Bauen

8,25 Millionen euro wurden in den Neubau investiert. (Foto: Ingrid Scheffler)

17.12.2010

Massiv und filigran zugleich

Neubau für die Kinder- und Jugendpsychiatrie der LMU in München

Am 4. Oktober 2010 wurde der Neubau für die Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie eingeweiht. Der Neubau im Zentrum des Klinikviertels stellt einen wichtigen Baustein für die Entwicklung des Standorts Innenstadt des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München dar und schließt eine große Lücke in der Versorgung psychisch kranker junger Menschen. Nach einer Bauzeit von nur zwei Jahren und Baukosten von 8,25 Millionen Euro findet der Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie, mit der Inbetriebnahme ein neues zu Hause im Bereich des Klinikums der LMU.
Die Klinik ist mit ihrem Standort in der Innenstadt so zentral gelegen, dass die Kinder und Jugendlichen, wenn der Behandlungsfortschritt es erlaubt, die nahe gelegenen Grund-, Haupt-, Realschulen und Gymnasien besuchen können. Bei einer durchschnittlichen Behandlungsdauer von zwei bis vier Monaten ermöglicht die Lage der Klinik es den jungen Patienten auch, Aktivitäten, wie zum Beispiel einen Kino- oder Schwimmbadbesuch, durchzuführen. Im Rahmen der Behandlung ist es oft notwendig, Alltagsaufgaben im realistischen Umfeld zu üben.
Das Haus hat 22 Betten für die Kinder- und Jugendbehandlung, acht Betten für die psychiatrische Intensivbetreuung, eine Tagesklinik mit zehn Betreuungsplätzen sowie eine Psychiatrische Institutsambulanz mit Konsiliar- und Liasondiensten. Verwaltungs- und Seminarbereiche befinden sich ebenso im Gebäude wie Räume für einen schulischen Begleitunterricht, zusätzlich auch Räume für unterschiedlichste Behandlungsansätze wie Musik-, Bewegungs- oder Ergotherapie.
Die Grundkonzeption des Gebäudes zeigt sich in der Anordnung zwischen massivem Baukörper im Osten und filigranem Baukörper nach Westen zum Garten hin. Es entsteht ein Winkel von etwa sieben Grad. Diese Grundrissstruktur entwickelt sich zum einen aus dem an dieser Stelle abgebrochenen Ostflügel und der Absicht, eine in der Umgrenzungsform klar definierte Gartenfläche zu erhalten. So entsteht in jedem Geschoss eine Aufweitung der Flurbreite, mit ihrer größten Aufweitung an der Südwestseite. So entstehen an dieser Stelle offene und helle Gemeinschaftszonen. Die Flure sind durch Kuben gegliedert, was den Patienten eine bessere Orientierung ermöglicht.
Die Fassade zur Ostseite ist als Lochfassade in massiver Bauweise ausgeführt (Stahlbeton mit Wärmedämmverbundsystem). Dieser massive Baukörper bildet die Basis für den von der Westseite angesetzten transparenten Baukörper zum Garten hin. Die Fensteröffnungen der Lochfassade nehmen dabei die Proportionen des Altbaus auf und setzen diesen mit moderner Architektursprache um. Der Baukörper nach Westen reagiert nicht zuletzt auch in seiner Farbigkeit auf die historische Gartensituation. Das Wechselspiel zwischen Garten und Fassade zeigt sich zu jeder Jahreszeit anders. Der Neubau ist in allen Geschossen ebenengleich an den Altbau angeschlossen. So können sich bietende Synergieeffekte mit der Erwachsenenpsychiatrie voll genutzt werden.

Offen geführte Stationen


Der Vorbereich des ehemaligen Ostflügels wurde ebenfalls umgestaltet. Wesentlich ist hierbei der neu entstandene Platz, der von vier Bäumen gefasst wird. Hier wurde die Klinikstraße, die den Platz verkehrsberuhigt durchzieht, integriert. Markantes Kernstück des Vorplatzes ist das Kunstwerk „Du und ich – Am Anfang war Begegnung“. Der Münchner Künstler Werner Mally schuf eine Skulptur aus übergroßen Granitblöcken in Buchstabenform.
Im Erdgeschoss befinden sich sowohl die ambulante wie auch die stationäre Aufnahme, ferner auch die Psychiatrische Institutsambulanz mit Arzt- und Psychologenräumen für Konsiliar- und Liasondienste. Angegliedert sind auch hier Räume für eine begleitende schulische Betreuung.
Bei den Stationen des ersten beiden Obergeschosse handelt es sich um offen geführte Stationen, die gleichermaßen Wohn- und Aufenthaltsbereiche, wie auch Therapie- und Untersuchungseinheiten in einem Geschoss integrieren.
Jede Station hat ihren eigenen Gemeinschaftsbereich nach Südwesten. Dabei wurde auf Offenheit und Transparenz großer Wert gelegt. Die Patientenzimmer wirken hell und einladend und haben nichts von Krankenhauszimmern im herkömmlichen Verständnis. Hier soll man sich zu Hause fühlen, wenn auch begrenzt für die Dauer der Behandlung in der Klinik. Zwingend notwendige Sicherheitsausstattungen wurden weitgehend baulich mit eingeplant und integriert, sodass das oft eher abweisende Erscheinungsbild einer psychiatrischen Klinik nicht entsteht. So kommen in allen bestimmenden Bereichen nur wertbeständige Materialien zum Einsatz. Die Farbigkeit von Einbauten sowie des Mobiliars lehnt sich an das Farbkonzept der Westfassade an und wird somit ins Innere des Gebäudes übertragen. Darüber hinaus besitzt jede Station ihre eigene Farbe, die dem Patienten eine klare Orientierung ermöglicht. Räume für ärztliche und psychologische Untersuchung vermitteln ebenfalls einen unaufdringlichen, fast privaten Eindruck. Jeder dieser Räume ist mit Einrichtungen zur Video- und Audioanalyse von Patientengesprächen ausgestattet.
Die Fläche des dritten Obergeschosses teilen sich die Psychiatrische Intensivstation und die Tagesklinik, die Platz für zehn Betreuungsplätze bietet. Die Psychiatrische Intensivstation ist für acht Patienten ausgelegt und wird als geschlossene Station geführt. Besondere Aufmerksamkeit verdiente in diesem Bereich die Ausstattung, die unter anderem auch eine erhöhte Suizidprävention gewährleistet. Diese geht noch über die Anforderungen der Sicherheitsanforderungen einer Regelstation hinaus. So bieten Armaturen, Fenster- und Türgriffe oder Haken keinen Ansatz zur Selbstverletzung. Unterstützt wird dies durch eine Kameraüberwachung der Patienten auch bei Nacht mittels eines Infrarot-Kamerasystems. Die Zugänge der Station werden über zwei Schleusenanlagen geregelt.
Im vierten Obergeschoss befindet sich die Klinikverwaltung sowie Räume für die Fort- und Weiterbildung. Aufgrund des zurückgesetzten Dachgeschosses konnte hier in attraktiver Lage eine Dachterrasse realisiert werden.

Wenig Technikräume


Im Untergeschoss befinden sich Therapieräume der Bewegungs- und Ergotherapie mit erhöhter Lärmentwicklung. In einem Gymnastikraum sind vielfältige Möglichkeiten zur körperlichen Erfahrung und sportlicher Betätigung gegeben. Ebenfalls im Untergeschoss befinden sich Räume zur Lagerung und Archivierung. Der Anteil an Technikräumen konnte aufgrund der Anbindung an den Altbau gering gehalten werden.
Für eine erfolgreiche Therapie notwendige Freibereiche konnten, trotz der baulich verdichteten Lage in direkter Nähe zur Klinik gefunden werden. So entstand auf dem Areal ein Streetballplatz, der ehemalige Garten eines aufgegebenen Klosters konnte zum Therapiegarten umgestaltet werden. Entlang eines Weges der den Garten durchzieht finden sich Kommunikationsinseln für Spiel, Gespräch oder Entspannung. Nutzgartenflächen zur Bearbeitung durch Patienten bieten Raum zur Aufzucht und Pflege von Pflanzen. Größere Rasenflächen ermöglichen gemeinschaftliche Aktionen aller Art. Die Gestaltung der Freiflächen wurde nach Entwürfen des Landschaftsarchitekturbüros Luska Freiraum aus Dachau umgesetzt.
(Alexander Jobst/Markus Andris)

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