Bauen

Minister Herrmann überreicht Poxleitner als Geschenk ein Stück OBB. (Foto: Rolf Poss)

11.07.2014

Poxleitner geht, Schütz kommt

Führungswechsel und Stabübergabe in der Obersten Baubehörde

Bei einem Festakt in der Münchner Residenz hat Innen- und Bauminister Joachim Herrmann den langjährigen Leiter der Obersten Baubehörde (OBB), Josef Poxleitner, in den Ruhestand verabschiedet. Gleichzeitig wurde Helmut Schütz als 26. Chef der OBB in sein neues Amt eingeführt.
Als 25. Nachfolger von Leo von Klenze, dem ersten Leiter der Obersten Baubehörde, habe Poxleitner (Jahrgang 1948) seit 2003 die Staatsbauverwaltung als „ideenreicher Lenker mit Faszination und Verantwortung geleitet und zukunftsfähig gemacht“, betonte Herrmann. Über 40 Jahre war Poxleitner im Dienst der bayerischen Staatsbauverwaltung und habe sich dabei „als profunder Kenner derselben“ gezeigt. Tradition und Innovation seien bei ihm stets in einem gesunden Gleichgewicht gewesen, sagte der Minister.
Über elf Jahre – über einen so langen Zeitraum stand der OBB seit dem Jahr 1900 kein Leiter mehr vor – habe Poxleitner an der Spitze der OBB die Geschicke des gesamten staatlichen Planens und Bauens gelenkt, betonte der Minister. Dabei war er oberster Chef von fast 11 000 Mitarbeitern.
Am 16. April 1948 in Eichenhofen, Kreis Parsberg, geboren, studierte Poxleitner zwischen 1968 und 1973 Bauingenieurwesen an der Technischen Universität München. Sein Interesse für die Staatsbauverwaltung wurde laut Herrmann im siebten Semester seines Studiums geweckt. Damals referierte der zu diesem Zeitpunkt für die Straßenbautechnik zuständige und spätere Leiter der OBB, Alois Friedl (1978 bis 1984), über „Besondere Kapitel aus dem praktischen Straßenbau“ und überzeugte damit den Studenten Poxleitner vom Staatsdienst.

Vorausschauende Art


Nach Beendigung des Studiums absolvierte er den Vorbereitungsdienst für den höheren bautechnischen Verwaltungsdienst in Bayern, den er mit der Großen Staatsprüfung abschloss. Danach war er sechs Jahre als Abteilungsleiter beim Straßenbauamt Augsburg tätig. 1982 führte sein Weg weiter an die OBB, wo er zunächst als Hilfsreferent und später auch als Vertreter des Sachgebietsleiters im Sachgebiet „Gesamtverkehrsplanung“ tätig war. Ab 1986 war Poxleitner Referent des Abteilungsleiters „Straßen- und Brückenbau“. Von September 1989 bis Oktober 1990 nahm er am 11. Lehrgang für Verwaltungsführung der Bayerischen Staatskanzlei, dem so genannten Prinzenkurs, teil.
Nach dem Lehrgang wurde Poxleitner ab Dezember 1990 zum Leiter des Straßenbauamts Weilheim bestellt. Weiter ging es im Juni 1994 mit dem Wechsel zur Regierung von Oberbayern und der Übernahme der Leitung des Sachgebiets „Straßenbau“ für knapp ein Jahr. Im Mai 1995 wurde er erneut an die Oberste Baubehörde versetzt und zum Leiter des Sachgebiets „Gesamtverkehrsplanung“ bestellt.
Im Juli 2000 übernahm Poxleitner die Leitung der Abteilung „Straßen- und Brückenbau“ bei der OBB. Schließlich berief ihn der Ministerrat zum 1. Februar 2003 zum Leiter der Obersten Baubehörde.
Schwerpunkte der Arbeit der OBB unter seiner Leitung waren insbesondere die Einleitung und Begleitung der Reformvorhaben im Zusammenhang mit dem Projekt „Verwaltung 21“ – die gesamte Staatsbauverwaltung musste umorganisiert werden, denn aus 51 Hoch-, Straßen- und Universitätsbauämtern wurden 22 Staatliche Bauämter, gleichzeitig wurde der Personalkörper erheblich verschlankt. „Und obwohl dieser immer kleiner wurde und noch immer wird, hat es unsere Bauverwaltung dennoch geschafft, qualitativ noch stärker zu werden“, erklärte Herrmann. Dass dieser Spagat glückte, sei vor allem Poxleitners vorausschauenden Art geschuldet, lobte der Minister. „Sie halten ständig die Nase im Wind und haben viele wichtige Trends quasi vorweg gerochen, ohne davon überrumpelt zu werden.“
Der letzte Schwerpunkt war die Eingliederung der Abteilung „Verkehr“, die nach der Landtagswahl im Herbst 2013 vom Wirtschaftsministerium in die Oberste Baubehörde umressortiert wurde. Sicher, so Herrmann, habe auch das hohe Ansehen der Staatsbauverwaltung dazu beigetragen, dass beim neuen Ressortzuschnitt der OBB die Gesamtzuständigkeit für den Verkehr übertragen wurde.

Als Geschenk ein Stück OBB


Poxleitner hat das Baugeschehen stets in Verbindung mit gesellschaftlichen Themen und dem demografischen Wandel gesehen. So hatte er einen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung von Public-Private-Partnership (PPP)-Modellen. Auch für das energieeffiziente Bauen war er laut Herrmann Vorreiter und Motor. Dabei hatte für ihn die Bewahrung der Baukultur immer einen herausragenden Stellenwert. Und die Bauqualität habe er nie aus den Augen verloren, betonte der Minister. Kostensicherheit, Termintreue, Standards und Baukultur seien bei der Abwicklung der Projekte immer die zentralen Eckpunkte gewesen.
Wie sein Nachfolger Schütz, war auch Poxleitner Mitglied in der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau und sogar zwölf Jahre deren zweiter Vizepräsident.
Ein besonderes Abschiedsgeschenk hatte der Minister dann für Poxleitner im Gepäck, ein Stück OBB. Bei der energetischen Fassadensanierung wird die alte Fassade komplett demontiert und ersetzt. Und so ein Stück Fassade schenkte Herrmann dem scheidenden Behördenleiter. „Die Oberste Baubehörde und sie sind sehr eng miteinander verbunden. Es ist irgendwie ’Ihr Gebäude’: Ihr ganzes Berufsleben hatten sie Verbindung zu diesem Bau. Sie haben viele Jahre in unterschiedlichen Funktionen darin verbracht. Nun bekommen sie, was keiner noch vorher bekommen hat, ein Stück davon.“
Der gebürtige Augsburger Helmut Schütz (Jahrgang 1957), studierte nach dem Abitur in der Fuggerstadt von 1976 bis 1982 an der TU München Bauingenieurwesen. Anschließend begann er mit dem Vorbereitungsdienst für den höheren bautechnischen Verwaltungsdienst, den er 1984 mit der Großen Staatsprüfung im Fachgebiet Straßenbau abschloss.
Seine erste berufliche Station war das Straßenbauamt München, wo er acht Jahre zunächst als stellvertretender und dann als Abteilungsleiter tätig war. 1993 wechselte er in die Abteilung „Straßen- und Brückenbau“ der OBB. Im Januar 1994 wurde er dem Pressereferat des Innenministeriums zugewiesen; hier wurde er im März 1995 auch zum stellvertretenden Pressesprecher bestellt.
Von September 1995 bis August 1996 nahm Schütz am Verwaltungsführungslehrgang der Staatskanzlei teil. Im Anschluss daran wurde er an die Staatskanzlei abgeordnet, wo er von Oktober 1996 bis Juni 2000 als Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit täglich dem Ministerpräsidenten zuarbeitete.

Nicht alles ist machbar


Im Juli 2000 kehrte Schütz in die OBB zurück und wurde mit der Leitung des Sachgebiets „Gesamtverkehrsplanung“ betraut. Drei Jahre später übernahm er die Leitung des Sachgebiets „Straßen- und Brückenbau: Gebietsreferat Oberbayern, Schwaben“. Von September 2007 an war er für gut vier Jahre Präsident der Autobahndirektion Nordbayern. Unter seine Amtszeit fiel unter anderem die Fertigstellung der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ in Bayern sowie der Autobahn A 6 als durchgehende Verbindung von Nürnberg nach Prag. Die Planfeststellung für den Ausbau der A 3 bei Würzburg-Heidingsfeld und der damit verbundene Rechtsstreit vor dem Bundesverwaltungsgericht konnten unter Schütz’ Führung erfolgreich abgeschlossen werden.
Seit Januar 2012 ist Schütz wieder an der OBB, wo er bis zu seiner Ernennung als neuer Behördenleiter, die Abteilung „Zentrale Angelegenheiten“ leitete.
Herrmann geht davon aus, dass Schütz mit seiner fachlichen Kompetenz, seinem Fingerspitzengefühl und seiner guten Vernetzung die weiteren Zukunftsfelder der Bauverwaltung erfolgreich fortführen wird.
„Bauen ist heute Gemeinschaftswerk, ein Zusammenspiel Vieler“, sagte Poxleitner. Der kritische Bürger trete als Experte auf, dafür und dagegen. Sein Anspruch sein ganzes Berufsleben über sei gewesen, Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit gegenüber der Politik, den Kunden und Partnern, in der Außenwirkung gegenüber den Bürgern, dem einzelnen von Baumaßnahmen Betroffenen und den vielen, die sich in Bürgerversammlungen und -initiativen engagieren. Poxleitner genügt es nicht, Gesetze, Verordnungen und Richtlinien korrekt anzuwenden. „Mit ihnen ist es leicht zu sagen, was nicht geht. Zu erklären, wie es trotzdem geht, ist schon schwieriger. Und nur mit dem gesunden Menschenverstand lässt sich schließlich begreifbar machen, warum nicht alles machbar ist.“
Mit Blick auf Bürgerbeteiligung bei Bauvorhaben erklärte Poxleitner, dass sich die Bauverwaltung bei großen Vorhaben sehr ausführlich, oft auch fast ausschließlich mit Projektgegnern auseinandersetzt. „Ich selber habe auch mit noch so guten Argumenten nur wenige überzeugen können. Das haben ideologisch geprägte Auseinandersetzungen so an sich. Wir bedauern, dass die Mehrheit schweigt.“
Stolz zeigte sich der scheidende OBB-Leiter auch darüber, dass die Hochbauverwaltung in den vergangenen Jahren bei Landesbauprojekten im Schnitt nur zwei bis drei Prozent baubedingte Mehrkosten zu verzeichnen hatte. Bei Neubauten würden diese sogar unter einem Prozent liegen.

Zunehmende Regulierung


Kritisch äußerte sich Poxleitner zum in der Verwaltungsreform 2004 verordneten Stellenabbau in der Bauverwaltung, denn diese habe der tatsächlichen Entwicklung im Baugeschehen die Geschäftsgrundlage entzogen. Mit einem Zitat von Peter Ustinov – „Wer nicht zweifelt, muss verrückt sein. Wer sich nicht ändert, ist dumm“ – forderte er die Politik auf, „zweifeln sie und ändern sie“. In diesem Zusammenhang hob Poxleitner den Leistungswillen, die Begabung und Begeisterung der Mitarbeiter der staatlichen Bauverwaltung besonders lobend hervor. Sie hätten kompetent, zuverlässig und skandalfrei ihre Arbeit verrichtet.
Abschließend gab Poxleitner noch eine Anekdote zum Besten. Als der frühere Bauminister Günther Beckstein einmal unzufrieden war und er ihn mit dem Einwand „Herr Minister, wir werden uns bemühen“ beruhigen wollte, meinte Beckstein: „Herr Poxleitner, bemühen allein genügt mir nicht.“ „Aber Herr Minister, wir plagen uns doch.“ Das ließ Beckstein dann gelten. Seitdem gelte in der Abteilungsleiterrunde in der OBB das geflügelte Wort, „da müssen wir uns noch weiter plagen“. Dann hätten alle gewusst, jetzt ist es ernst.
Schütz betonte in seiner Antrittsrede, dass er seit seinem Eintritt in die Straßenbauverwaltung deutliche Umbrüche miterlebt hat. Sorge bereitet ihm – und das nicht nur im Baugeschehen – die zunehmende Verrechtlichung und Regulierung „unseres gesamten Lebens. Eigenverantwortung und Kreativität werden dabei zwangsläufig zurückgedrängt. Möglichst genaue und detaillierte Regelungen und Vorschriften ersetzen eigene Verantwortung und eigene Entscheidungen.“
Darüber hinaus stelle er auch immer wieder eine zu große Zahlengläubigkeit fest. Natürlich sei es entspannter, sich hinter EDV-gestützten Berechnungsverfahren und Zahlen verstecken zu können und beispielsweise Projekte nicht in schwierigen Diskussionen rechtfertigen zu müssen. „Ich meine aber, dass die Welt viel zu komplex ist, als dass sie sich komplett in einem binären System abbilden ließe. Deshalb müssen wir auch dem gesunden Menschenverstand wieder mehr Gelegenheit zur Entfaltung geben.“
Ganz besonders freut sich Schütz über die erhebliche Erweiterung der Zuständigkeit der Obersten Baubehörde um alle Bereiche des Verkehrs.
(Friedrich H. Hettler) (Herrmann mit Poxleitner (l.) und Schütz; der Minister und der scheidende OBB-Leiter bei ihren Reden; ein Stück OBB; Poxleitner im Gespräch mit Ex-Innenminister und -Ministerpräsident Günther Beckstein; Schütz bei seiner Antrittssrede; der Max-Joseph-Saal der Münchner Residenz war bis auf den letzten Platz gefüllt - Fotos: Rolf Poss)

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