Bauen

Die Stabbogenkonstruktion unmittelbar vor der Verkehrsfreigabe. (Foto: StBA SW)

09.03.2023

Ertüchtigung war wirtschaftlich nicht vertretbar

Neubau der Mainbrücke Horhausen

Die Mainbrücke bei Horhausen im Zuge der Staatsstraße St 2426 ist eine von sieben Mainbrücken in der Zuständigkeit des Staatlichen Bauamts Schweinfurt. Das Bauwerk liegt im Landkreis Haßberge und gehört der Gemeinde Theres mit den Ortsteilen Horhausen, Obertheres und Untertheres an. Die Brücke dient als regional wichtiger Mainübergang und Autobahnzubringer zur Autobahn A 70.

Die Staatsstraße St 2426 ist im vorliegendem Abschnitt direkt an die Autobahn A 70 angeschlossen und gilt damit im Straßennetz als ein wichtiger Teil der überregionalen Verkehrsachse der Autobahnen A 3 und A 70. Sie verbindet die Staatsstraße 2275 nordöstlich von Donnersdorf mit der St 2447 zwischen Ober- und Untertheres. Das durchschnittliche Verkehrsaufkommen beträgt rund 7260 Fahrzeuge am Tag, davon rund 450 Kfz-Schwerverkehr.

Die ehemalige Mainbrücke Horhausen wurde 1964 fertiggestellt. Das Bauwerk überführt die St 2426 über den Main und über die Bahnlinie Bamberg-Rottendorf der Deutschen Bahn.

Der aktuelle Erhaltungszustand mit einer Zustandsnote von 2,9 („noch ausreichender Zustand“) – jedoch defekter Brückenentwässerung, die Schiffsanprallgefährdung des südlichen Mainpfeilers sowie des Überbaus und die erforderliche Umgestaltung des Brückenquerschnitts für die Aufnahme eines gemeinsamen Geh- und Radwegs auf der westlichen Kappe – hätte bei einem Erhalt des Bestandsbauwerks umfangreiche Instandsetzungs-, Ertüchtigungs- und Umbaumaßnahmen zur Folge gehabt. Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile eines Bauwerkerhalts und einer durchgeführten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung entschied man sich gegen die Ertüchtigung und für einen Ersatzneubau.

Um den Ersatzneubau auf den Weg zu bringen und die Anforderungen an die neue Brücke zu definieren, stimmte man sich zunächst intensiv mit den Trägern öffentlicher Belange, Deutsche Bahn, Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sowie der Gemeinde ab. Schnell kristallisierten sich aus den Abstimmungsgesprächen verschiedene Forderungen, die es bei dem Ersatzneubau zu berücksichtigen galt:
– Für einen gemeinsamen Geh- und Radweg und einer durchgehenden Fahrbahnbreite von 8 Metern vergrößert sich der gesamte Fahrbahnquerschnitt um 3 Meter gegenüber dem Bestandsbauwerk.
– Wegen des Ausbaus des Mains hin zur Wasserstraßenklasse Vb ergeben sich besondere Anforderungen, die der Neubauplanung der Mainbrücke zugrunde zu legen sind.
– Im Bereich der Straßenüberführung über die Gleisanlage der Deutschen Bahn sind, hinsichtlich des Lichtraumprofils, Bahnrichtlinien anzuwenden.
– Der schiffsanprallgefährdete Bestandspfeiler im Süden soll entfallen.
– Die verschiedenen Spartenträger (DB-KT, LST, Stadtwerke Haßfurt, Verwaltungsgemeinschaft Theres, der Abwasserzweckverband Theres, Stadtwerke Schweinfurt und andere) sind zu berücksichtigen.

Sechs Varianten
wurden näher betrachtet

Nach der Identifikation und Einbindung sämtlicher Träger öffentlicher Belange mussten nun, im Rahmen der Vorplanung, mehrere Varianten mit Blick auf konstruktive, geometrische und baubetriebliche Zwänge, beleuchtet werden mit dem Ziel, eine Vorzugsvariante zu definieren. Insgesamt wurden sechs Varianten näher betrachtet.

Im Rahmen einer Entwurfsbesprechung 2014 bei der damaligen Obersten Baubehörde in München wurden die einzelnen Varianten mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt. In einer sich daran anschließenden Diskussion fiel die Wahl auf die Vorzugsvariante mit einer sogenannten Stabbogenkonstruktion mit geneigter Bogenebenen und Plattenbalkenbrücke in Spannbetonbauweise. Am 25. Januar 2019 wurde die Plangenehmigung für das Bauvorhaben erteilt.

Neben der Berücksichtigung der öffentlichen Belange, gestaltete sich außerdem die Planung des Bauablaufs als besonders anspruchsvoll. Denn von den geplanten Bautätigkeiten war nicht nur die Staatsstraße 2426, als wichtige überregionale Verkehrsachse betroffen. Zusätzlich waren sowohl eine aktive Bahnlinie als auch eine wichtige Bundeswasserstraße involviert. Einzelne Bauschritte und Vollsperrungen mussten deshalb frühzeitig terminiert, mit den Betroffenen abgestimmt und wichtige Vorgaben berücksichtigt werden:

– Die Vollsperrung der Staatsstraße 2426 mit Nord-/Südverbindung der Radwege durfte einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten nicht überschreiten.
– Die Sperrung der Bundeswasserstraße Main für die Schifffahrt war auf das Mindeste zu reduzieren. Lediglich für den Zeitraum des Einschwimmens des Überbaus (maximal ein Tag) sowie für den Abbruch des alten Flussfelds (maximal ein Tag) durfte die Bundeswasserstraße voll gesperrt werden.
– Die Sperrung und Einschränkung der Bahnstrecke war auf das Mindeste zu reduzieren.
– Bauen über der Wasserstraße Main und der zweigleisig, elektrifizierten Bahnstrecke unter Aufrechterhaltung der Verkehrswege. Für Arbeiten in der Nähe oder über der Gleisanlage standen nur feste Zeitfenster, im Rahmen von Sperrpausen der Bahnanlage, zur Verfügung.

Damit mit dem Ersatzneubau der Mainbrücke bei Horhausen im Zuge der St 2426 begonnen werden konnte, waren umfangreiche Vorleistungen für ein freies Baufeld erforderlich. So mussten beispielsweise Leitungen der Deutschen Bahn für Kommunikation sowie Leit- und Sicherungstechnik verlegt werden. Damit wurde Baufreiheit für den Abbruch der alten und die Errichtung der neuen Unterbauten geschaffen. Außerdem musste ein Druckwasserkanal des Abwasserzweckverbands verlegt werden, der im Bereich des Mainvorlands, dem Bereich zwischen der Bahnanlage und dem Main, in ungünstiger Lage das Baufeld gekreuzt hatte.

Nachdem sich das Baufeld im Bereich von Verdachtsflächen von Bodendenkmälern befand, war es eine Auflage des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, das Baufeld im Vorfeld, mit Blick auf Bodendenkmäler, zu erkunden. Tatsächlich wurden im Zuge der Vorerkundung Bodendenkmäler gefunden, die es galt zu sichern und zu bergen. Zudem wurden vor dem eigentlichen Baubeginn die Belange des Natur- und Artenschutzes umgesetzt, im Rahmen dessen Fledermauskästen aufgehängt und Ersatzflächen für Zauneidechsen und Schlingnattern hergestellt wurden.

Ende September 2019 begannen dann die eigentlichen Bauarbeiten. Der gesamte Bauablauf wurde dabei in Bauphasen abgebildet. Der Ersatzneubau der Mainbrücke Horhausen umfasst insgesamt drei Teilbauwerke mit einer Gesamtlänge von 152,50 Metern: Ein Bauwerk über den Main sowie eine Vorland- und Bahnbrücke. Das erste Teilbauwerk, die einfeldrige Strombrücke mit 100 Metern Länge, wurde als Stabbogenkonstruktion mit 15 Grad geneigten Bogenebenen hergestellt. Insgesamt waren für die Stahlkonstruktion rund 950 Tonnen Stahl nötig.

Die Vorlandbrücke zwischen der Bahnanlage und dem Main stellt das Teilbauwerk B dar. Dieses ist ein zweistegiger Plattenbalken in Spannbetonbauweise als Einfeldträger mit einer Stützweite von 39,60 Metern. Die Brücke über die Bahnlinie, das Teilbauwerk C, wurde als Rahmenbrücke aus vorgespannten Fertigteilplatten mit einer 20 Zentimeter starken Ortbetonergänzung hergestellt. 

Baukosten:
28,5 Millionen Euro 

Die Baumaßnahme zeichnete sich seit Baubeginn nicht nur als die umfangreichste und größte Brückenbaumaßnahme des Staatlichen Bauamts Schweinfurt aus. Beeindruckt haben insbesondere die imposanten und technisch anspruchsvollen Arbeitsschritte. So wurde der Brückenüberbau der Mainbrücke zunächst an Land hergestellt. Nach Fertigstellung des Stahlkolosses verließ die Konstruktion im November 2020 ihren Platz an Land und wurde während der Bauphase 3 über den Main auf die Behelfsbrückenpfeiler in Seitenlage „eingeschwommen“.

Ein weiteres Highlight folgte Ende August 2022 als der Brückenüberbau ein zweites Mal seinen Platz verließ und diesmal quer – in seine endgültige Lage – verschoben wurde. Am 21. Oktober 2022 erfolgte dann planmäßig, nach zweimonatiger Vollsperrung der Staatsstraße, die offizielle Verkehrsfreigabe. Die Gesamtfertigstellung wird voraussichtlich bis Ende April 2023 erfolgen.

Neben dem Freistaat Bayern waren die Deutsche Bahn AG sowie die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (vertreten durch das Wasserstraßenneubauamt Aschaffenburg) an der Maßnahme beteiligt. Die Baukosten belaufen sich auf rund 28,5 Millionen Euro, wovon der Freistaat mit etwa 26,8 Millionen Euro den Großteil stemmt. Die Deutsche Bahn AG ist als Kreuzungspartner mit rund 1,5 Millionen Euro beteiligt. Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes musste 170 000 Euro für eine fiktive Schiffstoßsicherung des südlichen Flusspfeilers der Bestandsbrücke begleichen. (BSZ)
 

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