Bauen

Die Restauratoren hatten viel zu tun. (Foto: Spaenle)

10.12.2010

Erhalt der historischen Gewölbe geglückt

Asbestsanierung der Pfarrkirche St. Ludwig in München

Nach dem Absturz eines losen Stücks Deckenputz in Taubeneigröße am Gurtbogen zwischen Vierung und nördlichem Querschiff waren noch vor den Osterfeiertagen des Jahres 2008 Schutzgerüste und Netze im ganzen Kirchenraum der Ludwigskirche in München eingebaut worden. Die umgehend eingeleiteten Untersuchungen ergaben, dass die gesamten Gewölbe- und Wandflächen untersucht werden mussten, um die Sicherheit in der Kirche zu gewährleisten. Eine Hohlstelle zwischen Gewölbemauerwerk und Verputz von knapp 2,5 Quadratmetern Größe gab Anlass zu dieser Maßnahme.
Die Maßnahme wurde erschwert durch die großflächig an den Wänden von Haupt- und Querschiffen aufgebrachten Asbestputze. Im Zuge der Nachkriegsrenovierung in den 1950er Jahren waren diese Materialien – wohl zur Verbesserung der Raumakustik – eingebaut und mit einer dünnen Kalkschlämme überzogen und bemalt worden. Da diese Oberflächen der 1950er Jahre zunehmend Alterserscheinungen zeigten, entschlossen sich die katholische Kirchenstiftung St. Ludwig und das Erzbischöfliche Ordinariat, im Zuge der für die restauratorischen Sicherungsarbeiten erforderlichen Gerüststellung die Asbestputze kontrolliert und unter strengen Sicherheitsvorkehrungen auszubauen.

Haftmörtel zur Befestigung


Die umfangreiche Überprüfung der Gewölbeflächen brachte an zahlreichen Stellen über den Gestühlsblöcken sowie über dem Mittelgang im Hauptschiff weitere Hohlstellen – etwas kleiner als die in der Vierung – zu Tage. Diese kritischen Bereiche wurden von den Restauratoren gesichert und nachhaltig fixiert. Die an den Gewölben bis zu 50 Millimeter starke Putzschale wurde über eine besondere Anbindung aus Hanfdübeln am Ziegelmauerwerk der Gewölbeschale befestigt. In Teilbereichen wurden auch Hinterspritzungen der Hohlstellen mit geeigneten Haftmörteln zur Befestigung vorgenommen. Es wurde mit größter Sensibilität und individueller Abstimmung auf die jeweils vorgefundenen Situation vorgegangen. Die hierfür zuständige Fachbehörden waren an der Abstimmung der restauratorischen Arbeiten stets beteiligt und eingebunden. Mit der Planung betraut war der Münchner Architekt Martin Spaenle.
Die in historischen Kirchenräumen übliche Arbeit von Restauratoren musste dabei in Einklang mit der hierfür ungewöhnlichen und eher derben Abbrucharbeit des Asbestausbaus stattfinden. Herausforderung war der Schutz und Erhalt der historischen Oberflächen, insbesondere an den unmittelbaren Nahtstellen zum asbesthaltigen Material, das rückstandsfrei zu entnehmen war. Aus den Bauakten der 1950er Jahre waren Art und Menge des eingebauten Asbestmaterials bekannt. Die genaue Lage wurde vor Ort durch die Restauratoren festgestellt. Die Farbigkeit der Oberflächen, deren Ausbau erfolgen sollte, wurde von den Restauratoren dokumentiert. Sämtliche Oberflächen wurden vom Fotografen erfasst, um für die spätere Herstellung der Raumschale den Vorzustand verfügbar zu haben.
Gemäß dem mit der staatlichen Gewerbeaufsicht und dem Umweltamt abgestimmten Maßnahmenkonzept für die Sanierung nach Asbestrichtlinie wurde der Ausbau in mehrere Bauabschnitte unterteilt. Die einzelnen Abschnitte wurden vom restlichen Kirchenraum, der während dieser Zeit gesperrt werden musste, hermetisch abgetrennt und unter ständiger Unterdruckhaltung der Reihe nach bis zur Freimessung (Feststellung der Asbestfreiheit) abgearbeitet.
Im Bereich des Altarraums wurden im Rahmen der Freimessung vor der Aufhebung der Schutzmaßnahmen immer noch unzulässig viele Asbestfasern in der Luft festgestellt, obwohl alle Oberflächen korrekt abgearbeitet worden waren. Nach längerer Suche konnte die Ursache entdeckt und beseitigt werden: Über den seitlichen Türen zu Sakristei und Werktagskapelle existieren dünnwandige Abmauerungen, hinter denen sich Hohlräume im Mauerwerk verbergen. Beim Aufbringen des Spritzasbests sind geringe Fasermengen durch den an diesen Stellen mürben Fugenmörtel in die Hohlräume eingewandert. Nach ihrer Entdeckung konnten die Hohlräume geöffnet und die Asbestfasern auch hier vollständig beseitigt werden.
Zur planmäßigen Asbestsanierung wurden vorsichtshalber sämtliche verbleibenden historischen Wand- und Gewölbeflächen, Kapitelle, Stuckierungen, Fenster, die Orgel sowie die gesamte Ausstattung der Kirche von den Gerüsten aus mit entsprechend zugelassenen Saugern abgereinigt. Die Gesamtkosten belaufen sich auf knapp drei Millionen Euro. (BSZ)

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