Bauen

Die größte Erlebnisholzkugel der Welt wird am Ostufer des Steinberger Sees gebaut. Daneben befindet sich eine moderne Erlebnisgastronomie. (Visualisierung: inMotion PARK GmbH)

27.10.2017

Leuchtturmprojekt für die Oberpfalz

Der größte Holzkugelturm der Welt

Am Ostufer des Steinberger Sees realisiert die inMotion PARK Seenland GmbH den weltweit größten Holzkugelturm samt moderner Erlebnisastronomie. Nach erfolgter Planungsphase und Baugenehmigung geht es nun an die Ausführung. Als das Ingenieurbüro Preihsl + Schwan in Burglengenfeld im Herbst 2016 eine Honoraranfrage bezüglich eines Brandschutzkonzeptes erreichte, ahnte dort noch niemand, welch großartiges Projekt sich hieraus entwickeln sollte. Sicherlich, das angefragte Projekt – ein 40 Meter hoher Holzkugelturm am Steinberger See – erweckte sofort starkes Interesse bei Geschäftsführung und Mitarbeitern. Und auch die örtliche Nähe von knapp 20 Kilometern zwischen Ingenieurbüro und geplantem Bauort sprach für das Projekt. Doch zunächst galt es, intern zu klären, ob ein Nachweis des Brandschutzes, der sowohl den gestalterischen als auch den wirtschaftlichen Interessen genügte, umsetzbar wäre. Nach sorgfältiger Prüfung fand das Ingenieurbüro Preihsl + Schwan schließlich einen gangbaren Weg und gab das Honorarangebot ab. Von da an ging es für die Mitarbeiter des Büros Schlag auf Schlag: Tom Zeller und Kim Kappenberger, beide Geschäftsführer der inMotion PARK Seenland GmbH aus Lappersdorf, erteilten dem Ingenieurbüro nicht nur umgehend den Auftrag zur Erstellung des Brandschutzkonzepts und zur ebenfalls zu dem Zeitpunkt noch nicht vergebenen Genehmigungsplanung der Holzkugel. Vielmehr wurden Entwurf- und Genehmigungsplanung samt Brandschutznachweis für das angrenzende Erlebnisgastronomiegebäude gleich mitbeauftragt. Für die Tragwerksplanung der Holzkugel – im Übrigen laut Angaben der Investoren die größte begehbare Holzkugel der Welt – wurde das Ziviltechnikerbüro Luggin aus Wien verpflichtet. Die konstruktive Ausarbeitung, Produktion und Montage der Holzkugel wurde der Firma Almholz aus Fladnitz an der Teichalm (Österreich) übertragen. Nun, da das Planungsteam vollständig besetzt war, konnte unverzüglich damit begonnen werden, die Visionen der Investorengruppe in die Tat umzusetzen. Dieses so beachtliche Projekt, das schon in einer frühen Projektphase überregionale Aufmerksamkeit auf sich zog, musste zunächst zur Genehmigungsreife gebracht werden ohne die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus den Augen zu verlieren.

Zwei begehbare
Außenringe

Und dabei waren die Anforderungen, die an das Projektteam gestellt wurden, nicht gerade alltäglich: Der Kugelturm sollte bis auf wenige, statisch notwendige Befestigungen komplett aus Holz erstellt werden, einen Durchmesser von rund 40 Metern haben und zwei begehbare Außenringe mit Bewegungs- und Erlebniselementen sowie Ruheoasen beinhalten. Im Innern des Kugelturms sollte ein 700 Meter langer, barriearmer Aufweg verlaufen und eine Riesenröhrenrutsche installiert werden, über die man von knapp 30 Metern Höhe aus den Boden wieder erreichen sollte.
Mit der exponierten Lage am Ufer des Steinberger Sees sollte der Holzkugelturm zugleich ein architektonisches, bereits von Weiten erkennbares Highlight und neues Wahrzeichen der kleinen Oberpfälzer Gemeinde Steinberg am See werden. Schnell erkannten auch Lokalpolitiker, wie der Schwandorfer Landrat Thomas Ebeling und der Bürgermeister von Steinberg am See, Harald Bemmerl, die Chancen, die von dem als Leuchtturmprojekt gehandelten Vorhaben ausgingen. Und so sicherte die Regierung der Oberpfalz eine finanzielle Förderung des Projekts zu. Nachdem die Gemeinde einen vorhabensbezogenen Bebauungsplan aufgestellt hatte, der die genehmigungsrechtlichen Grundlagen für den Holzkugelturm schuf, musste im nächsten Planungsschritt der Vorentwurf der Firma Almholz mit den Anforderungen an die Tragwerksplanung und den vorbeugenden baulichen Brandschutz abgestimmt werden. Dass dem Projekt von Beginn an ein terminlicher und finanzieller Druck anlastete, stellte für alle Beteiligten eine besondere Motivation dar – anstehende Aufgaben wurden unmittelbar angegangen und erfolgreich umgesetzt. Ein erster wichtiger Meilenstein der Projektumsetzung war die Festlegung einer maximalen Anzahl an Besuchern, die zeitgleich dem Kugelturm würde betreten dürfen. Sie stellte schließlich die Grundlage für das Brandschutz-Konzept dar. Die Festlegung der Maximal-Besucherzahl war dabei einerseits abhängig von der schieren Größe der Kugel und den wirtschaftlichen Prognosen der Investoren, die einen hohen Besucherandrang versprachen. Andererseits musste allerdings auch darauf geachtet werden, dass die Konstruktionskosten nicht ins Unermessliche stiegen. Nach sorgfältigen Abwägungen einigte man sich auf eine maximale Besucherzahl von 950 Personen. Hierdurch konnte vermieden werden, dass der Kugelturm offiziell als Versammlungsstätte (über 1000 Besucher) mit weiteren Auflagen eingeordnet werden würde. Zugleich stellte man aber auch sicher, dass die Kugel an stark besuchten Tagen gut auszulasten sein würde. Aufgrund der Höhe des Turmes von weit über 30 Metern konnte jedoch nicht vermieden werden, dass das Bauwerk als Sonderbau einzustufen war. Das Haupttragwerk besteht aus Holzbauteilen, die über Stahlverbindungen zusammengehalten werden. Da diese Stahlverbindungen aus optischen Gründen unbeschichtet sein sollten, konnten diese brandschutztechnisch nur ohne Widerstandsdauer (F0) und damit als nicht feuerhemmend eingeordnet werden. Es galt daher durch eine massive Reduzierung der Brandgefahren (komplettes Rauchverbot, keine Mülleimer, keine brennbare Ausstattung oder elektrische Installationen) dafür zu sorgen, dass es unter normalen Bedingungen gar nicht erst zum Entzünden der Holzbauteile und somit zum Versagen der Stahlverbindungen kommen konnte. Diese Argumentation konnte schließlich auch vom zuständigen Prüfsachverständigen für Brandschutz mitgetragen werden. Da der Kugelturm des Weiteren zwar als Bauwerk, jedoch nicht als Gebäude im Sinne der Bayerischen Bauordnung anzusehen ist, entfielen zudem viele der ansonsten notwendig gewordenen bauaufsichtlichen Anforderungen. Um eine größtmögliche Sicherheit für die Besucher zu gewährleisten, fanden im Vorfeld intensive Gespräche und Begehungen mit der örtlichen Feuerwehr und dem Kreisbrandrat statt. So wurde die tatsächliche Löschwassermenge vor Ort gemessen und ein System zur Löschwasserversorgung entwickelt, bei dem im Bedarfsfall auch das Wasser des nahgelegenen Steinberger Sees zur Hilfe gezogen werden kann.

800 Quadratmeter
große Erlebnisgastronomie

In unmittelbarer Nachbarschaft zum Kugelturm entsteht zusätzlich ein 800 Quadratmeter umfassendes, eingeschossiges Erlebnisgastronomiegebäude. Passend zum Kugelturm wird es in naturnaher Holzbauweise erstellt und bietet mit seiner Großküche eine kulinarische Versorgung für bis zu 170 Besucher, einen Merchandi-singshop, Toilettenanlagen sowie die Büroräume für die Verwaltung der Anlage. Eine 300 Quadratmeter große Sonnenterrasse mit Blick auf den Steinberger See – in Anlehnung an den Holzturm als Halbkugel ausgeführt – lädt zur Kurzweil ein und rundet das neue Ensemble am Steinberger See harmonisch ab. Auch beim Erlebnisgastronomiegebäude musste ein besonderes Augenmerk auf den Brandschutz gelegt werden. In dem in Holzbauweise errichteten Gebäude bedurften gerade die Konstruktionsdetails oft besonderer, individueller Lösungsansätze durch Architekten und Brandschutzplaner. Denn während sich in Gebäuden, die in herkömmlicher Massivbauweise aus Stahlbeton und Mauerwerk errichtet werden, Wände, Decken und vor allem Anschlüsse leicht mit den geforderten hohen Brandwiderstandsdauern erstellen lassen, sind diese gerade im Holzbau oft nur mit speziellen Anschlussdetails und Aufbauten erreichbar. Auch und gerade wegen der eingeschossigen Bauweise und der sich daraus ergebenden Übersichtlichkeit des Gebäudes mit kurzen und direkten Rettungswegen ins Freie konnten sinnvolle Abweichungen und Kompensationen zur Einhaltung der Bayerischen Bauordnung erarbeitet werden.
Vor ein weiteres Problem wurde das Planungsteam schließlich gestellt, als die Genehmigung der beiden Bauvorhaben (die Holzkugel und das Gastronomiegebäude wurden als zwei separate Bauanträge gestellt) näher rückte und die Stellplatznachweise für den Kugelturm und das Gastronomiegebäude anhand der Bayerischen Garagen- und Stellplatzverordnung vorzulegen waren. Während die Ermittlung der notwendigen Stellplätze für die Erlebnisgastronomie erwartungsgemäß überschaubare Anforderungen (50 Stellplätze) ergaben, stellte sich dies beim Holzkugelturm aufgrund der hohen zulässigen Besucherzahlen völlig anders dar.

Spezielles
Stellplatzkonzept

Da in der Garagen- und Stellplatzverordnung einschlägige Referenzen für derartige Bauwerke fehlten, musste man sich in Analogie an einer „Versammlungsstätte überörtlicher Bedeutung“ orientieren. Angelehnt an die maximale Besucherzahl von 950 Personen in der Kugel ergab dies die stolze Anforderung von weiteren 190 Stellplätzen im unmittelbaren örtlichen Zusammenhang mit der Anlage.
Auch wenn die zur Verfügung stehende Fläche zwar durchaus weitläufig ist, so wäre der Bau von insgesamt 240 Stellplätzen doch nicht möglich gewesen ohne das gesamte Wirkungs- und Erscheinungsbild des Kugelturms negativ zu beeinflussen. Von daher musste eine andere, rechtlich zulässige und dennoch praktikable Lösung gefunden werden. In intensiver und produktiver Zusammenarbeit mit der Genehmigungsbehörde und der Gemeinde Steinberg am See wurde ein spezielles Stellplatzkonzept entwickelt, das vor Ort Stellplätze für einen normalen Besuchertag mit maximal 600 Personen sicherstellte. Für besonders besucherstarke Tage wurden zusätzliche Bushaltestellen im Ortsbereich der Gemeinde geschaffen. So wurde eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung gefunden, die ohne eine unnötige Bebauung wertvoller Seeuferflächen auskommt und zugleich eine nachhaltige Verkehrsplanung mit Busverkehr beinhaltet. Am 21. Juli 2017 war es dann endlich soweit: Der offizielle Spatenstich des insgesamt 5,5 Millionen Euro teuren Projekts, das jährlich über 150 000 Besucher anlocken soll, wurde gefeiert. (Fabian Biersack /
Kim Kappenberger
- Biersack ist Geschäftsführender Gesellschafter bei Preihsl + Schwan – Beraten und Planen GmbH sowie Mitglied der Vertreterversammlung der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau; Kappenberger ist Geschäftsführer der inMotion PARK Seenland GmbH) (Diesen tollen Ausblick werden die Besucher nach der Fertigstellung von der Plattform haben; der Balkon mit der Erlebnisstation - Visualisierungen: inMotion PARK GmbH)

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