Bauen

Die neue Fuß- und Radwegbrücke bei Nacht. (Foto: Mayr - Ludescher - Partner)

15.06.2016

Eine der längsten Fußgängerbrücken Europas

Neubau einer Fuß- und Radwegbrücke über die Donau bei Deggendorf

ie neue Fuß- und Radwegbrücke über die Donau wurde im Zusammenhang mit der Landesgartenschau Deggendorf 2014 errichtet. Über die neue Brücke wird Deggendorf auf dem linken Donauufer mit dem auf dem rechts der Donau gelegenen Ortsteilen Fischerdorf und Natternberg verbunden.
Gewünscht war eine parallele Führung der neuen Fußgängerbrücke zu einer gerade erst fertiggestellten Brücke der Deutschen Bahn. Dies schafft eine besondere entwurfliche Situation, da die Fuß- und Radwegbrücke als Objekt nicht allein wirkt, sondern zusammen mit der benachbarten Bahnbrücke wahrgenommen wird. Als Antwort auf diese Randbedingung wurde vorgeschlagen, ein Stahlfachwerk in Variation der Bahnbrücke zu errichten, jedoch Kontur und Profilierung des Fachwerks gestalterisch und konstruktiv abzuwandeln. Die Brücke wird als gebauter Weg begriffen, der über mehrere Pfeiler hinweglaufend die beiden Dämme verbindet, vergleichbar mit klassischen Bogenbrücken wie zum Beispiel in Prag oder Regensburg. Anders als bei der Bahnbrücke variiert das Brückenprofil, sodass die Brückenüberquerung eine Dramaturgie erhält und der Brückenraum der Länge nach gegliedert wird.
Für die Auflagerung der Brücke waren teilweise Bestandspfeiler einer älteren, mittlerweile abgerissenen Bahnbrücke zu nutzen. Die beiden vorhandenen Granitpfeiler (von 1890) im Altwasser, dem schmaleren Donauarm, wurden beibehalten, sodass hier 60 Meter Spannweite in Kontrast zu den 106 Meter Spannweite über der Schifffahrtsrinne entstanden. Im Bereich des Altarms konnte die Höhe des Brückenprofils deswegen fünf Meter betragen, dann fließend auf neun Meter in Feldmitte über der Schifffahrtsrinne ansteigen und wieder auf fünf Meter auf Deggendorfer Seite abnehmen. Als Konstruktion wurde eine weitmaschige, dem veränderlichen Höhenprofil folgende fachwerkartige Konstruktion gewählt, im Gegensatz zur engmaschigen homogenen Konstruktion der Bahnbrücke: Es wurden weniger „Stäbe“ verwendet. Außerdem wurden die Fachwerkebenen im Querschnitt jeweils um acht Grad aus der Vertikale nach innen geneigt. Die Breite der Brücke beträgt an der engsten Stelle mittig über der Schifffahrtsstraße rund 5,2 Meter. Zu den beiden Enden weitet sich die Brücke auf. Die Aufweitung der Brücke entstand durch die Schrägstellung der Hauptträgerebene um acht Grad.

Deutscher Brückenbaupreis

Diese Geometrie der Brückenröhre erzeugt Querschnitte von ganz unterschiedlicher Proportion. Aus Fußgängerperspektive wahrnehmbar wechseln Räumlichkeiten von niedrigem Querschnitt im Bereich des Altarms und hohe, sich öffnende Räume in der Mitte der Donau. Es ensteht ein weniger repetitives Bild und ein dynamischeres Erlebnis beim Benutzen der Brücke.
Die Elemente des Tragwerks sind aus geschweißten Flachstählen zusammengesetzt. Die Gurte und die Diagonalen sind als luftdicht verschweißte Stahlhohlkästen ausgeführt, die in der geneigten Fachwerkebene orthogonale Querschnitte von 40 Zentimetern Breite und 50 bis 60 Zentimetern Höhe bei Blechdicken von 12 bis 80 Millimeter aufweisen. Die Gurte spannen zwischen den Diagonalen über rund 18 bis 23 Meter. Die beiden Pfeiler beidseits der Schifffahrtsrinne sind als Stahlbetonpfeiler mit Pfahlkopfplatte und Bohrpfahlgründung ausgeführt. Hierzu wurden Spundwandkästen in der Donau versenkt. Aufgrund des Lastfalls Schiffsanprall mit einer statischen Ersatzlast von etwa 18 MN sind die beiden Pfeiler auf jeweils acht Großbohrpfählen, Durchmesser 150 Zentimeter, gegründet. Die anzusetzende Last für den Frontalstoß konnte aber so auch nicht komplett aufgenommen werden. Daher wurde ein Dämpferelement zur benachbarten Gründung der Eisenbahnbrücke entwickelt. Dieses Dämpferelement ist so konzipiert, dass erst mit einer definierten Horizontalverformung eine Lastübertragung auf das Nachbarfundament erfolgt. Vom Oberstrom sind die Pfeiler der Brücke durch die Bahnbrücke generell geschützt. Die Ausführung der Brücke als semiintegrales Tragwerk ohne Lager und Fugen über 455,5 Metern Länge ermöglicht eine wirtschaftliche und nachhaltige Konstruktion unter Vermeidung kostenintensiver Erhaltungs- und Wartungsarbeiten. Die Verbindungsstützen zwischen Brücke und Pfeiler bestehen im Altarm aus jeweils vier Rundrohren, die zur Aufnahme der Verdrehungen und Verschiebungen über Federbleche aus hochfestem Feinkornbaustahl analog zu Pendelstützen nahezu gelenkig an den Überbau und die elastisch gegründeten Pfeiler anschließen und im Hauptarm aus V-förmig angeordneten Stützen mit jeweils acht Rohren, die rahmenartig das Festlager der Brücke bilden. Die drei neuen Pfeiler sind konisch zulaufende Sichtbetonpfeiler. Der Gehweg der Brücke wurde als Bohlenbelag mit offenen Fugen ohne Abdichtung ausgeführt. Die Lärchenbohlen, die dem Gehweg einen natürlichen Charakter verleihen, sind rund 100 Millimeter dick und etwa 140 Millimeter breit bei zwölf Millimeter breiten Fugen. Als Absturzsicherung dienen beidseitig 1,30 Meter hohe Geländer mit einem oberen Abschluss aus Eichenholz. Das Geländer wird auf den Stahlprofilen der Brücke aufgesetzt. Als Geländerfüllung fiel die Wahl auf ein Edelstahlnetz mit einer Maschenweite von 40 x 60 Millimetern, das einen sehr transparenten Eindruck vermittelt.
Als Grundbeleuchtung kamen energiesparende LEDs jeweils in den horizontal laufenden Querstäben über dem Gehweg zur Ausführung. Die Leuchten haben ein längliches Format und sind im Stahlträger integriert. Durch den Rhythmus ihrer Anordnung bilden sie somit die Kontur der Brücke nach.
Seitens des Auftragnehmers wurde das Einschieben des Überbaus mittels des Taktschiebeverfahrens gewählt. Dieses Verfahren wurde bereits bei der benachbarten Eisenbahnbrücke ausgeführt.
 Mit ihrer Abmessung von rund 460 Metern Länge ist die als semiintegrale Brücke konzipierte Konstruktion eine der längsten Fußgängerbrücken Europas. Das Hochwasser im Sommer 2013, bei dem der Pegel zeitweise oberhalb der Oberkante der Betonpfeiler lag und ein Stadtteil von Deggendorf nach einem Deichbruch überflutet wurde, hat sie gut überstanden. Die Objekt- und Tragwerksplanung sowie die örtliche Bauleitung lag bei der Planungsgemeinschaft Mayr – Ludescher – Partner Beratende Ingenieure, München; Fritische Ingenieure, Deggendorf, und Raumzeit Architekten, Berlin. Bauherr war die Stadt Regensburg. 2016 wurde die neue Fuß- und Radwegbrücke über die Donau mit dem Deutschen Brückenbaupreis ausgezeichnet.  (BSZ)    (Die Eisenbahnbrücke liegt direkt neben der Fuß- und Radwegbrücke; Lärchenbohlen verleihen dem Gehweg einen natürlichen Charakter - Fotos: Mayr - Ludescher - Partner)

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