Bauen

Das neue Wahrzeichen vor dem alten: Der Daniel Libeskind-Bau vor dem Drei-Scheiben-Haus. (Foto. Sieber)

16.10.2015

Eine neue Fassade prägt das Stadtbild

Düsseldorfs besondere Architektur bei einem Stadtrundgang entdecken

Seit Jahrzehnten wandelt sich Düsseldorf hin zu sehenswerten und herausragenden architektonischen Perspektiven. Zuerst der Medienhafen. Und jetzt ein neues, edles Antlitz in der Stadtmitte, der neue Gebäudekomplex von Stararchitekt Daniel Libes-kind.
Die Führung durch den Medienhafen beginnt am Rheinturm, dem mit 240,5 Meter hohen, alles überragenden Wahrzeichen von Düsseldorf. Er bietet nicht nur eine Aussichtsplattform und ein Dreh-Restaurant in luftiger Höhe, sondern hat als Lichtskulptur auch die sekundengenaue größte Digitaluhr der Welt in corpore. Und nur von hier oben, aus der Vogelperspektive, bekommt man die beeindruckende Form und Struktur des nebenanliegenden Landtags von Nordrhein-Westfalen zu Gesicht. Kreise und Kreissegmente sind die Basisformen für den Gebäudekomplex. Der kreisrunde Plenarsaal weist zusammen mit den ihn als Kreissegmente umschließenden sechs halbrunden Teilgebäuden mit den Sitzungssälen eine offene Struktur auf; und zusammen mit den großen Fensterflächen sollen sie auch Transparenz nach Außen suggerieren.
Unmittelbar daneben „versteckt“ sich unter der Rheinkniebrücke das Apollo-Varieté. „Mit nur 40 Zentimetern Zwischenraum zwischen Flachdach und Brücke“, erklärt Stadtführer Georg Reinders. Der Theaterbau besteht aus einem Glasquader, der die Fahrbahnbreite der Brücke einnimmt, und dem Saalbau darin, der keinen Zuschauer weiter als zwölf Meter von der Bühne entfernt sitzen lässt. Zusammen mit der hier angrenzenden Rheinpromenade wurde für die Planung und Realisierung des Gesamtkonzepts der Deutsche Städtebaupreis verliehen.
Vom Ufer aus verfolgt man gerne eine Zeit lang die Schiffe im regen Flussverkehr. Der Rhein mäandert in riesigen Schleifen auf dem Düsseldorfer Gebiet. Das so genannte Rheinknie ist die größte Flussschleife hier und ist überspannt von einer eleganten Schrägseilbrücke. Der Rundgang führt von der Kniebrücke und vom Regierungsbezirk zum Hafenbecken. Dieses beherbergt heute einen Yachthafen und ist ringsum umgeben von den auffallend architektonischen Bauten des Medienhafens.
Am Bau des Westdeutschen Rundfunks – die 25 Meter hohe verglaste Eingangshalle ähnelt in ihrer Form einem Volksempfänger – vorbei erreicht man auch schon den von Frank Owen Gehry entworfenen Gebäudekomplex. Der „Neue Zollhof“ avancierte schnell zum Aushängeschild. Er ist das wohl am häufigsten fotografierte Motiv. Spektakulär und auffallend sind die drei dekonstruktivistischen Bauten des kanadischen Stararchitekten. Unterschiedlich in Gestaltung und Aussehen charakterisieren sie Gehrys eigene architektonische Formensprache. Ohne Gesimse sowie Sockel und mit einer gewellten Oberfläche, die von Edelstahlstreifen durchzogen ist, präsentiert sich das mittlere Gebäude der Dreiergruppe und reflektiert Licht und Widerspiegelungen. Der Bau gilt als das erste Gebäude, das vollständig in Freiformflächen aus Stahlbeton gebaut wurde.
„Man hat internationalen Stararchitekten die Möglichkeiten gegeben, sich zu verwirklichen“, erzählt Reinders bei der Führung durch den Medienhafen. „Die Stadt hatte lediglich den Wunsch, es soll alles ein bisschen an Wasser und Schiffe erinnern. Alles andere, macht was ihr wollt“, berichtet Reinders weiter. Und so taten sie es auch. David Chipperfield, Helmut Jahn und viele andere kamen und haben ein neues Bild der Stadt im ehemaligen Industrieviertel geschaffen. Moderne Architektur integriert vereinzelt Überbleibsel des alten Hafens wie Kaimauer, Eisenbahnlinien, Kran sowie Anker ins Gesamtbild und lässt andeutungsweise erkennen, was früher mal das Gelände prägte.
Manchmal ist es auch die Bauform der Gebäude selbst, die Vergleiche zu Wasserwelten aufrufen. So führt zum Beispiel das „Haus der Architekten“, in dem die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen untergebracht ist, mit seinem dreieckigen Grundriss und den gebogenen Schenkeln direkt zum fantasievollen Vergleich mit einer Bugspitze. Oder das „Colorium“-Gebäude: Da ist man verführt, das Brett eines Sprungturms zu erkennen im mit roten Glaspaneelen verkleideten Dach, das den Baukörper abschließt und elegant über die Nachbarbauten hinausragt.

Ein neues
Stadtviertel entsteht


Mit 20 Stockwerken ist Jahns „Sign!“ das höchste Gebäude im Hafen. In der Hafensilhouette hebt sich der schmale gläserne Turm als unverwechselbares Zeichen hervor. Schon beim Entwurf hegte der Architekt bereits den Gedanken, ein Gebäude „von überzeugender Einfachheit, Eleganz und Identität“, der Vielfalt von Formen und Farben gegenüberzustellen.
Der Rundgang zeigt die Dynamik der Stadt in ihrer Entwicklung, im einmaligen Neuviertel mit Häusern und Gebäuden in unterschiedlichen Architekturstilen. Ein Umbruch, der auch nach zwei Jahrzehnten noch nicht vollendet ist. Die frühere Überkapazität des Zoll- und Handelshafens, die vor allem weniger werdenden Gütertransporte und die kontinuierlich sich verändernde Logistik, führten seinerzeit unter anderem durch die Kohle- und Stahlkrise, zur Umwidmung von Teilen des Hafens, ja zum Wandel vom Produktionsstandort zum Dienstleistungs- und Bürozentrum. Vom Industrieareal zum Medienhafen – heute ein gelungenes Umgestaltungsbeispiel.
„Eine besondere Architektur prägt die Stadtsilhouette“, schwärmt auch Jutta Thym. „Vor allem weil sie so variantenreich ist“, meint die Stadtführerin und zieht sofort auch den Neubau in der Verlängerung der Königsallee mit in Betracht. „Nicht das Objekt Kö-Bogen steht im Mittelpunkt der Planung, sondern der Mensch“, hat Daniel Libeskind von Anfang an verkündet. Dies wurde nun beispielhaft am Hofgarten verwirklicht. Durch die Verbannung des Straßenverkehrs unterirdisch in den Tunnel – das funktionierte schon 1993 gut, als die Rheinuferpromenade untertunnelt wurde – ist viel Platz im Herzen der Innenstadt entstanden. Diese autofreie Verbindung zur Königsallee schafft attraktive Plätze zum Verweilen und neue Flanierzonen. Die neue Freiraumgestaltung erhöht erheblich den Freizeitwert der Stadt und macht diese noch fußgängerfreundlicher. Für ebendiese moderne Urbanität wurde der Stadt 2014 in Cannes der „Oscar der Immobilienbranche“, der Immobilienmanager.AWARD, verliehen.
Im Mittelpunkt steht natürlich der Neubau des New Yorker Stararchitekten. Ein Blickfänger der Moderne. Die prägnante Fassade aus Glas und weißem Naturstein, die zu zwei Seiten hin mit diagonalen Schnitten aufgebrochen ist, definiert eines der besonderen Merkmale. Diese Schnitte, so genannte Cuts, sind mit hängenden Gärten bepflanzt. Sie schaffen zusammen mit den begrünten Dächern einen organischen Übergang zwischen Stadt und Natur, dem gleich nebenan beginnenden Park.
Ein anderes herausragendes Merkmal sind die geschwungenen Formen zum Schadowplatz und die Zweiteilung des Gebäudeensembles durch eine Passage, die die direkte Sicht- und Gehverbindung zum Hofgarten bildet. Dadurch und mit dem Gebäude selbst gestaltete Libeskind den Schadowplatz neu. Erst jetzt kommt er als Platz richtig zur Geltung und macht ihn gleichzeitig zum idealen Ausgangspunkt für einen Stadtbummel. Die hochwertige Architektur und die zentrale Lage adeln sich gegenseitig. Der Kö-Bogen wirkt als höchst gelungene Verlängerung der Königsallee, die Innenstadt gewinnt enorm an Aus- und Ansehen. Mit diesem gelungenen Wechsel ins Ruhige und Schönere hat Düsseldorf zweifelsohne mit Mut zum irgendwie Gewagten einen großen Wandel vollzogen.
Die pulsierende Stadt ist nicht mehr nur als internationale Modehauptstadt bekannt. Sie hat sich einerseits zur Metropole der Gegenwartskunst entwickelt. Und anderseits ist sie zu einem Freilichtmuseum zeitgenössischer Baukunst aufgestiegen. Düsseldorf ist reich an außergewöhnlicher Architektur. Zu den früheren Bauten wie Dreischeibenhaus, Schauspielhaus und Rheinturm gesellen sich schon seit Jahren die Rheinuferpromenade und der Medienhafen als neuere Anziehungspunkte der Stadt. Und nun erstrahlt die Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens zusätzlich mit dem spektakulären Neubau von Daniel Libeskind und dem neugestalteten Kö-Bogen als neue Wahrzeichen. Düsseldorf fasziniert durch urbane Attraktivität. (Nikolaus Sieber) (Neue und unterschiedliche Architektur im Medienhafen; im Edelstahlkleid: Der mittlere der drei Bauten von Frank Owen Gehry; alles beim Alten: die "Kö" - Fotos: Sieber)

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