Bauen

Michael Kordon. (Foto: Tobias Hase)

22.08.2022

"In der Vernetzung der Verkehrsmittel liegt die Zukunft“

Michael Kordon, 1. Vizepräsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, über die „Zukunft der Mobilität“

Mobilität beginnt für viele Menschen jeden Morgen mit dem Weg zur Arbeit. Zu Fuß wäre es ideal, doch die Entfernungen lassen das meist nicht zu. Bei Fahrrad oder E-Bike stellt sich die Frage nach einem Radweg, der eine sichere Fahrt ohne große Umwege ermöglicht. In der Stadt stehen noch S-Bahnen, U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse zur Verfügung. Trotz überlasteter Straßen und Staus, besonders im Berufsverkehr, bleibt das Auto nach wie vor häufig das Mittel der Wahl. Oder wie man in ländlichen Regionen sagen muss, die einzige Möglichkeit, die zur Wahl steht.

Der Weg zur Arbeit ist nur ein Aspekt der individuellen Mobilität, das größere Verkehrsaufkommen verursacht der Urlaubs- und Freizeitverkehr. Jetzt in der Ferienzeit sind die Flughäfen überlastet. Flüge fallen aus oder haben Verspätung. Die Kritik an überfüllten und unzuverlässig fahrenden Zügen reißt nicht ab, und auf unseren Autobahnen stehen Kolonnen von Autos. Das Bedürfnis nach Mobilität ist offensichtlich sehr groß, es überfordert unser vorhandenes Netz an Verkehrswegen.

Der Verkehrsraum ist begrenzt. In der Stadt können sich Straße, Schiene, Fuß- und Radwege den vorhandenen Platz zwischen den Häuserzeilen teilen. Die Diskussion, für welches Verkehrsmittel zu viel und für welches zu wenig Platz zur Verfügung gestellt wird oder angemessen ist, wird lebhaft geführt. Aber auch wenn Straßen, Schienen und Wege nicht auf beiden Seiten durch die Bebauung begrenzt sind, noch ein Bahngleis, noch eine Fahrspur zu bauen, wird auf Dauer keine Lösung sein und in Zeiten knapper Flächen häufig nicht gelingen.

Dies trifft für den Lkw-Verkehr ebenso zu wie für den Personenverkehr. Nur, dass den Lkw- und Güterverkehr eigentlich niemand haben will. Lkw-Verkehr ist laut und verstopft die Straßen. Doch der Lkw liefert die Güter in den Supermarkt und der Gütertransport steigt ungebremst. Produkte aus aller Welt werden nachgefragt. Der Versandhandel hat erstaunliche Dimensionen angenommen. Der zunehmende Güterverkehr führt zu der absurden Situation, dass zum Beispiel bei der Einreise nach Österreich die Blockabfertigung den Lkw-Verkehr aufhält, weil der Straßenraum in Österreich wohl nicht ausreicht, um den Lkw-Verkehr abzuwickeln. Kilometerlange Lkw-Staus vor der Grenze sind die Folge und die blockieren wiederum den ohnehin zu knappen Verkehrsraum. Im nachgeordneten Verkehrsnetz führt der durch die Lkw-Stauungen verdrängte Verkehr wieder zu Belastungen, die wiederum zu Sperrungen und Beschränkungen führen. Wie lässt sich dieses Dilemma lösen?

Die klassische Antwort wäre: Wir müssen mehr Straßen und Schienenwege bauen. Doch oft wird kritisiert, das Planen dauere zu lange und der Bau müsste schneller gehen. Bei genauerem Hinsehen aber ist die technische Planung einer Straße oder einer Bahnlinie nicht der große Zeitfresser und auch der Bau, wenn er dann beginnt, wird von unseren Baufirmen in aller Regel zügig erledigt. Was Jahre kostet, ist das Streben nach gesellschaftlichem Konsens, die Abwägung zwischen den mit immer mehr Vehemenz vertretenen Individualinteressen von Anwohnern, Grundeigentümern und Betroffenen, um nur einige Beispiele zu nennen. Verbandsinteressen, gesetzliche Vorgaben und die fehlende Entschlossenheit des Bauherrn zur tatsächlichen Realisierung ziehen die Bauprojekte in die Länge.

Was also tun? Die vorhandenen Schienen, Straßen und Radwege müssen erhalten und am Ende ihrer Lebenszeit mit Entschlossenheit baulich erneuert werden. Die eine oder andere Erweiterung um ein Gleis oder eine Spur, der Lückenschluss dort, wo das Schienen-, Straßen- und Wegenetz nicht gut geschlossen ist, sind notwendige Baumaßnahmen für ein ausreichend dimensioniertes Verkehrswegenetz, das zum Erhalt unserer Mobilität unverzichtbar ist.

Der andere Schlüssel zur verbesserten Mobilität der Zukunft liegt in der Vernetzung der Verkehrsmittel. Mit modernen intelligenten Mobilitätsmaßnahmen und -konzepten kann der Verkehr besser gesteuert werden und der vorhandene Verkehrsraum wird räumlich und zeitlich besser genutzt. Die digitale Lkw-Stellplatzdetektion für die intelligente Nutzung von vorhandenen Lkw-Stellplätzen ist ein Beispiel für künftige Entwicklungen. Die Mobilität der Zukunft zu gestalten, bleibt für uns Ingenieure eine große Herausforderung, die wir gerne annehmen. 
 

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