklung gemindert werden. Die Werte des Körperschalls liegen allerdings unvermeidbar mit einigen Spitzen über dem Ruhepegel der Delfine.
Insgesamt konnten durch dieses umfassende Energiekonzept die kosten für Wasser, Strom und Heizung von zuvor erwarteten knapp 770 000 Euro auf rund 370 000 Euro pro Jahr reduziert werden.
So ist das Bauprojekt Lagune und Manatihaus im Nürnberger Tiergarten ein technisches Novum. Passivhausstandard, Solarenergie und Kraft-Wärme-Kopplungen sind dabei hilfreiche Elemente der gesamten Strategie. Folglich sind Kosten und Energie erfolgreich auf ein Minimum  entsprechend des Anlagenumfangs reduziert worden. (Barbara Schweigert)

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