Bauen

Versenkung der Zeitkapsel: Eva Materna und Holger Beckmann. (Foto: Augustinum)

05.05.2025

Nachhaltiges Gebäude

In Oberschleißheim entsteht eine Wohnstätte für Menschen mit geistiger Behinderung

In einem feierlichen Akt ist vor Kurzem für ein Bauprojekt mit Modellcharakter der Grundstein gelegt worden. In Oberschleißheim bei München errichtet die Augustinum Gruppe eine nachhaltige Wohnstätte mit Platz für 24 Erwachsene mit geistiger Behinderung. Bei dem festlichen Akt sagte Christian Kranjčić, Geschäftsleiter der Pädagogischen Einrichtungen des Augustinum: „Endlich geht es los!“ Die ersten Planungen seien schon vor 2018 angestellt worden. „Nun bauen wir hier ein großes Haus für unsere Klienten. Eine tolle Sache!“ Er bedankte sich dabei bei allen Förderern, allen voran dem Freistaat Bayern, und hob hevor, dass das Gebäude nachhaltig gebaut werde, zu großen Teilen aus Holz bestehe und eine Photovoltaikanage sowie eine Wärmepumpe aufweise.

Auch Dienststellenleiterin Eva Meterna rückte die Bewohner in den Mittelpunkt: „Das Haus bietet ihnen durch drei kleine Gruppen, Einzelappartements, der Nähe zu Werkstatt und Förderbereich, die Anbindung an öffentliches Leben und die traumhafte Lage im Grünen eine Umgebung, die selbstständiges Wohnen und erfülltes Leben ermöglichen wird“, sagte sie und fügte hinzu: „Dieses Projekt liegt uns besonders am Herzen, denn es bietet nicht nur ein Zuhause für Menschen, die Unterstützung benötigen, sondern setzt auch ein Zeichen für Nachhaltigkeit.“ Es sei die 16. Wohnstätte des Augustinum.

Oberschleißheims Bürgermeister Markus Böck betonte, dass das Augustinum fester Bestandteil des Ortes seit 1978 und dort vernetzt ist. Er lobte das Wohnstättenprojekt als „wegweisendes soziales und nachhaltiges Projekt. „Wir sind stolz, dass Sie hier bei uns sind“, sagte er. Generalunternehmer Andreas Adldinger nahm sich dabei als Baumeister in die Verantwortung und betonte, dass jeder Handgriff im Bewusstsein getan werden müsse, dass das Gebäude für alle Beteiligten funktioniere. Nachhaltigkeit ist für ihn zudem auch Bauen auf Zukunft hin, so dass die Zeitkapsel, die jetzt eingelassen werde, frühestenes in 100 Jahren wieder zum Vorschein kommen solle.

Eine Zeitkapsel wurde mit Gegenständen und Zeitdokumenten befüllt und dann von Holger Beckmann dem Augustinum Seelsorger sowie Eva Materna im Boden versenkt. 

Die Nachhaltigkeit des dreistöckigen Gebäudes wird nach modernen und energieeffizienten Standards in Holzbauweise umgesetzt sowie nach QNG (Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude) beziehungsweise NahWo (Qualitätssiegel Nachhaltiger Wohnungsbau) zertifiziert werden. Außer in den Bau und Betrieb wird das Konzept der Nachhaltigkeit auch in den Lebensalltag in den Wohngruppen integriert. Damit entsteht die erste nachhaltige Wohnstätte für Menschen mit Behinderung im Großraum München.

Kranjčić erklärte dazu im Vorfeld: „Unser Ziel ist es hier nachhaltiges Bauen und nachhaltiges Leben in Einklang zu bringen und so ein Modell zu schaffen, das auf andere Wohnstätten übertragen werden kann. Im Großraum München ist dies ein einzigartiges Projekt, das auf diese Weise gezielt Menschen mit Behinderung in das Thema Nachhaltigkeit einbezieht.“

Das dreigeschossige Gebäude entsteht auf dem Gelände der Augustinum Werkstätten und Förderbereiche/Seniorentagesstätte in Oberscheißheim, in der Hirschplanallee 2. Der Standort ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen (S-Bahn und Bus). Einkaufsmöglichkeiten, Cafés und Freizeitangebote sind fußläufig zu erreichen. Die Klienten sind Erwachsene über 18 Jahren mit primär geistiger Behinderung, wobei auch zusätzliche körperliche oder psychische Behinderungen auftreten können. Sie können in der Regel tagsüber eine Werkstatt aufsuchen und zugleich ihren Alltag gestalten. Es sind allerdings auch Wohnplätze mit einer vor Ort integrierten Tagesstruktur möglich.

Das Bauprojekt hat einen Umfang von rund 7,7 Millionen Euro. Bezuschusst wird das Projekt aus dem Landesbehindertenplan, durch die Regierung von Oberbayern, mithilfe von Baudarlehen des Bauministeriums, der Bayerischen Landesstiftung, der Stiftung Wohnhilfe und von der SZ gute Werke. Somit ist ein Eigenkapitaleinsatz von rund 1,1 Millionen Euro erforderlich.

Auftragsvergabe und Planungsbeginn war der 30. August 2023, Baubeginn war im März 2024. Die Fertigstellung ist für April 2026 geplant.

Das Gebäude weist eine nachhaltige Holzbauweise für ein Effizienzhaus 40 aus, zudem werden die Zielwerte der Ökobilanz nach dem Qualitätssiegel Nachhaltiger Gebäude erreicht. Dies umfasst die Ökobilanz und den Primärenergiebedarf, die Schafstoffvermeidung in Baumaterialien, sowie die Barrierefreiheit und nachhaltige Beschaffung. Ein energieeffizienter und nachhaltiger Betrieb ist durch eine Photovoltaik-Anlage und durch die Wärmepumpenheiztechnik gesichert.

Das Wohnkonzept beinhaltet die Integration nachhaltiger Ansätze durch ein partizipatives Konzept. „So erarbeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Menschen mit Behinderung Ideen und Vorschläge für einen nachhaltigen Lebensstil. Dazu gehört sparsames Heizen, richtiges Lüften, Vermeidung von Müll und nachhaltiger Konsum“, erläutert Dienststellenleiterin Eva Materna. Es gehe daher nicht nur um nachhaltiges Bauen, sondern auch um einen nachhaltigen Lebensstil. Dies einzubeziehen sei „eine Herausforderung für Menschen mit Behinderungen sowie für die Angestellten“, so Materna. Die Wohnstätte dient daher als Modell für andere Wohnstätten für Menschen mit und ohne Behinderung aufgrund der Bauweise als auch dem Wohnkonzept.

Seit 1978 betreibt das Augustinum in Oberschleißheim an der Ecke Mittenheimer Straße und Hirschplanallee eine Werkstatt für behinderte Menschen unter dem Begriff HPCA (Heilpädagogisches Centrum Augustinum). Für diese Klienten wurde 1979 die erste Wohnstätte in einer Villa in Feldmoching eröffnet. Im Laufe der Jahre entstanden so 15 Wohnstätten, die heute rund 245 Bewohnerinnen beherbergen. Davon sind im Bereich geistige Behinderung 220 Personen angesiedelt und im Bereich seelische Behinderung 24. Dazu kommen noch rund 65 Personen, die ambulant betreut werden, so dass es insgesamt rund 300 Personen sind.

Das Augustinum legt mit den kleineren, in Stadt und Umland integrierten Wohnstätten schon seit der Gründung großen Wert auf ein sehr quartiersnahes und integratives Konzept. Ziel ist es die Folgen der Behinderung durch entsprechende Förder- und Betreuungsangebote und durch geeignete bauliche Rahmenbedingungen zu kompensieren. Den Bewohnern soll dabei die Eingliederung in die Gesellschaft sowie die Teilnahme an ihr in größtmöglicher Eigenständigkeit ermöglicht und erleichtert werden. (BSZ)

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