Bauen

Das neue Archivgebäude. (Foto: Architekturbüro Koeberl Doeringer)

23.03.2016

Ein Safe für Dokumente

Neubau der Außenstelle für das Archiv des Bistums Passau

Das Archiv der Diözese Passau benötigt für jetzige- und künftige Archivalien rund sieben Kilometer Regalboden. Am vorhanden Standort sind weder klimatisch noch bauphysikalisch sinnvolle Erweiterungsmöglichkeiten gegeben. Der Neubau sollte etwa 4,5 Kilometer Bestand und rund 2,5 Kilometer künftige Archivalien beherbergen. Zudem sollte eine Räumlichkeit zur kurzzeitigen Bearbeitung, einen Pufferraum zum Anliefern, einen Raum für Pläne sowie dazugehörige WC- und Lagerräume geben. Personalräume sind nicht notwendig, weil am neuen Standort keine festen Arbeitsplätze vorgesehen sind. Archivdokumente neigen bei unpassendem Klima zu Schimmelbildung und Zerfall. Deswegen ist das Klima des Neubaus einer der wichtigsten Anforderungen. Besonders wichtig sind die relative Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Die Luftfeuchtigkeit muss bei rund 50 Prozent liegen. Die Räume dürfen nicht kälter als 18 und im Sommer nicht wärmer als 21 Grad Celsius werden. Die wertvollen Dokumente müssen unter anderem auch vor Hochwasser und Brand geschützt werden. Ein besonderes Augenmerk kommt daher der „Dauerhaftigkeit“ des Bauwerks zu.
Hochwasserbedingt müssen alle wichtigen Nutzungen auf Höhe der Vilshofenerstraße beginnen. Dies erfordert ein etwa 3,20 Meter hoch aufgeständertes Bauwerk. Die Dachform sollte wegen des Denkmalschutzes auf der Brauereiseite die Traufhöhe des Bestands aufnehmen. Deswegen muss das Dach bei zwei Ebenen ab Straße ein Schrägdach sein. In moderner Interpretation zu den angrenzenden Bauwerken wurde ein asymetrisches Satteldach giebelständig zum Hof gewählt. Zudem bildet das Dach einen großzügigen und befahrbaren Wetterschutz für den An- und Abtransport von Archivalien zur Hauptstelle.

Das Gebäude ist
nahezu fensterlos


Das aufgabenbedingt nahezu fensterlose Bauwerk sollte sich auf eine neue, moderne Weise neu in Passau einfügen. Das Dach mit seinen asymetrischen Kurven spiegelt sich wieder in Form der Fenster und des unteren Fassadenabschlusses. Konkave, konvexe Kurven prägen die Fassade. Auch Putzfassaden sind für Passau passend, deshalb wurde die Fassade als „Kratzputz“-ähnliche Oberfläche ausgeführt, jedoch mit der der Bauaufgabe und Zeit angepassten maßstäblichen Überhöhung. Der Putz selbst wird lediglich „lasierend“ in hellem Naturton gestrichen. Stahlteile wie Geländer und Treppen sind als reine Stahlkonstruktion, das Dach ist als Stehfalzdeckung ausgeführt.         
Im Inneren des Gebäudes dominiert eine reine zweckgebundene Sachlichkeit, die einzig durch Auswahl der Farben und Anordnung der Installation gestaltet wird. Einzig der Boden im Archiv ist in „purpur“-ähnlichem Ton als Kontrast zu der Nüchternheit der Regale gestaltet. Bedingt durch den notwendigen bauphysikalischen Feuchtigkeitsaustausch sind die meisten Flächen als unbehandelter Beton ausgeführt. Das Raumprogramm wurde komplett in enger Abstimmung mit der Archivleitung wie umgesetzt. Im Erdgeschoss befindet sich direkt beim Eingang der Pufferraum sowie der Arbeitsraum mit angrenzendem Sanitärraum. Von dort kommt man über eine Schleuse in das Archiv. Zum Erreichen der oberen Ebene wurde neben der Treppe ein Aufzug eingeplant. Im Obergeschoss befindet sich der Planraum sowie die komplette Haustechnik.     Das Archiv ist aus Raumklimagründen, wie bereits erwähnt, komplett aus Beton. Dieser wird die Temperatur im Jahresverlauf ausgleichen, wodurch die relative Luftfeuchtigkeit wenig variieren soll. Noch wichtiger ist jedoch ein geringer Luftwechsel. Dies ist möglich, weil die Nutzung seitens des Archivs auf wenige Stunden in der Woche angedacht ist.
Das Gebäude ist komplett mit Schaumglasdämmung umhüllt. Dieser hochwertige Dämmstoff wird ähnlich wie Glas aus mineralischen Inhaltsstoffen produziert. Der besondere Vorteil dieser Dämmung liegt jedoch in Beständigkeit gegen Wasser und mechanischer Beschädigung sowie in einem guten Brandverhalten. Der verbleibende Energiebedarf ist verhältnismäßig gering und wird mit Hilfe einer Erdwärmepumpe mit Kollektoren in den Bohrpfählen hergestellt. Die bedeutendsten Aspekte der Nachhaltigkeit liegt im „Low-Tech“-Konzept des gesamten Gebäudes und der Haustechnik. Geringer Luftwechsel und natürliche, jahreszeitlich akzeptierte Schwankungen sind wegen der intensiven Speichermasse des Betons möglich. Die Lüftunganlage beziehungsweise deren Betrieb wird absolut reduziert auf die Erfüllung der Mindestanforderungen. Die Beleuchtung der Archivräume erfolgt „intelligent“ mit LEDs. Dies bewirkt, dass es nur hell ist wo sich auch Personal befindet. Das Bauwerk wurde komplett als massive Betonbaukonstruktion ausgeführt mit linearer Lastabtragung und einer Auskragung im unteren aufgeständerten Bereich. Außenwände, Innenwände, Treppen, Decken und Dach sind in Stahlbeton ausgeführt. Die Gründung erfolgte über Bohrpfähle.
Seitens der Vilshofenerstraße ist die Stützwand im oberen Bereich auf Geländehöhe „gekappt“. Der Zugang zum Gebäude findet über eine wasserdurchlässige Stahlbrücke statt. Angrenzend befindet sich eine einläufige Stahltreppe zum Untergeschoss. Der gesamte untere Hofbereich ist mit einem befahrbaren Kiesbelag belegt. Der Bereich des Lagers wurde mit Betonsteinpflaster gepflastert. Die große Stützwand wurde optisch saniert und mit Rankhilfen für Kletterrosen begrünt. Die vorhandenen Bäume wurden gerodet. Da im Archiv seitens des Betreibers keine festen Arbeitsplätze vorgesehen sind und die beiden Lagerräume unter 400 Quadratmeter je Einheit liegen, ist laut Brandschutzkonzept eine besondere Brandschutzmaßnahme nicht erforderlich. Darüber hinaus wurde aber von seiten des Archivs eine freiwillige Brandmeldeanlage über Rohransaugung installiert. Diese ist an einen Sicherheitsdienst aufgeschaltet. Mit der Planung des Neubaus der Außenstelle des Archivs des Bistums Passau war das örtliche Architekturbüro koeberl doeringer architekten beauftragt. Die Baukosten belaufen sich auf rund 2,7 Millionen Euro. (FHH) (Blick ins Innere des Archivs - Foto: Architekturbüro Koeberl Doeringer)

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