Bauen

Der Dachstuhl wurde saniert. (Foto: Staatliches Bauamt Regensburg, Herbert Stolz)

04.01.2023

Sanierung von Dach, Gewölbe und Fassade

Instandsetzung der Dominikanerkirche St. Blasius in Regensburg

Der Orden der Dominikaner wurde 1217 vom hl. Dominikus als Gemeinschaft von Predigern gegründet. Mit dem Bau der Dominikanerkirche St. Blasius in Regensburg wurde vermutlich um 1246 begonnen. In den Jahren 1383/84 wurde die Kirche nach rund 150-jähriger Bauzeit fertiggestellt. Sie gehört zu den größten und bedeutendsten Kirchen des Ordens in Deutschland und ist eine dreischiffige, kreuzrippengewölbte Basilika ohne Querhaus mit einem Dreiapsidenabschluss. Im Grundriss besteht eine deutliche Zweiteilung zwischen Chor und Hauptschiff.

Der hohe, elegante Innenraum mit seinen schmalen Proportionen kommt ohne Strebewerk zurecht. Die Schlichtheit und das puristische Erscheinungsbild des Gebäudes tragen dem asketischen Ideal des Bettelordens Rechnung. Die erste überlieferte Nutzung der Dominikanerkirche ist die Altarweihe und geht auf das Jahr 1254 zurück. Der Dachstuhl wurde in mehreren Abschnitten errichtet. Der erste Teil über dem Chorraum stammt aus dem Jahr 1279 und stellt damit, neben der Ulrichskirche und der Minoritenkirche – noch vor dem Regensburger Dom, den ältesten sakralen Dachstuhl in Regensburg dar.

Kirche und Klostergebäude gingen im Jahr 1956 aus dem Besitz des Erzbischöflichen Instituts St. Paul an den Freistaat Bayern über. Ein Nutzungsvertrag vom 15. Februar 1960 zwischen dem Freistaat und dem Bistum Regensburg regelt das uneingeschränkte Nutzungsrecht des Domkapitels für dieses hochrangige Einzeldenkmal.

Im Vorfeld der Instandsetzungsmaßnahme (2005 bis 2010) fand eine umfangreiche Bauforschung sowie Konzeptionsphase statt. Aufgrund der sehr schlanken Proportionen des Baukörpers mit einer relativ geringen Wandstärke, traten in den vergangenen Jahrhunderten wiederholt gravierende statisch-konstruktive Mängel auf. Im Bereich des Dachstuhls haben Verformungen mit Auswirkung auf die Obergadenwände stattgefunden.
Im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung zur Sanierung der Kirche wurden auch die Raumschale, das Chor- und Laiengestühl sowie die Nebenräume mit Sakristei und Albertus-Magnus-Kapelle restauriert. Bereits im 17. und 19. Jahrhundert haben Reparaturen im Dachstuhl und im Gewölbe zur Aussteifung und Stabilisierung des sehr schlanken und hohen Baukörpers stattgefunden. Die letzte Sanierung fand in den Jahren 1967 bis 1971 statt.

Die Instandsetzung der staatseigenen Dominikanerkirche Regensburg wird seit April 2017 in enger Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, unter Beteiligung einer Vielzahl von Fachplanern, als große Baumaßnahme durchgeführt. Sie umfasst die Bereiche Dach- und Gewölbesanierung, Fassadensanierung sowie die Ertüchtigung der Raumschale Die aktuell genehmigten Baukosten belaufen sich auf insgesamt neun Millionen Euro. 

Im Zuge der Maßnahme wurden die Dachstühle fachgerecht saniert. Durch Ergänzen fehlender, maroder Dachstuhlelemente vornehmlich im Auflagerbereich erfolgte eine zimmermannsmäßige und querschnittsgleiche Sanierung des Dachstuhls. Geschädigte, vorhandene Mauerschwellen wurden in Teilbereichen ausgebessert, fehlende durch neue Mauerschwellen aus Eichenholz ergänzt.
In Anlehnung an die historischen Verschlauderungen zwischen Dachkonstruktion, Zerrbalkenebene und aufgehendem Mauerwerk wurden elastisch federnde Stahlträger zur anteiligen Aufnahme horizontaler Kräfte eingebaut. Durch kraftschlüssige Dreiecke aus Stahlprofilen und Zugstangen – jeweils in den Gewölbekämpferachsen – sollen die statischen Probleme des Wegknickens der Obergadenwände künftig verhindert werden. Beim Dachreiter wurden die Mauerlatten aus Eichenholz und die Dachhaut erneuert sowie das Turmkreuz restauriert.

Bei der Restaurierung des Turmkreuzes auf dem Dachreiter machte das Bauteam mit einer „Zeitkapsel“ einen interessanten Fund. Die Fachleute hatten bereits vermutet, dass am sogenannten Turmknauf, dem höchsten Punkt, eine solche Kapsel verborgen sein könnte. Doch der Inhalt des verlöteten Metallzylinders war dennoch eine Überraschung für alle Beteiligten.

Zwei ineinandergesteckte Kapseln – aus der Barockzeit und aus dem 19. Jahrhundert – beinhalteten neben mehreren Schriftstücken in Deutsch und Latein auch Gebetskreuze aus Holz sowie ein mit Gold besticktes Kissen. Der gute Zustand der Gegenstände sorgte für Begeisterung: Sowohl an den Hülsen als auch an den Beigaben waren kaum Alterungsspuren zu erkennen – sehr ungewöhnlich für ein derart geschichtsträchtiges Bauwerk – ist doch der Inhalt allzu oft durch Witterung oder mechanische Beeinträchtigungen arg in Mitleidenschaft gezogen. Diese Tradition griff das Projektteam um das Staatliche Bauamt Regensburg auf. So wurde eine weitere, dritte Hülse gefertigt. Die Details der laufenden Sanierung wurden in einem neuen Schriftstück hinzugefügt.

Die Westfassade dominiert das große Mittelschifffenster, sechsteilig mit reichem Maßwerk. Das Westportal ist mit einer großen Rundbogenblende überfangen. Der Bogen ist mit ungewöhnlichen Dreipassketten verziert. In einer Nische im Bogenfeld steht die Steinskulptur des hl. Dominikus um 1410/1420. Der Dachreiter (Turm) bezeichnet das Ende des Chores und den Beginn des Langhauses.

Die durchgeführte Fassadensanierung beinhaltet die Restaurierung der Kirchenfenster, die Instandsetzung des Fassadenputzes als Teilerneuerung sowie die Sanierung und Reinigung der Natursteinelemente. Dabei wurde das gesamte Spektrum der Steinrestaurierung – vom Setzen von Vierungen, über die Anwendung von Steinergänzungsmaterialien bis hin zum Austausch einzelner Natursteinzierelemente der Kirchenfenster – zum Einsatz gebracht. Ebenso wurden schadhafte Steinquader erneuert, Risse verpresst und Fugen neu angelegt.

Nach Abschluss der Reinigung wurde das Westfenster genauer in Augenschein genommen. Dabei wurde festgestellt, dass strukturelle Schwächen in der Verankerung der Maßwerkfelder die Ursache für Schäden sind und durch konservierende Maßnahmen alleine eine funktionsfähige Statik nicht erreicht werden kann. Eine zusätzliche Aussteifung der mittleren Maßwerkfelder wurde für dringend erforderlich erachtet. Aufgrund der Lage der geschädigten Rippen mussten in den unteren fünf Ebenen die mittleren drei Rippenstränge ausgebaut werden. Nach sorgfältiger restauratorischer und statischer Prüfung, war die Erneuerung von acht der insgesamt 35 Fensterrippen unumgänglich. Beim Neuaufsetzen der Rippen wurden diese Fugen mit Flüssigblei ausgegossen.

Die Raumschalenrestaurierung umfasste die Konsolidierung und Reinigung der überkommenen Raumschale von 1972, die Instandsetzung der Nebenräume und der Hauskapelle. Große Aufmerksamkeit wurde der Gewölbeuntersicht gewidmet. Wegen der Bewegungen der Obergadenwände musste hier eine Vielzahl von Rissen und Putzabplatzungen geschlossen und retuschiert werden. Die Sanierung der Holzelemente, allen voran des Laiengestühls, wurde parallel dazu durchgeführt. (Susanne Feuerer, Erhard Winklmann)
 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll die tägliche Höchstarbeitszeit flexibilisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.