Bauen

Das Kutscherhaus in einem Münchener Hinterhof. (Foto: Tankred Winter)

05.12.2023

Holzfasern puffern Feuchteschwankungen

Energetische Sanierung denkmalgeschützter Gebäude mit Holzfaser-Innendämmung

Wärmepumpen arbeiten effizient – wenn der Heizwärmebedarf eines Gebäudes nicht allzu hoch ist. Deswegen gehört eine gute Dämmung der Außenwand zu den zentralen Maßnahmen einer energetischen Sanierung. Wenn die Fassade besonders erhaltenswert ist oder unter Denkmalschutz steht, dann sollte die Außenwand von innen gedämmt werden. Bereits wenige Zentimeter verbessern den U-Wert stark. Holzfaser-Dämmstoffe bringen dabei neben ökologischen und baubiologischen auch bauphysikalische Vorteile. Und erlauben verschiedene Wandsysteme.

Rund 110 000 denkmalgeschützte Gebäude gibt es in Bayern. Eines erwarb in München eine junge Familie, die lange nach einer größeren Wohnung gesucht hatte: ein sogenanntes „Kutscherhaus“ in einem Schwabinger Hinterhof, Baujahr 1899, zweigeschossig, nicht unterkellert, sanierungsbedürftig. Einen Endenergiebedarf von über 300 kWh/(m2a) errechnete der von der Familie engagierte Architekt und Energieberater Tankred Winter – fast das Achtfache von dem heutiger Neubauten.

Den Fußboden im Erdgeschoss zu dämmen und im Dach die vorhandene Zwischensparrendämmung um eine Aufsparrendämmung zu ergänzen, würde den Endenergiebedarf nur um ein Zehntel senken. Die entscheidende Verbesserung bringt das Dämmen der Außenwände. Denn deren Fläche ist fünfmal so groß wie die des Dachs und des Bodens, weil das Gebäude freisteht. Eine 6 Zentimeter starke Innendämmung würde den Endenergiebedarf um ein Drittel reduzieren.

Das reicht hier für eine Umstellung des Heizsystems auf eine Luftwärmepumpe aus, wenn die alten Heizkörper durch moderne Flächenheizungen ersetzt werden. „Flächenheizungen sind sinnvoll, weil Wärmepumpen am effizientesten mit niedrigen Vorlauftemperaturen arbeiten: am besten mit 35 Grad Celsius“, erklärt Winter. „Je größer die Heizfläche, desto niedriger kann die Vorlauftemperatur sein. Da im Kutscherhaus ein neuer Fußboden verlegt werden muss, ist natürlich eine Fußbodenheizung naheliegend. In anderen Altbauten kommen aber auch Wand- oder Deckenheizungen in Frage.“

Das Umstellen des Heizsystems auf eine Wärmepumpe ist sinnvoll, weil dies den Endenergiebedarf nochmals um mehr als die Hälfte senkt – beim Kutscherhaus zusammen mit der Innendämmung auf fast ein Viertel des Ausgangsniveaus. Dass dafür bereits eine relativ dünne Dämmschicht ausreicht, hat einen simplen Grund: „Jede Verdopplung der Dämmstoffdicke bedeutet eine Halbierung der durch sie fließenden Wärme“, erklärt Winter. „Die zusätzliche Wärmeeinsparung wird also immer geringer, das Aufwand-Nutzen-Verhältnis immer ungünstiger. Am effizientesten sind immer die ersten Zentimeter.“

Das Dämmen einer Außenwand von innen wird von der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) in Höhe von 15 Prozent der Baukosten bezuschusst. Wenn vorher ein „individueller Sanierungsfahrplan“ (iSFP) erstellt wurde, sogar mit 20 Prozent. Dafür muss die Außenwand einen U-Wert von 0,45 oder besser erreichen und das Gebäude ein „Baudenkmal oder sonstige erhaltenswerte Bausubstanz“ sein.

Die BEG fördert außerdem „systemische Sanierungen“ zum „Effizienzhaus“ mit lukrativen Krediten. Dafür darf ein Gebäude einen bestimmten Energiebedarf nicht überschreiten. Die Anforderungen an Baudenkmäler sind jedoch moderat. Beim Kutscherhaus würde es genügen, nur die drei fensterlosen Außenwände auf der Nord-, West- und Ostseite von innen zu dämmen und auf eine Wärmepumpe umzustellen, um den Förderstandard „Effizienzhaus Denkmal“ zu erreichen.

Ist ein Gebäude kein Baudenkmal oder wird gar keine Förderung gewünscht, dann sind normalerweise vom Gebäudeenergiegesetz (GEG) definierte Mindeststandards einzuhalten. Für das Dämmen einer Außenwand schreibt das GEG zwar einen U-Wert von 0,24 oder besser vor – doch nur für das „Anbringen von Dämmschichten auf der Außenseite einer bestehenden Wand“. Im Umkehrschluss bedeutet das: Beim Anbringen auf der Innenseite muss kein bestimmter U-Wert erreicht werden.

Auch der sogenannte Mindestwärmeschutz zur Verhinderung von Schimmel auf der Wandoberfläche verlangt keinen bestimmten U-Wert, weil die Innendämmung ja deren Temperatur ansteigen lässt und sich dadurch auf ihr weniger Tauwasser niederschlägt. Hinter der Dämmschicht wird es allerdings kühler – und deshalb gibt gegen Innendämmung auch Vorbehalte.

„Die beruhen aber vornehmlich aus einem Anwendungsfehler der Vergangenheit“, erklärt Sönke Grön, der in der Technikabteilung des Dämmstoff-Herstellers Steico unter anderem für Innendämmungen zuständig ist. „Früher wurden die Dämmplatten oft im sogenannten Batzenverfahren an die Außenwände geklebt, weil das Zeit spart. Zwischen Mauerwerk und Dämmplatten blieben großflächige Hohlräume, in denen sich eingedrungene Luftfeuchte abkühlte und kondensierte. Das lässt sich einfach vermeiden, indem man die Dämmplatten vollflächig verklebt und eventuelle Durchdringungen luftdicht anschließt.“

Verschiedene Wandsysteme

Steico stellt Holzfaser-Dämmstoffe her. Diese weisen als Naturprodukt eine hohe baubiologische Qualität auf, speichern große Mengen CO2 und können bis zu 15 Prozent ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen, zwischenspeichern und wieder abgeben, ohne dabei nennenswert an Dämmleistung einzubüßen. Dadurch puffern sie Phasen hoher Raumluftfeuchte gut ab und schützen die Bausubstanz vor zu starker Durchfeuchtung.

Grön nennt dies „Feuchtemanagement“ und berichtet, dass dies gerade auch wissenschaftlich erkannt wird. In den europäischen Forschungsprojekten „IN2EuroBuild“ und „ThermNat“ untersuchten das Fraunhofer-Institut und andere Forschungsorganisationen verschiedenste Innendämmungen und fanden unter anderem heraus, dass Holzfaser-Dämmstoffe „belegbar höhere Feuchteverhältnisse vertragen“, als dies in den technischen Normen und Richtlinien bisher abgebildet ist.

Kernaufgabe eines Dämmstoffs ist aber natürlich die Wärmedämmung. Da sind Holzfaser-Dämmstoffe besser als beispielsweise die häufig verwendeten Kalziumsilikatplatten. Für das Kutscherhaus errechnete Grön, dass eine 6 Zentimeter starke Holzfaser-Dämmplatte Steicointernal mit einem Wärmeleitfähigkeitsnennwert von 0,038 den Außenwand-U-Wert von 1,3 auf 0,43 verbessert und damit die Anforderung der BEG von 0,45 klar übertrifft.

Solche vollflächig aufgeklebten und abschließend verputzten Dämmplatten sind gut, wenn an die Außenwände keine Lasten wie Bilder, Regalbretter oder Fließen befestigt werden. Soll das aber möglich sein, gibt es eine andere Lösung: die Montage von Wandständern, das Füllen ihrer Gefache mit flexiblen Dämmmatten und das Schließen mit Gipskarton- oder Gipsfaserplatten. Die U-Werte variieren dabei nur gering. Grön errechnete, dass Wandständer-Lösungen mit einer 6 Zentimeter starken Holzfaser-Dämmmatte Steicoflex 036, die einen Wärmeleitfähigkeitsnennwert von 0,036 aufweist, den U-Wert von 1,3 auf 0,45 bis 0,47 verbessern.

Welche Dämmstärke sinnvoll ist, ergibt sich aus dem U-Wert der Bestandswand, aus der Frage, ob ein förderfähiger U-Wert erreicht werden soll, und aus der Größe der Flächenheizung, wenn auf eine Wärmepumpe umgerüstet werden soll. Zusammen bilden diese Maßnahmen ein für Altbauten hochattraktives Konzept, weil mit relativ wenig Aufwand viel Energie eingespart wird. (Günther Hartmann)
 

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