Bauen

Das neue Justizgebäude in Hof. (Foto: Gerhard Hagen, Bamberg)

07.06.2017

Elegant und dynamisch

Um- und Neubau des Justizgebäudes in Hof

Mit der Einweihung des neuen Zentraljustizgebäudes in Hof im Sommer dieses Jahres werden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hofer Justiz nicht nur 5000 Quadratmeter Fläche mit neuen zukunftsweisenden Büroarbeitsplätzen und einer den heutigen Sicherheitsanforderungen genügenden Erschließung zur Verfügung stehen. Mit dem markanten Gebäude an einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt der Stadt Hof wird vielmehr ein weiterer Baustein in der bewegten Geschichte des Gerichtswesens in Hof vollendet. Bereits vor mehr als 100 Jahren gab es erste Überlegungen, ein zentrales Justizgebäude in Hof zu errichten. Aber erst Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde aus diesem Wunsch Realität. Das damals neu geschaffene Gebäudeensemble gliederte sich in einen Flachbau mit Sitzungssälen und ein, für die moderne Architektur der Nachkriegszeit in Deutschland typisches, elfgeschossiges Bürohochhaus. Als „Jusitzpalast“ oder auch aufgrund seiner Bestimmung respektvoll „Zeigefinger der Justitia“ genannt, prägte eben dieser Hochhausbau seit Anfang der 1960er Jahre das Stadtbild am Berliner Platz direkt an der Bundestraße 2, einer der Hauptverkehrsadern der Stadt.
Dieses, inzwischen zu einer Art Wahrzeichen gewordene Gebäude, konnte jedoch den heutigen modernen Anforderungen an Sicherheitstechnik, an den Brandschutz vor allem aber auch an zeitgemäßen Schall- und Wärmeschutz nicht mehr gerecht werden. Nach zahlreichen Untersuchungen aufgrund eines im Laufe der Jahre gestiegenen Platzbedarfs fiel letztendlich die wirtschaftliche Entscheidung für einen Neu- und Erweiterungsbau auf der östlichen Grundstücksfläche entlang der Bundestraße 2, der Ernst-Reuter-Straße. Der Gebäudekomplex des gesamten zukünftigen Hofer Zentraljustizgebäudes wurde mit insgesamt drei Bauabschnitten konzeptionell durch das Staatliche Bauamt Bayreuth geplant. Der dritte Bauabschnitt, der die Sanierung der Sitzungssäle umfasst, wird noch eine Bauaufgabe der kommenden Jahre sein. Für die detaillierte Planung und Ausführung der ersten beiden Baumaßnahmen in Form eines insgesamt siebengeschossigen, geradlinigen Baukörpers wurden die Architekten Schmidt-Schicketanz und Partner aus München beauftragt. Das Büro war 2010 als Sieger aus einem VOF-Verfahren hervorgegangen. Die Architekten planten den langgestreckten Baukörper, der überwiegend Büroräume beinhaltet. Der erste Bauabschnitt wurde bereits zwischen 2010 und 2013 errichtet, das alte Hochhaus wurde danach, vor Beginn des zweiten Abschnitts, abgebrochen. Der Neubau ist als zweibündiger Verwaltungsbau konzipiert und erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung. Die Grundfläche des Neubaus weist eine Länge von rund 88 Metern und eine Breite von etwa 13 Metern aus. Die Gebäudehöhe entlang der Ernst-Reuter-Straße bewegt sich zwischen 19 und 25 Metern. Der gesamte Erweiterungs- beziehungsweise Neubau für das Zentraljustizgebäude erstreckt sich auf dem östlichen Teil des Geländes der Justiz. Das Grundstück fällt hier auf einer Länge von rund 120 Metern nach Süden um etwa sechs Meter ab, wobei das Gebäude diese Hangsituation bei der Höhenentwicklung geschickt nutzt. Die gegenüberliegende Bebauung entlang des Straßenzugs ist im Wesentlichen durch eine viereinhalbgeschossige Wohnbebauung gekennzeichnet.

Städtebaulicher Akzent


Das Gebäude hat eine Hauptnutzfläche von 5020 Quadratmetern. Die dadurch entstehende Kubatur von 31 753 Kubikmetern wurde so angeordnet, dass sich der Straßenraum entlang der Ernst-Reuter-Straße schließt. Der Neubau fügt sich so in die bestehende Struktur ein und setzt besonders durch die Verschiebung nach Norden in den Straßenraum an der Jahnstraße einen wesentlichen städtebaulichen Akzent. Im Westen schließt der bestehende Flachbau des Zentraljustizgebäudes an den Neubau an, der hier als siebengeschossiger Gebäuderiegel aufragt und gleichsam das Rückgrat bildet.
Bei der Gebäudehülle handelt es sich um eine Elementfassade als Pfosten-Riegelkonstruktion. Die Anordnung der einzelnen Fassadenelemente, bestehend aus Verglasung und Paneel, erzeugt eine reizvolle Spannung und verleiht der modernen Fassade Eleganz und Dynamik. Die Fassadengestaltung hatten Planer und Bauamt auch in puncto Farbigkeit detailliert ausgearbeitet und dabei engen Kontakt zum Bauausschuss der Stadt Hof gehalten. Das Ergebnis ist ein gelungenes Farbenspiel aus Ocker-, Gelb- und Grüntönen, das nicht übertreibt, sich aber als besonderer Stadtbaustein präsentiert. Die Fassadenkonstruktion erfüllt die erhöhten Anforderungen an den Schall- und Wärmeschutz. Die Fensterelemente sind mit außenliegendem Sonnenschutz als Lamellen-Raffstore ausgestattet. Bei dem konventionellen Dachaufbau (Bitumendach mit Dachbegrünung) wurde auf eine schmale Ansichtsbreite der Dachkonstruktion Wert gelegt, um der Architektur eine optische Leichtigkeit zu geben.
Der Zugang zum Neubau erfolgt über den Haupteingang des Flachbaus. Über die Pforte gelangt man unmittelbar in das großzügige Foyer des Neubaus mit zwei zentral gelegenen Personenaufzügen und dem Haupttreppenhaus zur vertikalen Verteilung. Die interne Erschließung erfolgt jeweils über einen Mittelflur, an dessen Ende an der Nordfassade das Nebentreppenhaus mit einem zusätzlichen Lastenaufzug angeordnet ist. Ein „transparenter“ Verbindungssteg dient als weitere interne – nicht öffentliche – Anbindung zum Flachbau im Erdgeschoss. Dieser Steg dient zur Verkürzung der Wege zwischen Neubau und Sitzungssaalbereich und stellt somit eine funktionale Verbesserung in den Abläufen dar. Die bauliche Ausstattung der Büroräume trägt teilweise durch abgehängte Decken und Teppichböden den hier erhöhten Anforderungen an den Schallschutz und die Raumakustik Rechnung. Die Büroräume an der Ostfassade mussten aufgrund der unmittelbaren Nähe zur verkehrsreichen Ernst-Reuter-Straße durch Fensterelemente mit erhöhten Schallschutzanforderungen ausgestattet werden.
Im Kern wurde das Gebäude als Stahlbeton-Skelettbau mit aussteifenden Wandscheiben aus Stahlbeton erstellt und gründet auf einem Flächenfundament. Die Konstruktion sieht Stahlbetondecken mit einer Stärke von 22 Zentimetern vor, welche sich auf Stahlbetonstützen im Raster von 4,80 Metern abstützen. Eine Ausnahme bildet hier das 3. Untergeschoss. Hier werden die Stützen als Rechteckstützen 30/30 Zentimeter ausgeführt. Für den Verbau wurden dauerhafte Bohrpfahlwände als aufgelöste Bohrpfahlwand mit Spritzbeton-Ausfachung vorgesehen. Somit wird eine natürliche Belichtung und Belüftung der Untergeschosse ermöglicht. Für die Wärmeversorgung des Gebäudes kommt Fernwärme der Hofer Energie und Wasser GmbH zum Einsatz, eine wirtschaftliche und energetisch sinnvolle Lösung, die den Anforderungen des Erneuerbare Energien im Wärmegesetzes (EEWärmeG) entspricht. Die Stadtwerke Hof unterbreiteten mit Energie aus dem Blockheizkraftwerk des Theaters Hof in der Kulmbacher Straße mit gasbetriebenen Motoren in Kraftwärmekopplung das wirtschaftlichste Angebot. Geplant ist außerdem noch eine Photovoltaikanlage mit rund 200 Quadratmetern Fläche und einer Anlagenleistung von 28 kWp.
Das Fassadenkonzept sieht außenliegenden Sonnenschutz, Wärmeschutzverglasung und Öffnungselemente zur Nachtauskühlung vor. Zusammen mit der Optimierung der Anlagentechnik konnten die Anforderungen der zu dieser Zeit geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) bis zu 30 Prozent unterschritten werden. Wenngleich es nicht mehr der „erhobene Zeigefinger“ ist, der den Berliner Platz an der Kreuzung zweier Hauptverkehrsstraßen prägt, so darf man doch mit großer Sicherheit erwarten, dass sich das neue Gebäude in die Riege herausragender Bauten in der Stadt Hof einreihen wird. Mit seiner Geradlinigkeit und auffallenden Farbgebung an zentraler Stelle wird das Zentraljustizgebäude neben anderen bedeutenden Gebäuden, wie zum Beispiel der Freiheitshalle oder dem Theater, das Image der Stadt Hof positiv – vielleicht sogar als neues Wahrzeichen – prägen.
(Christian Wunderlich:Der Autor ist Mitarbeiter des Staatlichen Bauamts Bayreuth.) (Der Entwurf für das neue Zentraljustizgebäude stammt von den Münchner Architekten Schmidt-Schicketanz und Partner - Fotos: Gerhard Hagen, Bamberg)

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